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Das Meer und das Maedchen

Das Meer und das Maedchen

Titel: Das Meer und das Maedchen
Autoren: Kathi Appelt
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auch ohne Ukulele. Und noch bevor er darüber nachdenken konnte, nahm Dogie Signes Hand. Und dort, vor aller Augen, sank er vor ihr auf ein Knie und sprach diese zwei Worte aus. Er sagte sie, ohne zu stottern. So klar und deutlich wie eine Glocke. Er sagte sie Signe ins Gesicht: „Heirate mich.“
    Signe schaute ihn überrascht an.
    Da sagte Dogie sie noch einmal, diesmal sogar noch deutlicher: „Heirate mich.“
    Signe blieb stumm. Sie hatte so lange auf diesen Augenblick gewartet. Zehn Jahre lang. Seit dem Tag, an dem sie ihn zum ersten Mal gesehen hatte, dem Tag, an dem Mirja geboren wurde.
    Eine Träne rann über ihre Wange, und als sie sie mit ihrer Hand wegwischte, da errötete sie. Das war ihr seit Jahren nicht mehr passiert. Und dann war es wie in einem Film, wie in einem altmodischen Märchen: Dogie zog sie an sich und küsste sie.
    Einfach so.
    Und Signe?
    Sie sagte Ja!
    119 Einige Tage später saß Mirja am Küchentisch. Signe saß neben ihr und füllte die Formulare aus, die sie vom Sheriff, der Küstenwache und sogar von Dr. Scarmardo, dem Tierarzt, bekommen hatte, der verkündet hatte, dass BF quietschfidel sei.
    Auf der Anrichte, wo früher die Holzschale gestanden hatte, befand sich ein Topf mit neu eingepflanzten Teerosen. Mirja und Signe hatten Mr Beauchamp geholfen, seine Rosen und den nachtblühenden Kaktus in frische Erde zu setzen. Er hatte darauf bestanden, dass sie eine Rosenpflanze mit nach Hause nahmen. Jetzt stand sie auf der Anrichte, strahlend pink, wie Mirjas Band.
    Mr Beauchamp hatte sich gefreut, sie zu sehen, aber Mirja bemerkte, dass er älter aussah als sonst.
    „Methusalem“, sagte er. „Ich bin so alt wie Methusalem.“
    Aber diesmal kicherte er nicht bei seinen Worten. Er fügte auch nicht wie sonst mon petite hinzu. Er blieb in seinem Schaukelstuhl sitzen, kraulte Sindbads schwarz-weißen Pelz und starrte hinaus aufs Meer.
    Vor Mirja auf dem Küchentisch lag ihre rote Geldbörse. Sie zählte ihr Geld. Sie hatte vierundvierzig Dollar. Sobald ihre Hände geheilt waren, hatte sie ihre Arbeit als Seidensänger bei Dogie wieder aufgenommen. Neben der Geldbörse auf dem Tisch lag der Versandkatalog, den Signe eines Tages mit nach Hause gebracht hatte. Damals hatte Signe ihr gesagt, sie solle ihn für schlechte Zeiten aufheben.
    Aber Mirja hatte eine bessere Idee. Warum sollte sie etwas für schlechte Zeiten aufheben, wenn sie jemanden in guten Zeiten glücklich machen konnte? Mirja hatte ein Eselsohr in eine Seite geknickt. Sie hatte das perfekte Hochzeitsgeschenk für Dogie und Signe gefunden – einen neuen Kochtopf aus Edelstahl. Genau. Der Topf kostete 34,95 Dollar und mit der Mehrwertsteuer und den Versandkosten reichte ihr Geld gerade. Vielleicht blieb noch etwas für Geschenkpapier übrig.
    Als sie Signe das Foto zeigte, lächelte Signe und sagte: „Gumbo mit Würstchen. Keine Krabben mehr.“
    Aber wenn Mirja die Rose auf der Anrichte betrachtete, empfand sie Bedauern. Wenn sie den neuen Gumbo-Topf gekauft hatte, blieb nichts mehr übrig, um Mr Beauchamp für seine Blumentöpfe zu entschädigen, besonders für den nachtblühenden Kaktus.
    Selbst wenn sie jeden Tag stundenlang Surfbretter wachste, würde sie Monate brauchen, vielleicht Jahre, um Mr Beauchamp seinen Verlust zu ersetzen. Sie stützte die Ellbogen auf den Tisch und legte ihr Gesicht in die Hände.
    Der einzige wertvolle Gegenstand, den sie besaß, war der Glücksbringer.
    Das war es! Der Glücksbringer ihrer Mutter.
    Mirja hatte keine Verwendung mehr dafür. Sie brauchte ihn nicht mehr. Wieder fischte sie ihn aus ihrer Kommodenschublade. Eiskalt lag er in ihrer Hand. Sie steckte ihn in ihre Hosentasche.
    „Cooleoleo!“, sagte sie und ging aus der Tür, die Stufen hinunter und über die Straße zu Mr Beauchamps Haus.
    In dieser Nacht stand Henri Beauchamp am Ufer und hielt den Glücksbringer in der Hand. Er war warm, genauso wie vor all diesen Jahren in dem kleinen Dorf am Meer, im Süden Frankreichs. Er drückte ihn an sein Herz und wünschte sich etwas. Sindbad rollte sich zu seinen Füßen zusammen und schnurrte.
    Als er kurz darauf in der Dunkelheit auf seiner Veranda saß, hätte er schwören können, das sanfte Schnauben einer rauchgrauen Stute zu hören. Vielleicht aber war es auch nur der Wind.
    Und draußen im Meer, nicht weit von der Küste entfernt, in einer hellen Pfütze aus Mondlicht schob der alte Schwimmer seinen Kopf aus dem Wasser. Da war es wieder, das Signal des Porte-bonheur , aber
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