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Das Musical

Das Musical

Titel: Das Musical
Autoren: Robert Rankin
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Wissen fanden sich die Produzenten der Serie unvermittelt gezwungen, den Dingen ein wenig auf die Sprünge zu helfen.
    Es begann alles ganz friedlich, ein bißchen Feuer hier, ein Rad da, ein paar Sprachen. Die Erdlinge schienen einfach nicht genug zu kriegen. Und da die Serie inzwischen zur besten Sendezeit lief, schob man alles in eine einzige wöchentliche Folge, um den Ball im Rollen zu halten.
    Diese Tatsache wurde und wird von den Produzenten der Serie bis heute bestritten, genau wie Vermutungen und Spekulationen, daß sie seitdem nicht mehr damit aufgehört haben, sich kontinuierlich in die irdische Geschichte einzumischen, um die Zuschauerzahlen hoch zu halten. Die phnaargische Boulevardpresse hat skandalöse Behauptungen aufgestellt, beispielsweise, daß gewisse populäre Gestalten im Verlauf der Jahrhunderte immer wieder reinkarniert worden wären und daß einige der Hauptrollen sogar von phnaargischen Schauspielern besetzt wären, die sich wie Erdlinge verkleidet hätten.
    Wie auch immer die Wahrheit hinter alledem lauten mag, sie ist nicht leicht zu entdecken. Die Produzenten waren so weise, die Koordinaten des Planeten Erde vorsichtshalber geheimzuhalten. Von wegen Schnüfflern und so. Doch die Tatsache, daß jede wöchentliche Episode von Die Erdlinge in jeder Fernsehzeitung im Voraus besprochen wird, sollte ausreichend sein, um mehr als nur einen vagen Verdacht zu erregen.
    Im irdischen Jahr 2050 jedoch schwanden die phnaargischen Zuschauerzahlen mit einem Mal dramatisch. Die Phnaargs waren eingeschnappt, daß ihre Lieblinge im Nuklearen-Holocaust-Ereignis abgemurkst worden waren, einer Folge von Die Erdlinge, die mehrere hoch begehrte Auszeichnungen gewann und die höchsten jemals erreichten Zuschauerzahlen aufweisen konnte. Doch dann rannten die Zuschauer in Scharen davon. Die Vorstellung, einer ziemlich gewöhnlichen Truppe abgerissener Individuen zuzusehen, deren ganzes Leben sich von einem Tag zum anderen nur noch darum zu drehen schien, möglichst viel fernzusehen, war alles andere als spannend. Und außerdem verdammt weit hergeholt.
    So kam es, daß sich die Vorstände von Erdlinge Inc. an einem Morgen im Mai, als der Sommer vor der Tür stand, zu einer ganz besonderen Sitzung trafen. Der Vorstand saß ganz oben in dem spiraligen blätterbedeckten Komplex. Rupert, die phnaargische Sonne, schob den einen oder anderen goldenen Strahl in Richtung des breiten, membranbedeckten Panoramafensters und hindurch, wo sie, inzwischen subtil rosé-pink gefärbt, auf den kostbaren Tisch aus Goldenwood fielen, der in der Mitte des großen Raums wuchs. Das Zimmer war ein Wunderwerk hortikultureller Architektur. Ein Meisterstück, entworfen und gezüchtet von Capability Crabshaw, dem führenden ›Hortitekten‹ dieser Tage.
    Crabshaws gegenwärtige Leidenschaft galt den Arbeiten des legendären, inzwischen verstorbenen Vita Sackville-West, was sich im diesjährigen ›Look‹ des Vorstandsraums widerspiegelte. Die Stühle waren das Produkt mühsamen ornamentalen Beschneidens und aus Kistenhecke herangezüchtet. Der anmutige Grasteppich, der den Boden bedeckte, war durchsetzt mit Thymian, Kamille und anderen duftenden Kräutern, die bei jedem Schritt Wolken aromatischer Essenzen entließen. Acacia dealata und Albicia julibrissin blühten in verwitterten Terrakottakübeln, die in jeder Ecke in gefälligen Kompositionen arrangiert waren. Alles war gediegen und edel. Doch ob die Mitglieder des Vorstands, die verdrießlich in ihren prachtvollen Heckensesseln hingen, dieses Sissinghurst hoch oben im Himmel zu schätzen wußten, darf ernstlich bezweifelt werden.
    Denn die Mitglieder des Vorstands waren verzweifelte Männer.
    Und der, der das meiste zu verlieren hatte, war der Verzweifeltste von allen.
     
    Mungo Madoc, Vorstandsvorsitzender des Senders, betrachtete seine Mitarbeiter mit einem bitteren Blick. Mungo war ›irdisch‹ bis hin zu den Nasenlöchern, bis hin zu dem gewichsten grünlichen Schnurrbart, der seinen Status verriet, und dem außergewöhnlichen, saftig-grünen Dreiteiler, der seinen mächtigen Leib kleidete. Man hätte ihn jederzeit für einen richtigen Erdling halten können. Mit Ausnahme vielleicht von Dienstags.
    Dem Autor sei verziehen, doch auch die restlichen Mitglieder des Vorstands unterschieden sich nur wenig von dem etablierten irdischen Typus. Sie waren durchschnittlich um die sechs Fuß groß, einige korpulent, andere von diesem mageren, hungrigen Aussehen, das einem gewissen
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