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Das Meer und das Maedchen

Das Meer und das Maedchen

Titel: Das Meer und das Maedchen
Autoren: Kathi Appelt
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schüttelte den Kopf. „Alles klar“, behauptete sie.
    Stimmte das? Sie stand im Bad mit einem Handtuch auf dem Kopf, und sie hätte schwören können, dass sie gerade von einem Haufen Krabben in einer Blechwanne einen Hilferuf erhalten hatte.
    Ob es daran lag, dass das Blut von Meerjungfrauen durch ihre Adern floss?
    7 Jetzt, nur wenige Stunden später, saß Mirja mit BF im Boot.
    Von den vier Personen, die entlang der Oyster Ridge Road lebten, war Mirja die einzige, die nicht erwachsen war. „Ich bin auch die einzige mit Meerjungfrauenblut“, sagte sie zu BF , während sie in der Dunkelheit saßen, die so dick war wie ein Eintopf.
    Das Boot schaukelte. Mirja hatte schon oft versucht, diese Angelegenheit mit Signe zu besprechen, aber Signe hatte nur die Arme vor der Brust verschränkt und gesagt: „Sei doch bitte vernünftig!“ Dann hatte sie das Thema gewechselt, hatte über Hausaufgaben gesprochen oder darüber, dass Mirja noch BF füttern oder das Geschirr abwaschen musste.
    Jetzt war Signe böse auf sie, und nicht nur Signe, sondern auch Mr Beauchamp und Dogie.
    ALLE .
    Signe nannte die winzige Siedlung an der Oyster Ridge Road „das kleine Universum“. Alle Bewohner des kleinen Universums waren böse auf Mirja.
    „Es gibt nur noch eine Person, die uns helfen kann, BF “, sagte sie zu dem Hund. „Meine Mutter.“ Und dann fügte sie hinzu: „Die Meerjungfrau.“
    Während sie so dasaß, auf dem spiegelglatten Becken, legte Mirja ihre linke Hand auf die Brust, genau unterhalb des Glücksbringers, der an ihrem Hals hing. Sie fühlte ihren Herzschlag. Der Anhänger war eiskalt. Sie spürte seine Kälte auf der Haut, sogar durch den Stoff des T-Shirts hindurch. Dann tätschelte sie mit der rechten Hand die Hosentasche, in der sich Yemayá befand. Durch das feste Gewebe ihrer Shorts fühlte sie die Kontur der kleinen Figur.
    „Die werden mir Glück bringen, BF “, sagte sie. Dank des Anhängers und der kleinen Figur war sie nun mit Glück aufgeladen. „Pech hatten wir schließlich genug“, ergänzte sie.
    8 Als er seinen Namen hörte, klopfte BF mit dem Schwanz auf den Boden des Bootes. BF war die Abkürzung für Bester Freund. Mirja kraulte das weiche Fell hinter seinen Ohren. Im Gegenzug bekam sie einen schlabbrigen Kuss.
    „Bäh! Flüchtikuss!“, beschwerte sich Mirja und rieb sich mit dem Handrücken übers Kinn.
    BF winselte. Können wir jetzt bitte zurückgehen? Bitte? Um sein Flehen zu unterstreichen, legte er seine rechte Vorderpfote auf ihr Knie. Bitte, bitte, bitte , winselte er.
    BF machte sich Sorgen um Mirja. Er spürte, dass sie unglücklich war. Er machte sich Sorgen wegen der Dunkelheit. Er mochte sie nicht. Er machte sich Sorgen, weil sie zu dieser späten Stunde im Boot hockten, anstatt tief und fest schlafend in Mirjas Zimmer zu liegen, mit der Gewissheit, dass Signe am anderen Ende des Flurs in ihrem eigenen Zimmer lag und schlief.
    Er machte sich Sorgen. Und Sorgen waren schlimmer als Sandflöhe. Plötzlich juckte es ihn überall.
    Mirja tätschelte die Pfote, die auf ihrem Knie lag. „Schon gut, alter Junge“, sagte sie. „Wirst schon sehen. Das ist ein Kinderspiel.“
    Der Hund leckte ihr wieder übers Kinn. Ihm schien es nicht wie ein Spiel, mitten in der Nacht in diesem Boot zu sitzen.
    „Immerhin“, sagte sie zu ihm, „bist du der Findehund.“
    Das stimmte. Über die Jahre hatte BF eine Menge verloren gegangener Dinge gefunden – einzelne Socken, einen verlegten Suppenlöffel, den winzigen Schlüssel für Mirjas Tagebuch, Signes Ohrring mit dem Friedenszeichen, lose Blätter mit Hausaufgaben.
    Er hatte auch Dinge gefunden, die niemand vermisst hatte, bis er sie aufstöberte. Einzigartige Muscheln zum Beispiel und ein winziges, ausgesetztes Hündchen, das Zwei genannt und von Dogie adoptiert wurde. Er fand sogar Sternschnuppen und gestreifte Geckos, Dinge, die kamen und blitzschnell wieder verschwanden. Aber im Augenblick war BF weniger ein Findehund als vielmehr ein Sorgenhund.
    9 Wieder beugte sich Mirja über den Rand des Bootes. „Ich weiß, dass ihr da unten seid“, sagte sie zu dem schwarzen Wasser. Sie presste die Hände auf die Ohren. Würden die Krabben wieder mit ihr sprechen? Sie hoffte nicht. Sie wollte nie wieder ein einziges Wort von einer Krabbe hören, nicht in einer Million Billion Trillion Jahren, nicht einen einzigen winzigen Krabben-Piep.
    „Verdammte Krabben!“
    Wie konnten zehn verdammte Krabben nur so einen Ärger machen?
    ÄRGER .
    Sie
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