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Das Mond-Monster

Das Mond-Monster

Titel: Das Mond-Monster
Autoren: Jason Dark
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von früher sogar, die ihr normales ruhiges Leben führten und in den meisten Fällen mit Partnern zusammenlebten.
    Helen war Single.
    Immer noch. Und das mit dreißig. Manche sprachen von einer Panikschwelle. Sie hatte nie darüber nachgedacht, denn dazu hatte ihr der Job keine Zeit gelassen.
    Dann der Jahrmarkt. Irgendwann war sie die Hektik leid gewesen. Sie hätte mit den alten Freunden noch durch die Gemeinde ziehen können, doch sie war gegangen. Allein sein, über gewisse Dinge nachdenken und auch darüber, ob sie das Angebot eines Bekannten annehmen sollte, mit ihm aufs Meer zu fahren, um dort zu fischen.
    Helen Cross wusste es nicht. Sie wusste gar nichts und das war gut so. Sich spontan entscheiden und das Wetter abwarten, das so schnell wechseln konnte.
    Leicht beschwingt und auch in Gedanken versunken verließ sie den Rummel. Es war noch nicht dunkel, aber der Himmel zeigte bereits die ersten düsteren Grautöne, die auf das Kommen der Nacht hinwiesen. An der linken Seite standen die Wohnwagen und Wohnmobile der Schausteller. Von dort aus liefen manche Versorgungsleitungen wie Schlangen über den Boden hinweg, um die Energie in den Rummel zu bringen.
    Sie sah die Frau erst, als sie vor ihr stand. Wie ein Gespenst war sie aufgetaucht und Helen erschrak, als ihr der Weg versperrt wurde.
    »Warum so traurig, junge Frau…?«
    Helen schreckte wie aus einem Sekundenschlaf. Sie schüttelte kurz den Kopf und blickte in das lächelnde Gesicht einer Zigeunerin, deren Kopf von einem dunklen Tuch umschlungen wurde. Dunkle, noch junge Augen in einem faltigen Gesicht und eine Hand mit langen Fingern, die sich Helen entgegenstreckte.
    »Traurig?«, fragte sie.
    »Ja, du bist traurig.«
    »Wie kommst du darauf?«
    »Ich sehe es dir an.«
    Stimmt, dachte Helen. Ist auch keine Kunst. Obwohl sie sich jetzt schon besser fühlte. Sie wollte eigentlich nicht mit der jungen Frau sprechen und wäre normalerweise an ihr vorbeigegangen, doch sie blieb stehen, als hätte sie einen Befehl bekommen.
    »Möchtest du dein Schicksal wissen?«
    »Wieso das?«
    »Ich kann dir sagen, ob dich deine Traurigkeit verlassen wird. Glaube mir.«
    »Wie das denn?«
    »Ich lese es aus deiner Hand«, flüsterte die Zigeunerin. »Ich habe Erfahrung. Ich habe ein Erbe übernommen. Ich kann es. Und ich weiß, dass die Traurigkeit nicht immer anhält. Ein Rat, der nicht viel kostet. Du kannst zahlen, was du für richtig hältst.«
    Eigentlich hatte Helen vorgehabt, nach Hause zu gehen. Doch sie blieb stehen und sie kannte den Grund selbst nicht. Er musste mit der Person der Zigeunerin Zusammenhängen, die einen Einfluss auf sie ausübte, dem sie sich nicht entziehen konnte.
    Dennoch sträubte sie sich. »Was kannst du mir schon sagen? Es ist unmöglich. Kein Mensch kann in die Zukunft sehen. Wäre das der Fall, wäre ich nicht pleite, verstehst du?«
    »Ja. Aber du sprichst von Geld.«
    »Natürlich. Wovon sonst«, sagte sie unwillig.
    »Geld ist nicht das Leben. Es gehört dazu, aber es ist nicht die Basis. Das musst du begreifen lernen. Deshalb ist es wichtig, wenn ich dir sage, was passieren kann. Deine Hand verrät mir vieles. Man muss die Linien nur genau verfolgen, sie lesen können und das Gelesene dann in die richtige Reihenfolge bringen.«
    Helen war noch immer skeptisch. Nur verschwand diese Skepsis allmählich unter den Blicken der braunen, noch so jung wirkenden Augen und Helen hatte das Gefühl, zur Seite gezogen zu werden.
    »Lass uns hinter einen der abgestellten Wagen gehen. Dort sind wir ungestört.«
    »Ja, ist gut.«
    Sie folgte der Zigeunerin wie im Traum und merkte kaum, dass dabei ihre linke Hand festgehalten wurde. Sie bogen von der Straße ab, gingen über den weichen Grasboden hinweg und verschwanden hinter einem Wagen, der wie ein umgebauter Eisenbahnwaggon aussah.
    Es war noch hell genug, um die Zeichen in der Hand ohne Licht lesen zu können. Aus der linken Hand wurde gelesen und die Zigeunerin brauchte sie nur umzudrehen.
    »Nicht verkrampfen«, sagte sie mit leiser Stimme, deren Klang Helen seltsam berührte, als wollte sie ihre eigenen Gedanken übertünchen. »Du musst ganz locker sein, sonst bringt es nichts. Keine Spannung im Innern. Versuche nicht, dich dagegen anzustemmen. Denk daran, dass du bei mir sicher bist.«
    So ungewöhnlich sich die Wörter auch anhörten, sie trafen zu und sie erreichten Helen.
    Ein ungewöhnlicher Strom der Ruhe durchfloss sie. Helens Willen war zwar nicht ausgeschaltet, aber sie wäre
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