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Das magische Land 1 - Der Orden der Rose

Das magische Land 1 - Der Orden der Rose

Titel: Das magische Land 1 - Der Orden der Rose
Autoren: Kathleen Bryan
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Gebeten und Fasten.«
    »Ist das eine Tradition der Insel?«, fragte er.
    Sie suchte nach Anzeichen von Zorn, aber entweder war er ein Meister der Verheimlichung, oder er verspürte keinen. Sie lauschte auf das Geräusch des Bösen, das Gleiten von Schuppen oder die Andeutung eines Zischens, aber da war nichts. Schlicht und einfach gar nichts.
    Das erschütterte sie unwillkürlich. Sie durfte jetzt nicht blind sein, das konnte sie sich nicht leisten. Sie bemühte sich um eine kühle Antwort. »Es ist meine Weise. Ich danke Euch, dass Ihr Euch danach richtet.«
    »Angenommen, ich würde das tun«, sagte er. »Zwischen Herrschern gibt es immer einen Austausch. Was bietet Ihr mir im Gegenzug?«
    »Meinen Respekt.«
    »Ah«, sagte der König. »Das ist ein großartiges Geschenk. Aber ich habe fünfhundert Männer in Eurer Stadt und zehntausend außerhalb Eurer Grenzen, und ich bin Euer Lehnsherr. Eine angemessene Gegenleistung würde ein klein wenig mehr erfordern.«
    »Ihr habt zweitausend Männer innerhalb meiner Grenzen«, sagte sie, »obwohl nur fünfhundert von ihnen Eure Livree tragen. Alle von ihnen werden gehen, mein König. Im Gegenzug …« Sie verstummte.
    Er verstand das Spiel, es schien ihn zu amüsieren. »Im Gegenzug?«, fragte er. »Im Gegenzug werde ich nach Ende der Trauerzeit an den Hof kommen und meine Pflicht erfüllen, wie es sich für einen Vasallen geziemt.«
    »Das solltet Ihr auch, Comtesse«, sagte er, »aber das ist eine Verpflichtung, kein Geschenk. Worin besteht diese Pflicht Eurer Meinung nach?« »In meiner Lehenstreue Euch gegenüber als meinem Lehnsherrn«, antwortete sie, »und in meiner Anwesenheit an Eurem Hof und in Eurem Konzil, wie sie dem Gesetz nach vorgeschrieben ist.«
    Er neigte den Kopf. »Das ist sie. Aber Ihr vergesst eines.«
    Sie schnappte nach Luft und hoffte, dass er es nicht gehört hatte. »Und das wäre?«
    »Nun, Comtesse«, meinte er, »es mag Euch vielleicht entfallen sein, da so etwas auf der Insel nicht praktiziert wird und Ihr erst vor kurzem in diese Welt der Höfe und Prinzen gekommen seid. Es ist vorgeschrieben, Comtesse, dass jede regierende Herrscherin einen Ehemann wählen muss, der an ihrer Seite regiert, ihre Armeen befehligt und als starke rechte Hand ihres Reiches dient.«
    »Ah«, sagte Averil und unterdrückte einen Seufzer der Erleichterung. »Ja, dessen bin ich mir bewusst. Aber es besteht keine Verpflichtung, dass ich hier und jetzt einen Ehemann wähle. Nur, dass ich mich zu einem gegebenen Zeitpunkt vermähle.«
    »Wählt jetzt einen Ehemann«, schlug der König vor, »und ich werde mich noch heute Abend mit allen meinen Männern zurückziehen.«
    Sie erwiderte seinen sanften Blick. Er lächelte kaum wahrnehmbar. Sie konnte seinem Vorschlag unmöglich nachkommen, und das wusste er.
    »Angenommen«, sagte sie, »ich gewähre meinem Vater die volle Trauerzeit, ein Jahr und einen Tag, nicht mehr und nicht weniger. Danach werde ich die Freier in Erwägung ziehen, die Ihr mir präsentiert.«
    Er zog die Brauen hoch. »Ich darf sie Euch präsentieren?«
    »Oder sie dürfen sich selbst präsentieren.«
    »Das«, sagte er nach einer kurzen Pause, »ist ein Geschenk.«
    »Ja«, erwiderte Averil.
    »Während des Trauerjahrs«, sagte er, »werdet Ihr Euer Reich als rechtmäßige Herrscherin unter der Krone von Lys regieren. Wenn das Jahr vorüber ist, werde ich Euch von mir auserwählte Freier präsentieren.«
    »So soll es sein«, sagte sie.
    »Ich werde eine gute Wahl treffen«, sagte er, »für das Kind meiner Schwester.«
    »Dessen bin ich gewiss«, sagte Averil.
    »Das wäre also beschlossen«, sagte der König. »Heute Nacht werden wir gemeinsam bei dem Toten wachen. Morgen nehme ich meinen Abschied mit Ehre und Respekt.«
    Averil schaute in seine milden blauen Augen. Keine Arglist war darin zu erkennen, kein Hinweis auf schlangenhafte Falschheit. Und dennoch lief ihr ein Schauer über den Rücken. Das Amulett unter ihrem Mieder, Gereints augenscheinlich unmagisches Geschenk, war seltsam warm geworden. Irgendetwas flüsterte gerade außerhalb ihrer Hörweite. Es konnte nicht der König sein: Er stand direkt vor ihr, lächelte leicht und sagte nichts. Keiner seiner Begleiter hatte den Mund zum Sprechen geöffnet.
    Aber jemand in ihrer Nähe versuchte, einen Zauber zu wirken. Wenn sie ihren Blick seitwärts schweifen ließ, konnte sie seine Form erkennen, sich windende Ranken, in denen sich eine Seele verfangen sollte.
    Kein Wunder, dass der König so
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