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Das Mordkreuz

Das Mordkreuz

Titel: Das Mordkreuz
Autoren: Roman Rausch
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hatte er auf sie überschrieben.Damit sollte sie bequem über die nächsten Jahre kommen und das Leben genießen können. In seinem Testament hatte er ihr die letzten Anweisungen mitgeteilt. Das Grab neben der Familie Wilde war nach der Überschreibung durch den Vorbesitzer für ihn bestimmt, der Stein bestellt und die Inschrift formuliert.
Für meine Rós Fódhla. Sie war liebenswert und schön wie ein irischer Regenbogen
, sollte sie lauten.
    Für die Totenmesse, die ein Priester des Neopaganismus halten würde, hatte er ihr keine Vorgaben gemacht. Andrea konnte sie nach ihren eigenen Vorstellungen gestalten. Einzig ein Lied hatte er sich gewünscht. Die
Rose of Tralee
sollte mit einer irischen Flöte gespielt und von einem Mann gesungen werden, den sie vom Mainfrankentheater in Würzburg engagieren konnte. Danach wünschte er sich den Frieden, den er seit dem Tod Rosies nicht mehr hatte.
    Nun war es Zeit, seinen letzten Auftrag zu Ende zu führen. Michael Imhof ging auf die Knie und streckte sich nach vorn, sodass er das gesamte Grab mit seinem Körper bedeckte. Auf der vertrockneten Erde liegend, kündigte er die baldige Vereinigung mit seiner Geliebten an.
    «Ich liege ausgestreckt auf deinem Grab. Viel zu lange waren wir getrennt. Doch diese Zeit ist nun vorüber. Deine Hände in den meinen, werden wir tanzen und singen, bis uns das Meer verschlingt und in seinen Armen ein Bett bereitet. Ich bin auf dem Weg zu dir.»
    Dann küsste er die Erde, erhob sich und verließ den Friedhof ruhigen Schrittes.
    Sein Wagen stand noch dort, wo er ihn abgestellt hatte. Niemand schien sich ihm genähert zu haben. Bevor er den Kofferraum öffnete, blickte er sich nochmal um. In Erwartung der bevorstehenden Abkühlung hatten sich die Bewohner in ihre Häuser zurückgezogen. Auf der Straße und hinter den Fenstern war niemand zu sehen, der den letzten Akt noch hätte vereiteln können.
    Als der Kofferraumdeckel aufsprang, kam ihm ein Schwall abgestandener, feuchtwarmer Luft entgegen, der sich mit dem Geruch von Blut und Schweiß vermischte. Gerald Wilde lag mit Klebeband geknebelt und gefesselt darin. Er sog die frische Luft wie ein Ertrinkender über die bebenden Nasenflügel ein. Das Blut an seinem Kopf war vertrocknet, die Rohrstange, mit der ihn Imhof bewusstlos geschlagen hatte, lag daneben.
    «Hältst du es noch aus?», fragte Imhof.
    Wilde schüttelte verzweifelt den Kopf.
    «Atme nochmal tief ein. Gleich hast du’s geschafft.»
    Wilde tat es und verschwand daraufhin wieder unter dem Kofferraumdeckel.
    Imhof startete den Wagen. Er versicherte sich mit einem Blick auf die Rückbank, dass er alle benötigten Utensilien beisammenhatte. Dann fuhr er los.

51
    Lange hatte Heinlein auf den Anruf Willibald Kremers gewartet. Denn noch immer saßen die beiden Kommissare im Turmzimmer Michael Imhofs zwischen zahlreichen Büchern und Aufzeichnungen aus dem verschlossenen Schreibtisch. Sie suchten nach Hinweisen, wohin Imhof Gerald Wilde bringen würde. Stattdessen förderten sie lediglich Notizen, Bilder und die dazugehörigen Sagen zutage, die die bisherigen Tatorte von Zinnhobel, Mangel und Frank Wuhlheide beschrieben. Nirgends war eine Spur zu finden, die Hinweise auf den nächsten Tatort geben könnte.
    Während Heinlein sich ungeduldig anhörte, was Kremer in der kurzen Zeit bis Sonnenuntergang herausgefunden hatte, verlor Kilian allmählich die Geduld.
    «Irgendwo muss aber etwas sein», sagte er zu Heinlein, der nur mit einem Ohr zuhörte. Das andere war bei Kremer. «Imhof hat zu allen Morden Aufzeichnungen gemacht. Jede Tat war genauestens vorbereitet, mit Art und Ort des Bildstocks und der entsprechenden Legende, die zum Opfer passte.» Er durchstöberte eine Schachtel mit Altpapier, die neben dem Drucker stand. Auch hier war nichts zu finden.
    «Bitte bleiben Sie für mich erreichbar.» Heinlein beendete das Gespräch. Seine Miene versprach nichts Gutes.
    «Und, hat er was für uns?», fragte Kilian.
    Heinlein verneinte. «Die Anforderungen, die der Bildstock erfüllen muss, sind sehr speziell. Dafür braucht er mehr Zeit und muss andere Archive durchsuchen. Das dauert. Ich schätze, das war’s. Wir sind auf uns allein gestellt.»
    «Dann werden wir Wilde nicht mehr retten können. Ich habe keinen blassen Schimmer, wo wir noch suchen sollen.»
    Heinlein blickte sich im Raum um, der spitz nach oben im Dach endete. Das waren rund fünf Meter. Dazwischen verliefen Querstreben, dicke Balken, die dem Dach Halt verliehen. Gab
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