Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Mordkreuz

Das Mordkreuz

Titel: Das Mordkreuz
Autoren: Roman Rausch
Vom Netzwerk:
Logik des Täters ein Bildstock, eine Marter oder Ähnliches zum Opfer, also zu Gerald Wilde,passen muss. Aber Wilde ist der Letzte in der Reihe. Kann es nicht sein, dass zum Abschluss der Fokus auf jemand anderem liegt?»
    Heinlein dachte über Kilians Einwand nach. Ja, es stimmte. Sie hatten sich bisher nur auf die einzelnen Stationen der Serientat konzentriert, aber nicht auf den krönenden Abschluss. Imhof wollte die Schuldigen im Zusammenhang mit Rosie Wildes Tod bestrafen. Einen nach dem anderen. Mit Gerald Wilde war er beim letzten, aber auch beim Initiator aus dieser Reihe angekommen. Der Kreis hatte sich geschlossen. Folglich mussten sie an den Anfang zurück. Was war der ausschlaggebende Anlass für die Mordserie gewesen? Der Tod Rosie Wildes, oder nach der Terminologie Michael Imhofs: der Mord an seiner Geliebten, seiner gälischen Rose – die Rós Fódhla.
    Heinlein sprang auf. «Komm, ich weiß, wo wir ihn finden.»

52
    Die Blitze am Himmel entluden sich in bizarr zuckenden Mustern, die die Erde unter sich für Sekunden erhellten. In der Zwischenzeit, in der die Wolkendecke alles Sternenlicht schluckte, herrschte Dunkelheit. Lediglich die Scheinwerfer der Autos, die auf der Autobahn fuhren, warfen diffuse Lichtkegel in die Nacht. Das Gewitter zog unaufhaltsam näher. Die Abstände zwischen den Blitzen und dem Grollen verkürzten sich. Bald hätte die Natur ein Einsehen und würde den ausgezehrten Boden mit Wasser tränken.
    Die Luft schien noch eine Spur wärmer und feuchter zu sein als am Tag, und das Atmen wurde dadurch nicht leichter. Michael Imhof hatte den Wagen auf dem Feld neben der Autobahnabfahrt abgestellt. Das fiel niemandem auf, da das bevorstehende Gewitter die Autofahrer nach Hause trieb. Sintflutartige Regenschauer waren in der Region keine Seltenheit, besonders nicht nach einer derart lang anhaltenden Trockenperiode.
    Imhof öffnete den Kofferraum und packte Gerald Wilde unter den Armen. Er schleppte ihn, noch immer mit dem Klebeband an Händen und Füßen gefesselt, zum Steinkreuz, das den Namen Rós Fódhla trug. Dann riss er ihm mit einem Ruck das Klebeband vom Mund. Wilde schnappte verzweifelt nach Luft.
    «Verdammt», keuchte er, «willst du mich umbringen?»
    Imhof lächelte und antwortete nichts darauf. Er holte aus dem Auto die Gegenstände, die er für die Abschlusszeremonie benötigte – zwei Decken, einen Kanister Benzin, einenBund Fackeln und ein Säckchen mit luftdicht eingeschweißten feinen Magnesiumspänen.
    Die Fackeln rammte er in die aufgerissene Erde rings um das Steinkreuz und entzündete sie.
    «Für ein Lagerfeuer hast du dir einen denkbar ungünstigen Zeitpunkt ausgesucht. In ein paar Minuten zieht das Gewitter über uns hinweg.»
    Erneut antwortete Imhof nicht, sondern traf weitere Vorkehrungen. Inmitten des Feuerkreises öffnete er den Benzinkanister und tränkte die beiden Decken damit reichhaltig.
    «Bist du verrückt? Ein Funke, und wir brennen wie Zunder.»
    Imhof nahm eine Decke und legte sie Wilde über die Schulter, als wollte er ihn damit wärmen.
    «Hör auf!», schrie Wilde und versuchte sich dagegen zu wehren. Ein Schlag gegen den Kopf ließ ihn zur Seite auf das Steinkreuz kippen.
    Ein Auto, das soeben von der Autobahn abfuhr, verringerte seine Geschwindigkeit beim Anblick des Feuerkreises. Die Insassen sahen einen Mann mit einer Decke um die Schultern, der offenbar betrunken auf der Seite lag, und einen weiteren, der aus einem Sack kreisrund um die beiden eine Art Pulver verstreute. Den Rest behielt er bei sich, nahm eine Decke und setzte sich in die Mitte des Kreises, gegenüber dem anderen Mann.
    Imhof blickte auf Gerald Wilde herab, über dessen Stirn sich eine frische Blutspur wand. «Wach auf», sagte er. Als er nicht reagierte, rüttelte er ihn. Wilde kam allmählich zu Bewusstsein.
    «Was ist?», stammelte er.
    «Weißt du, wer ich bin?», sagte Michael Imhof ruhig.
    «Wer   … was?»
    «Wer ich bin?»
    Wilde betrachtete ihn im lodernden Schein der Fackeln.«Nein, verdammt. Was soll der Scheiß?» Er riss an seinen Fesseln, als dachte er, er könnte sich tatsächlich befreien.
    «Ich bin ein toter Mann», sagte Imhof.
    «Wenn ich dich in die Finger bekomme, bist du das auf jeden Fall.»
    «Du hast mich im Oktober letzten Jahres getötet.»
    «Ach ja? Und wie soll ich das gemacht haben?»
    Ein Blitz zerriss den Himmel über ihnen, gefolgt von einem heftigen Donnerschlag, als wäre eine Bombe im nahen Randersacker explodiert. Die Druckwelle
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher