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Das Mittelmeer: Eine Biographie (German Edition)

Das Mittelmeer: Eine Biographie (German Edition)

Titel: Das Mittelmeer: Eine Biographie (German Edition)
Autoren: David Abulafia
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Zeitalter
1000 v.Chr. bis 600 n.Chr.

Teil III Das Dritte Mediterrane Zeitalter
600 bis 1350

Teil IV Das Vierte Mediterrane Zeitalter
1350 bis 1830

Teil V Das Fünfte Mediterrane Zeitalter
1830 bis 2010

Schluss Übers Meer
    Es ist verlockend, den Versuch zu unternehmen, die Geschichte des Mittelmeeres auf einige wenige Aspekte zu reduzieren, eine »mediterrane Identität« zu definieren oder die These aufzustellen, gewisse physikalische Eigenheiten der Region hätten die Erfahrungen der Menschen dort geprägt (wie Braudel entschieden behauptet hat). [1792] Doch die Suche nach einer fundamentalen Einheit basiert auf einer Fehleinschätzung dessen, was das Mittelmeer für die Menschen bedeutete, die an seinen Küsten und auf seinen Inseln lebten oder die dieses Meer befuhren. Statt nach Einheit sollten wir nach Vielfalt suchen. Die bei den Menschen anzutreffende ethnische, sprachliche, religiöse und politische Vielfalt war unablässig äußeren Einflüssen aus Übersee ausgesetzt und befand sich daher ständig im Fluss. Von den ersten Kapiteln dieses Buches, in den von den ersten Siedlern auf Sizilien die Rede war, bis hin zu den Bettenburgen an den spanischen Küsten waren die Ränder des Mittelmeeres stets Treffpunkt von Menschen unterschiedlichster Herkunft, die ihre Ressourcen nutzten und in manchen Fällen lernten, ihren Lebensunterhalt mit dem Transport von Erzeugnissen aus bessergestellten in weniger gutgestellte Regionen zu verdienen. Aus dem Wasser kamen Fisch und Salz, zwei Zutaten für
Garum
, die im antiken Rom so beliebte Fischsauce, und später Grundlage für den frühen Wohlstand einer der größten Mittelmeerstädte: Venedig. Wie im Vorwort bereits angekündigt, spielen die Fischer in diesem Buch keine herausragende Rolle, und das zum Teil, weil sie oft kaum Spuren hinterlassen haben, aber auch weil Fischer definitionsgemäß nach etwas suchen, das sich unter der Wasseroberfläche befindet, und weil sie seltener Kontakt zu Gesellschaften an den jenseitigen Küsten des Mittelmeeres aufnahmen. Die große Ausnahme bildete hier die Umgebung von Malta, wo die Genueser in dem an der tunesischen Küste gelegenen Tabarka von 1540 bis 1742 eine Kolonie unterhielten, die auf das Korallenfischen spezialisiert war, und wo heute tunesische Fischer zusammen mit sizilianischen Fangflotten die
matanza
veranstalten, das große alljährliche Abschlachten der Thunfische. Mehr noch als Fisch, der sich nur hielt, wenn man ihn einsalzte oder trocknete, war lange Zeit Getreide das wichtigste Erzeugnis, das über das Mittelmeer transportiert wurde, ursprünglich an den Küsten dieses Meeres angebaut oder aus der Schwarzmeerregion herangeschafft, doch ab dem 17 . Jahrhundert zunehmend auch nordeuropäischen Ursprungs. Der Zugang zu lebenswichtigen Nahrungsmitteln und anderen Rohstoffen ermöglichte es Städten, zu wachsen, ob nun Korinth, Athen oder Rom in der Antike oder Genua, Venedig und Barcelona im Mittelalter. Für diese und viele andere Städte kam es einer Strangulation gleich, wenn Feinde ihnen den Zugang zu diesen Ressourcen versperrten. Der Handel mit Weizen, Holz und Wolle war zwar weniger glanzvoll als der berühmtere und besser dokumentierte Gewürzhandel, doch er schuf eine Grundlage, auf der das Geschäft mit Seide, Gold und Pfeffer aufbauen konnte, die oft fern von den Küsten des Mittelmeeres erzeugt wurden. Der Kampf um den Zugang zu diesen Waren führte häufig zu blutigen Konflikten zwischen Rivalen, und je mehr Schiffe mit kostbarer Fracht kreuz und quer über das Mittelmeer fuhren, desto häufiger lauerten ihnen Piraten auf, ob nun Etrusker in der Antike oder Korsaren und Uskoken in der frühen Neuzeit.
    Die Sicherung des Meeres gehörte daher zu den wichtigen Staatsaufgaben. Man konnte für Sicherheit sorgen, indem man – wie die Römer – entschlossene Feldzüge unternahm und dann das Meer überwachte. Und in Zeiten, da niemand weite Teile des Meeres beherrschte, konnten Handelsflotten sich des Schutzes bewaffneter Geleitzüge wie der venezianischen
muda
versichern. Mit den Piratenstaaten an der nordafrikanischen Küste konnte man verhandeln, in der Hoffnung, dass die dortigen Herrscher für die Sicherheit ihrer Vertragspartner garantierten, oder man trat ihnen aggressiv entgegen, wie es die Amerikaner Anfang des 19 . Jahrhunderts taten. Die Schifffahrt wurde auch dann gefährlicher, wenn große Landreiche an die Küsten des Mittelmeeres heranrückten und den Schiffsverkehr zu stören begannen: in
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