Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Flurfunk (German Edition)

Flurfunk (German Edition)

Titel: Flurfunk (German Edition)
Autoren: Anke Greifeneder
Vom Netzwerk:
eins Wenn mich jetzt meine Mutter sehen könnte!
    Ich war auf der Suche … Aber nicht nach brauchbarem Schwiegersohnmaterial. Nein, ich irrte durch die Gänge von TV -plus , um ein »Päckchen mit illegalen Substanzen« abzuholen, damit eine hysterisch gewordene Moderatorin namens Imka wieder gut draufkam. – Mein Praktikum beim Fernsehen hatte ich mir wirklich anders vorgestellt!
    »’tschuldige, weißt du, wo ich Patrick finde?« Der Typ mit den Rastazöpfen und dem Che-Guevara-T-Shirt, der im Gang zu den Studios rumstand, sah noch am ehesten wie ein Konsument illegaler Substanzen aus.
    »Ich glaube, der ist Kabelträger in Studio 1.«
    In den Studios lotste man mich mit wissenden Blicken weiter, und nach einer kleinen Ewigkeit stand ich endlich vor Patrick.
    Das sollte der Hausdealer sein? Ein pickliger Mittzwanziger, dem man eher geglaubt hätte, dass er Yps-Hefte vertickt, sah mich fragend an. Ich brachte mein Anliegen vor.
    Er zog mich in eine Ecke und fragte: »Wie viel?«
    Brav gab ich meine Bestellung auf. »Ich soll ein Päckchen abholen. Für Imka! Du weißt Bescheid, meinte sie.« Wie erniedrigend!, dachte ich im selben Moment. Auf was hatte ich mich da eingelassen. Vor einer halben Stunde hatte ich nicht einmal gewusst, dass Koks in »Nasen« bemessen wird, und jetzt stand ich mit Pickel-Patrick in der Ecke eines Studios und feilschte um weißes Puder. Hätte Imka mich nicht schon auf dem Kieker gehabt, weil ich aus Versehen Kaffee auf ihre Moderationskarten geschüttet hatte und ich damit sicher vor dem Rauswurf stand, wäre ich bestimmt nicht auf ihre Bitte eingegangen. Nicht etwa aus moralinsaurer Empörung, schließlich war Imka alt genug, um zu wissen, was sie tat. Nein, vielmehr nervte mich ihr Befehlston, mit dem sie jeden um sich herum behandelte, sodass man am Ende fast automatisch versucht war, zu knicksen und sich mit einem gehauchten »Sehr wohl, Mylady« von dannen zu schleichen.
    »Hier, nimm das. Imka wird später noch was brauchen. Sie will wieder abnehmen, da reicht eine Portion sicher nicht aus.«
    Fragend sah ich Patrick an.
    »Na, damit sie keinen Hunger hat, kokst sie eben. Ist zwar nicht schön, aber immer noch besser als ihre bulimische Phase, da bekam sie furchtbar Haarausfall und ihre Zähne verfärbten sich.«
    Ich nahm das Päckchen in Gewahrsam, bezahlen musste ich nicht. Imka ließ anschreiben.
    Auf dem Rückweg in die Maske hörte ich bereits von weitem Imka und Felix, Producer der Sendung nachgefragt , laut diskutieren.
    »Felix, wo um alles in der Welt hast du die neue Praktikantin her? Ist das wieder so ’ne verwöhnte Tochter eines Freundes vom Chef, die du unterbringen musstest? Das Püppchen hat sicher noch nie arbeiten müssen. Und ausgerechnet mir teilst du sie zu. Wenn die mir das Michelle-Reese-Interview versaut …«, schrillte Imka.
    Sie schien die pulvrige Aufheiterung dringend zu brauchen. Ich sollte mich besser beeilen, denn sonst waren meine Tage bei TV -plus womöglich gezählt. Dabei hatte ich es kaum abwarten können, mein Praktikum beim Fernsehen zu beginnen. Ich war total aus dem Häuschen gewesen, als Felix sich für mich entschieden hatte, obwohl ich keine Medienerfahrung vorweisen konnte. Ich hatte vor kurzem meinen Magister in Germanistik und Kunstgeschichte gemacht und nur noch ein Ziel: endlich raus aus dem verstandesgeprägten Rumgehirne à la »Goethes Hermeneutik« und rein in die Praxis der lustigen, bunten Medienwelt. Das war, bevor Imka auf den Plan getreten war.
    Sie war mir zwar schon vor meiner Bewerbung ein Begriff gewesen, ich kannte ihre Sendung, hatte aber bis dahin weder Sympathie noch Antipathie gehegt. Imka hingegen hatte mich vom ersten Augenblick an abfällig gemustert und beschlossen, mich nicht zu mögen. Mein erster Kaffee, den ich ihr brachte, schmeckte wie »Plörre«, »da könnte man ja gleich Muckefuck trinken«, beim Kopieren war ich ihr zu langsam, und im Studio stand ich angeblich nur im Weg herum.
    Ich wartete noch einen Moment vor der Tür zur Maske und lauschte.
    Felix sprach mittlerweile beschwichtigend auf Imka ein. »Gib Charlotte eine Chance. Ich glaube, sie ist clever. Sie hat noch keine Fernseherfahrung, das stimmt. Aber ich denke, sie wird das schnell –«
    Bevor er den Satz beenden konnte, wurde er von einer nach Luft schnappenden Imka unterbrochen. »Ich weiß, ’ne Germanistin ohne Produktionserfahrung! Dabei gibt es da draußen genug, die sich für ein Praktikum bei uns umbringen würden und die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher