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Das Mond-Monster

Das Mond-Monster

Titel: Das Mond-Monster
Autoren: Jason Dark
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morgen. Ich habe Shao schon gesagt, dass wir um vier Uhr fahren werden.«
    »Auch das noch.« Ich verdrehte die Augen. »Übernimmst du dann die Fahrerei?«
    »Bei meinem BMW immer.«
    »Das ist doch ein Wort.«
    Ich wusste selbst nicht, was mit mir los war. Irgendwie störte mich der verdammte Fall schon jetzt, aber mein Gefühl sagte mir, dass auch etwas ganz anderes dahinter stecken konnte…
    ***
    Die bunten schnellen Bilder, der Geruch von Zuckerwatte, gebratene Mandeln, Fish & Chips, die Musik, die Stimmen, der Lärm, all das waren für Helen Cross Erinnerungen an den Jahrmarkt, die sie rasch wieder vergessen hatte, weil sie eben so flüchtig gewesen waren.
    Flüchtig wie zwei Jahre ihres vergangenen Lebens, in denen sie alles exzessiv genossen hatte. Die Arbeit in der neuen IT-Branche, die kurzen Freizeiten, die mit Unmengen von Champagner und manch weißem Pulver gefüllt wurden, um weiterhin auf dem Hochseil zu tanzen, bis es dann zum Crash kam. An einem verdammten Freitag auch. Es ging bergab. Radikal und brutal. Da war die Achterbahn aus der Spur geraten und nichts hatte sie unten stoppen oder in weiche Bahnen gleiten lassen können.
    Der Crash. Großes Zähneknirschen. Dabei war Helen mal »reich« gewesen. Zumindest auf dem Papier. Sie hatte sich über ihre Millionen freuen können und natürlich nicht an die Explosion gedacht und auch die Warnungen der alten Börsenprofis überhört. Bewusst auch, wie sie im Nachhinein zugab. Was hätten diese alten Knacker ihr schon sagen können?«
    Es gab sie noch. Es gab auch Helen Cross. Nur mit dem einen Unterschied. Die alten Knacker der Old Economy hatten ihr Geld in sicheren Schößen, während sie von den Scheinen nur träumen konnte. Oft sah sie das Geld auch im Traum. In verschiedenen Währungen flog es aus dem Himmel auf sie zu, und immer dann, wenn sie danach greifen wollte, zerplatzten die Scheine wie Ballons, in die jemand Nadeln hineingestochen hatte. Aus der Traum – vorbei.
    Das alles hatte Helen sehr nachdenklich werden lassen. Sie war zu dem Schluss gelangt – zwangsläufig –, ihr Leben ändern zu müssen. Ihm eine andere Richtung geben. Nicht mehr auf dem Hochseil tanzen, sondern auf dem festen Boden.
    Radikal umkehren. Das Gegenteil erleben. Weg aus den glatten, unpersönlichen Zentren des Big Business. Wieder dorthin zurückkehren, wo sie ihre Wurzeln hatte.
    Das war auf dem platten Land. An der Küste. In South Glamorgan. Westlich von Barry, der Küstenstadt. In kleinen Orten mit guter Luft und ohne Klimaanlage.
    Dort war sie geboren und aufgewachsen. Dort lebten ihre Eltern noch, die Helen Cross jetzt öfter besuchte, wobei sie sich an die Ich-habe-es-dir-ja-immer-gesagt-Blicke ihres Vaters gewöhnt hatte und auch nichts mehr sagte.
    Ben Cross war so schrecklich konservativ. Zudem noch ein Polizist, der ein ganzes Leben in den Dienst der Gesetze und auch in den der Familie gestellt hatte.
    Ihre Mutter hatte nur mit den Schultern gezuckt. Wie immer in ihrem Leben. Sie gehörte zu den Frauen, die still litten und keine eigene Meinung hatten. Zumindest gab sie die nicht bekannt.
    Nur einmal hatte sie Helen gefragt, ob sie nicht wieder einziehen wollte. Das Zimmer, in dem sie als Kind gewohnt hatte, stand leer. Aber Helen hatte abgelehnt. Sie wollte nicht. Sie konnte nicht. Sie hätte die Fragen und Blicke nicht ertragen können, und so hatte sie sich einige Kilometer entfernt ein Zimmer genommen. In einem Kaff, das kaum ein Recht hatte, auf der Landkarte verzeichnet zu sein, so klein und nichtssagend war es.
    Sechs Monate pausieren. Den tiefen Fall ausgleichen. Den Stress kompensieren. Mal Luft holen. Tief durchatmen. Es war ja nicht alles Geld den Bach runtergeflossen, eine Reserve besaß sie immer noch. Durch sie konnte sich Helen ein Jahr über Wasser halten, wenn sie nicht zu große Ansprüche stellte.
    Das konnte sie in dem Kaff nicht. Und London lag weit, weit weg. Hier an der Küste schien es diese Stadt überhaupt nicht zu geben. Man sprach nicht mal davon. Höchstens in den Nachrichten.
    Helen Cross genoss das Landleben. Sie merkte, dass sie wieder zum Menschen wurde. Was früher so wichtig gewesen war, entschwand wie ein Traum und hatte sich längst aufgelöst.
    Sie machte alles mit. Sogar einen Jahrmarkt. Dabei hatte sie sich wieder in die Kinderzeit versetzt gefühlt und jede Fahrt mit einem Karussell genossen. Sogar alte Bekannte hatte sie getroffen, mit ihnen geplaudert, getrunken, gelacht, und irgendwie beneidete sie die Freunde
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