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Das Musical

Das Musical

Titel: Das Musical
Autoren: Robert Rankin
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Heckensessel zurück und gab leise stöhnende Geräusche von sich.
    »Ich denke, das hat alles, was unsere Zuschauer zurückbringt.«
    »Aber es steht nicht im Drehbuch!«
    »Wir könnten es einflechten.«
    »Einflechten?« Mungo erhob sich zu seiner vollen Größe und blies eine exquisite Pollenwolke aus dem linken Nasenloch. »Wie oft muß ich Sie noch daran erinnern, daß diese Serie ein echtes Skript besitzt?«
    »Ach, das schon wieder«, murmelte Gryphus Garstang und wünschte sich im gleichen Augenblick, er hätte den Mund gehalten.
    »Als der Gründer dieses Senders das Skript für diese Serie niedergeschrieben hat, wurde vertraglich festgehalten, daß die grundlegende Handlung unter gar keinen Umständen verändert werden dürfte und nur ein gewisser Grad von kreativer Freiheit gestattet ist. Das ist es, wie Sie bestimmt nicht vergessen haben, was wir als die Heilige Schrift bezeichnen.«
    »Und wenn ich mich recht erinnere«, schnarrte die Hakennase, »dann endet diese Heilige Schrift mit einem Weltkrieg.«
    »Und wenn ich mich recht erinnere«, schnarrte Calvus Cornelius, der meinte, nun wäre ein geeigneter Zeitpunkt, seinen Senf dazuzugeben, »sollte das Ganze bereits im irdischen Jahr 999 enden.«
    Ein langes Schweigen breitete sich aus; es war eines der Themen, die anzusprechen nicht als schicklich galt. Plötzlich hörte Cornelius den Ruf der Komposthaufen. »Jedenfalls ist es das, was Garstang immer sagt«, fügte er hastig hinzu.
    »Das hab’ ich nie!« Garstang sprang inmitten eines Schauers aus Tränenden Herzen auf.
    »Meine Herren! Meine Herren. Das führt uns doch nicht weiter. Sicherlich gibt es einen unter Ihnen, der einen konstruktiven Vorschlag zu machen hat?« Mungo Madoc starrte in leere Gesichter. Seine Augen blieben auf Fergus Shaman ruhen, dessen Gesicht ein wenig weniger leer war als das der anderen. Nicht nur das, es grinste auch noch, und zwar ausgesprochen breit.
    »Fergus«, fragte Mungo. »Fergus, haben Sie uns etwas zu sagen?«
    Fergus nickte strahlend. Er war ein eigenartiger Bursche. Ein etwas schiefes Gesicht und ein verwachsener Körper, und er war von einer mysteriösen Aura umgeben, real oder eingebildet, die ihm eine gewisse Autorität verlieh. Mungo Madoc konnte sich nie dazu aufraffen, ihn nur mit seinem Nachnamen anzureden, zumindest nicht, wenn Shaman direkt vor ihm stand.
    »Ich hab’ die Lösung«, sagte Fergus. »Das ist alles.«
    »Dann bitte, treten Sie vor.« Mungo nahm wieder Platz, faltete die Hände über seiner Leibesfülle und lächelte das süßeste aller Lächeln.
    »Ob Die Erdlinge nun tatsächlich im Jahre 999 aufhören sollten oder nicht, dazu kann ich nichts sagen; offengestanden interessiert es mich auch nicht die Bohne.« Er ignorierte die erhobenen Augenbrauen ringsum und fuhr fort: »Ich weiß nur eines: Es liegt in unser aller Interesse, daß die Serie nicht in naher Zukunft endet.« Die erhobenen Augenbrauen senkten sich wieder, und langsam nickten die Köpfe dahinter. »Die sogenannte Armageddon-Folge muß verschoben werden, solange es nur irgendwie möglich ist. Bis in die Ewigkeit, wenn nötig.«
    »Aber die Zuschauerzahlen…« warf Mungo ein.
    »Ich bin mir selbstverständlich unseres Dilemmas bewußt. Der Zuschauer ist eine launische Kreatur; er liebt seine Helden und haßt seine Schurken. Durch die ständigen Wiederholungen der alten Folgen kennt er auch die Geschichte bis zum heutigen Tag. Wir wollen doch nicht so tun, als hätten wir das Skript noch nie manipuliert. Das haben wir nämlich, immer und immer wieder sogar.«
    »Aus den lautersten Motiven heraus«, entgegnete Mungo Madoc.
    »Das mag sein, wie es will. Mein Vorschlag wird Sie vielleicht schockieren, aber wir befinden uns in einer verzweifelten Lage. Die Lösung ist… sagen wir ein wenig revolutionär, doch ich bin überzeugt, daß sie sich langfristig gesehen bezahlt macht.«
    »Schön«, sagte Mungo. »Dann sagen Sie endlich, was Sie zu sagen haben.«
    »Ich schlage vor, wir gehen einhundert Jahre zurück und ändern das Skript.«
    Vor jedem Sturm gibt es ein mächtiges Schweigen, und das war auch jetzt der Fall. Und als der darauf folgende Sturm schließlich ausbrach, da ging er durch alle Knochen. Behütet unter einem Schirm aus Fakten, die nur er allein kannte, saß Fergus Shaman alles aus wie einst ein gewichtiger Staatsmann einer unbedeutenden europäischen Nation.
    »Und wie?« erkundigte sich Mungo, als seine Stimme den Lärm endlich wieder zu übertönen imstande
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