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Zu viele Morde

Zu viele Morde

Titel: Zu viele Morde
Autoren: Colleen McCullough
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Bauerntölpel. Wenn mich wirklich etwas überrascht, dann, dass noch niemand hier am Paracelsus ihn mal so richtig verdroschen hat.«
    »Hatte er einen bestimmten Tagesrhythmus? Hatte er irgendwelche unangenehmen Angewohnheiten?«
    Tom Wilkinson blickte ihn verständnislos an. »Nein, aber, ja, was den bestimmten Tagesrhythmus angeht. Außer, man nennt seine Arroganz und die Angeberei unangenehm.«
    »Um wie viel Uhr haben Sie ihn entdeckt?«
    »Ungefähr um sechs. Ich habe ein Auto, damit ich zum Mittag- und zum Abendessen zum College zurückfahren kann. Die Cafeteria auf dem Science Hill ist teuer, und meine Schwester hat mir ihre alte Karre gegeben, als sie sich ein besseres Auto gekauft hat. Benzin kostet fast nichts, und die Mahlzeiten hier sind Teil meiner Kost und Logis. Außerdem ist das Essen gut. Die Physiologie-Vorlesung im Burke Biology Tower war um halb sechs zu Ende, danach bin ich nach Hause gefahren.«
    »Sind die meisten Ihrer Vorlesungen in Science Hill?«
    »Klar, speziell für die Anfänger. Wir haben ein paar Dilettanten in unserem Jahrgang, die Kunstgeschichte und solchen Quatsch studieren, aber deren Vorlesungen sind auch woanders. Das Einzige, was Paracelsus hat, das ungefähr einem Unterrichtsraum entspricht, ist ein Vorlesungssaal, den der Dekan dazu benutzt, uns Predigten über Sauberkeit und Vandalismus zu halten.«
    »Vandalismus?«
    »Ach, das ist bloß der Dekan. Die Erstsemester werden ein bisschen unruhig und machen solche Sachen, wie schmutzige alte Ziegelsteine in Piero Conduccis Steingarten zu werfen. Sie müssen einen kleinen Kran benutzen, um sie wieder herauszuholen. Ich würde es auch nicht als Vandalismus bezeichnen, wenn man einer nackten Frauenstatue Nuttenunterwäsche anzieht, oder Sie, Sir?«
    »Wahrscheinlich nicht«, sagte Carmine, ohne eine Miene zu verziehen. »Ich entnehme dem, dass alle Studenten in Ihrem Flügel Zweitsemester sind, richtig, Tom?«
    »Ja, Sir. Vier Flügel, einen für jeden Jahrgang. Evan und ich haben ein Zimmer im Obergeschoss, aber unten sind noch mehr Zweitsemester.«
    »Also, in der Annahme, dass die meisten von Ihnen Medizinstudenten sind, heißt das, dass der Flügel zwischen Mittag und sechs Uhr abends verlassen ist, richtig?«
    »Ja, genauso ist es. Wenn jemand zu krank ist, um den Unterricht zu besuchen, muss er ins Lazarett. Dort gibt es eine ausgebildete Krankenschwester. Gelegentlich schwänzt ein Student auch eine Stunde, weil er in einem wichtigen Aufgabengebiet Stoff aufarbeiten muss, aber so etwas gibt es derzeit nicht in unserem Stundenplan.«
    »Und was ist mit morgens?«
    »Dasselbe. Ich glaube, der Dekan versucht, morgens dieHandwerker kommen zu lassen, damit er sie besser im Auge behalten kann.«
    Carmine stand auf. »Danke, Tom. Ich wünschte, alle meine Augenzeugen wären auch nur halb so aufrichtig. Gehen Sie und essen Sie zu Abend, auch wenn Ihnen im Moment nicht nach essen ist.«
     
    Von da aus ging es zum Dekan Robert Highman. Als Carmine die eleganten, aber offenen Treppen hinabstieg, hielt er an, um sich mit dem breiten, gedrungenen X, dem Zentrum des Paracelsus College, vertraut zu machen. In jedem Flügel wohnten Studenten, aber die Mitte beherbergte die Büros und die Wohnungen der Lehrkörper des College. Der Dekan und der Schatzmeister hatten hier geräumige Wohnungen, während die Viertsemester in Wohnungen ohne Küche am hinteren Ende der jeweiligen Flügel lebten, und vier ähnliche Wohnungen waren von Doktoranden belegt, die nichts mit der Verwaltung zu tun hatten.
    Die Büros befanden sich unten, die Wohnungen des Dekans und des Schatzmeisters oben. Die Eingangshalle war relativ groß und wirkte, da Essenszeit war, recht verlassen. Der Tresen, an dem während der Bürozeiten ein Angestellter arbeitete, war unbesetzt, und die Büros, in die man durch Glaswände einen guten Einblick hatte, waren ebenfalls leer.
    Carmine ging weiter die Treppe hinunter und blieb kurz vor dem Tresen stehen, um sich zu fragen, wie er wohl den Dekan ausfindig machen sollte.
    Ein fröhliches Stimmengewirr entsprang dem gegenüberliegenden Ende des Zentrums, und Carmine bereitete sich auf das Betreten eines Saales mit vierhundert essenden jungen Männern vor, doch dann trat ein kleiner Mann in einem Anzug mit Weste aus einem Seiteneingang des Speisesaals, sahCarmine und kam auf ihn zu. Er watschelte wie eine Ente, obwohl er kein Übergewicht hatte, sondern nur X-Beine. Sein Gesicht war rund und rot, sein braunes Haar licht, aber
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