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Zu viele Morde

Zu viele Morde

Titel: Zu viele Morde
Autoren: Colleen McCullough
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Kapitel eins
    Mr. Evan Pugh
    Paracelsus College
    Chubb University
    Holloman, Conn.
     
    Sehr geehrter Mr. Pugh,
    ich gebe mich geschlagen. Die 100   000 $ wurden in Ihrem Zimmer im College deponiert, so wie Sie es in Ihrem Brief vom 29. März verlangt haben. Ich werde sicherstellen, dass meine Anwesenheit am College harmlos wirkt, sollte ich entdeckt werden. Bitte verlangen Sie nicht noch mehr Geld von mir. Meine Taschen sind leer.
    Mit freundlichen Grüßen,
    die Quasselstrippe
     
    Evan Pughs Hände zitterten, als er das Schreiben las, das in einem schmucklosen weißen Umschlag in sein Fach gelegt worden war, nur mit seinem Namen und Anschrift versehen, wie der Brief selbst mit Schreibmaschine getippt. Die dunkle viereckige Öffnung seines Faches war jedes Mal leer gewesen, wenn er auf dem Weg nach unten zum Frühstück und zum Mittagessen nachgesehen hatte. Jetzt, um halb drei, hatte er seine Antwort.
    Auf den Fluren war kein Mensch, als er sich im Foyer auf den Weg die geschwungene offene Treppe hinauf machte. Das Paracelsus College war ein neues Institut in einem Gebäude, das von einem weltberühmten Architekten und Chubb-Absolventen entworfen worden war. Die Böden und Wändewaren aus Marmor, Steingärten, die zu klein waren, um sie zu betreten, wurden von Glas umschlossen. Die Neonbeleuchtung wirkte kalt, und großartigen Raumschmuck gab es nicht. Oben, wo Evans Schlafsaal lag, ersetzten grau gestrichene Wände und grauer Kunststoffboden den weißen Marmor – eher praktisch als schön, dennoch sehr luftig und geräumig. Nicht anders die Räume, wofür die Paracelsus-Bewohner ihrem Architekten tief verbunden waren, der natürlich selbst noch unter dem Gräuel gelitten hatte, sich in einem 1788 erbauten Institutsgebäude eine kleine Zelle mit jemandem teilen zu müssen. Also hatte er das neue Paracelsus mit großen Räumen und reichlich Badezimmern ausgestattet.
    Das Obergeschoss war ebenfalls menschenleer. Evan schlich den Korridor entlang und betrat sein Quartier, wo er sich mit einem kurzen Blick vergewisserte, dass sein Zimmergenosse Tom Wilkinson gerade in der Vorlesung war. Man musste auf Nummer sichergehen: Selbst so zielorientierte Typen wie angehende Medizinstudenten schwänzten bisweilen den Unterricht. Aber Evans war allein.
    Erstaunlicherweise herrschte in dem Zimmer kein Durcheinander. Jeder der jungen Männer besaß ein Auto, also standen keine Fahrräder herum, und auf dem Boden häufte sich keines der für Studenten so typischen Sammelsurien aus Kisten. Ein deckenhohes Bücherregal trennte ihre beiden großen Schreibtische, die vor den Fenstern standen. Links und rechts der Zimmertür stand jeweils ein übergroßes Einzelbett, und in jeder der beiden langen Wände befand sich eine weitere Tür. Wilkinson, ein fröhlicher junger Mann, hatte Poster von sexy aussehenden Filmstars an seinen Wänden, doch die von Evan Pugh waren kahl bis auf eine Pinnwand, an die einige Notizen und ein paar Fotos geheftet waren.
    Er ging direkt zu seinem Schreibtisch. Darauf sah es nochgenauso aus, wie er ihn verlassen hatte. Keine der Schubladen war abgeschlossen. Evan öffnete eine nach der anderen und überlegte, wie dick ein solches Bündel Geldscheine wohl sein könnte. Das kam ganz auf die Stückelung der Banknoten an, dachte er, als er die letzte Schublade zuschob. Keine Scheine, kein Bündel, wie groß oder klein auch immer. Er blickte zu seinem Bett, ein Durcheinander aus Laken und Decken, ging hinüber und durchsuchte es – kein Geldbündel, weder darin noch darauf oder darunter.
    Als Nächstes kontrollierte er die Bücherregale, mit demselben Ergebnis. Hinterher fragte er sich allerdings, wie er ein solcher Idiot hatte sein können. Wie sollte sein Opfer denn wissen, welche Seite des Raumes er bewohnte? Oder, dass es überhaupt aufgeteilt war? Sein Zimmernachbar war unordentlich, aber selbst das sorgsame Durchsuchen jeder Ecke von Toms Zimmerseite förderte kein Bündel Geldscheine zutage.
    Also blieb nur noch die Kammer. Diesmal durchwühlte er Toms Kammer zuerst, allerdings ohne Erfolg. Dann öffnete er die Tür zu seiner eigenen. Mit diesen begehbaren Kleiderschränken offenbarte sich das wahre Genie des Architekten; er war jemand, der wusste, wie viel Krempel sich bei jungen Männern – und Frauen –, die sich ein Zimmer teilten, während eines Jahres so ansammelte. Die begehbaren Wandschränke nahmen die ganze Länge des Raumes ein und waren einen Meter tief. An einem Ende waren Gestelle mit
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