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Das Meer und das Maedchen

Das Meer und das Maedchen

Titel: Das Meer und das Maedchen
Autoren: Kathi Appelt
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Das bedeutete, dass Mirja zwischen Haus und Bus hin- und herlaufen musste, um den Wasserhahn auf- und zuzudrehen. „B…b…bloß kein W…W…Wasser verschw…w…wenden“, ermahnte Dogie sie ständig.
    Zweiter Schritt: das alte Wachs abkratzen. Das geschah zunächst mit einem Gegenstand, der Kamm genannt wurde und der tatsächlich einem Haarkamm ähnelte. Aber statt der langen, dünnen Zähne hatte dieser Kamm kurze, kantige, mit denen man die alte Wachsschicht abstemmen konnte. Das war der mühsamste Teil, besonders, wenn es sich um eine dick verkrustete und schmierige Wachsschicht handelte. Dann musste Mirja den Kamm mit beiden Händen in das Wachs drücken, um es zu lösen.
    Das alles war halb so schlimm, wenn sie es mit einem kurzen Brett zu tun hatte, das nur einen Meter fünfzig lang war. Aber die langen Surfbretter waren ein Ärger! Eine zwei oder sogar drei Meter lange, festgebackene Wachsschicht abzukratzen, war kein Spaß. Das Wachs klebte überall, unter den Fingernägeln, an ihren Kleidern, auf ihren Schuhen. Bäh!
    Dogie hatte ein altes Surfbrett, das „Kanone“ genannt wurde. Und dieses Surfbrett war sage und schreibe drei Meter dreißig lang. Mirja hasste dieses Brett mit seinen zugespitzten Enden. Wenn man Dogie glauben durfte, wollten alle Möchtegernsurfer damit über die „W…W…Wellen schießen wie eine K…K…Kanonenkugel.“ Mirja war froh, dass die Kanone nicht allzu oft ausgeliehen wurde. Denn obwohl sie lieber zwei Dollar verdiente als einen, brauchte sie EWIG , um dieses Ding zu wachsen.
    Nachdem sie das meiste alte Wachs abgekratzt hatte, musste sie den letzten Rest mit einem speziellen Wachs-entferner lösen, der sich in einem weichen Beutel befand. Der Beutel fühlte sich an, als ob er mit Bohnen gefüllt wäre, aber es waren keine Bohnen, sondern ein seidenweicher Puder. Mirja hatte keine Ahnung, was es war, aber man bekam damit altes Wachs ab. Und außerdem bekam man noch verschrumpelte Haut; manchmal sahen ihre Fingerspitzen nach dem Wachsen aus wie Rosinen. Wenn sie das Wachs entfernt hatte, trat Mirja zurück und bewunderte das saubere, glänzende Surfbrett.
    Dogies Surfbretter waren Kunstwerke. Er hatte bunte Bilder von Wasserfällen und Seeungeheuern und anderen fantastischen Wesen daraufgesprüht. Mirjas Lieblingsbild war ein geflügeltes Pferd, dessen langer, glänzender Schweif wie ein Komet über die ganze Länge des Brettes verlief.
    Dogie hatte ihr vorgeschwärmt, dass ein guter Ritt auf den Wellen war, als „w…w…würde man f…f…fliegen“.
    Mirja konnte nicht beurteilen, ob das stimmte, weil sie noch nie auf einem Surfbrett gestanden hatte. „W…w…wenn du älter bist“, versprach Dogie.
    Dieses Versprechen war nur ein kleiner Trost. Mirja fand, wer alt genug war, ein Surfbrett zu wachsen, war auch alt genug, auf einem Surfbrett über die Wellen zu reiten. Aber so unfair es auch war, in diesem Punkt ließ Signe nicht mit sich reden.
    „Auf keinen Fall, Fräulein“, hatte Signe ihr immer wieder gesagt. „Ich habe dich schon zweimal aus dem Meer gefischt und das reicht.“
    Wenn Mirja sich bei Dogie darüber beklagte, zuckte er nur mit den Schultern.
    Dritter Schritt: Wenn das alte Wachs weg war, untersuchte Mirja das Surfbrett auf Dellen, Schnitte oder Kerben in der Fiberglashaut, damit Dogie sie reparieren konnte. Das war sehr wichtig. Wenn eine Delle oder ein Riss nicht repariert wurde, floss Wasser in den Hohlraum des Bretts und machte es schwerer, als es sein sollte, sodass es sich nicht mehr so gut manövrieren ließ.
    „S…s…so glatt wie S…S…Seide müssen s…s…sie sein“, verlangte Dogie. Und Mirja tat ihr Bestes. Sie fand jede noch so kleine Schramme. Die Surfer brachten die Bretter immer zerkratzt und verbeult zurück, besonders, wenn sie auf die Sandbank gerieten. Dogie warnte jeden vor der Sandbank. De Vacas Fels.
    Vierter Schritt: Jetzt trug Mirja das neue Wachs auf. Zuerst kam das Grundierwachs. Auch dies war eine wichtige Aufgabe. Wenn die unterste Schicht nicht ganz dünn aufgetragen wurde, geriet das Ganze zu einer schmierigen Angelegenheit und sie musste noch einmal von vorne anfangen. Besonders wichtig war dabei laut Dogie die richtige Richtung. „V…v…von v…v…vorne nach h…h…hinten, v…v…von einer Seite zur anderen.“ Was bedeutete, dass man oben anfangen und sich dann seitlich und gleichzeitig nach hinten voranarbeiten musste. Also rieb Mirja das Grundierwachs in kleinen, sorgfältigen Kreisen auf das
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