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Das magische Land 1 - Der Orden der Rose

Das magische Land 1 - Der Orden der Rose

Titel: Das magische Land 1 - Der Orden der Rose
Autoren: Kathleen Bryan
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Nacht.
    Gereint nahm das letzte Stück Brot und wischte damit den Teller sauber. Als er fertig war, lehnte er sich seufzend zurück. »Ich glaube, jetzt kann ich es bis zum Frühstück aushalten.«
    Averil fühlte eine überschäumende Heiterkeit in sich aufsteigen. Ihr Lachen hatte keine einzelne Quelle, aber es war ein wunderbares, köstliches Gefühl. Sie stieß einen Freudenschrei aus und ließ es heraus.
    Es hatte nichts Damenhaftes an sich, aber sie konnte sich einfach nicht zurückhalten. Er grinste und schaukelte auf seinem Stuhl hin und her, während der Feuerschein seinem Gesicht und seinem Haar einen goldenen Schimmer verlieh.
    Sie spürte die starke Versuchung, ihn zu küssen. Doch der Tisch stand zwischen ihnen, und sie wollte die fröhliche Stimmung nicht gefährden. Die Versuchung reichte ihr für den Moment.
    Das war Ketzerei; man könnte sie dafür verbrennen. Dieser Gedanke ließ sie nur noch lauter lachen.
    Averil nahm den Gedanken mit in ihr warmes, bequemes Bett. Die Lampen gingen aus, das Feuer war heruntergebrannt. Gereint lag auf seiner Pritsche bei der Tür und atmete ruhig und gleichmäßig.
    Sie hätte neben ihn schlüpfen können. Es war Platz genug, wenn sie sich dicht genug aneinanderschmiegten. Fast hätte sie es getan, fast hätte sie der Versuchung nachgegeben. Vielleicht hätte sie es tun sollen. Sie würde es am Morgen bereuen, aber sie hätten die Nacht gehabt. Sie konnte diesen Mann niemals heiraten. Es spielte keine Rolle, ob sie ihn liebte oder sich nach ihm verzehrte oder seine andere Hälfte war. Die Welt, für die sie sich entschieden hatte, war keine Welt, die es ihnen erlauben würde, zusammen zu sein. Sie konnte sie vielleicht verändern, aber nicht so schnell, nicht schnell genug für sie beide. Sie konnte wütend sein oder sich grämen. Oder sie konnte der Wahrheit ins Gesicht sehen.
    Was sie hatten, war ihnen gewiss. Eines Tages mochte vielleicht mehr daraus werden — oder es würde nie geschehen. Was auch immer aus ihnen werden würde, sie konnten das Beste daraus machen.
    Sie begann sich zu erheben, aber der Schlaf überwältigte sie plötzlich und mit aller Macht. Sie war in Sicherheit, murmelte ihr letzter Gedanke. Nichts konnte ihr hier etwas anhaben. Das war der Grund … und so …

Kapitel 40
    »Comtesse.« Averil erkannte weder die Stimme noch das dazugehörige Gesicht. Beides gehörte zu einer Frau in Dienerinnengewand. Sie sah aus, als hätte sie geweint.
    »Comtesse«, sagte die Dienerin, »der Landvogt bittet Euch zu kommen.« Averil bemühte sich, zu sich zu kommen. Durch die Fensterläden drang Licht, aber es war trübe und grau. Regen prasselte gegen die Scheiben. Es hatte seit drei Tagen geregnet. Sie war stolz auf sich, dass sie so weit zählen konnte.
    Die Dienerin war zu gut erzogen, um vor Ungeduld herumzuzappeln, aber ihre Stimme war energisch. »Comtesse! Wacht auf, ich bitte Euch.«
    Averil quälte sich aus dem Bett. Gereint stand an der Tür. Er war vollständig angekleidet und machte ein so grimmiges Gesicht, dass ihr der Atem stockte. Sie fühlte sich jetzt nicht mehr sicher. Trotz ihres Schutzbedürfnisses schwoll das Gefühl erstickender Enge durch die übermächtige Präsenz der Schutzzauber wieder an.
    Es ging nicht um ihre Magie, weder um die eine noch die andere Hälfte. Es ging um Täuschung, Blindheit. Sie hatte sich an diesem — ach so sicheren Ort — verhätscheln lassen, während die Welt sich ohne sie weiterdrehte. Sie rannte an beiden vorbei, ohne sich darum zu scheren, dass sie nichts weiter am Leib trug als einen weiten Morgenmantel.
    Herzog Urien lag kalt und reglos auf seinem Lager. Es gab keinerlei Anzeichen für einen Mord, kein Blut und keine Spuren eines Kampfes. Er sah aus, als wäre sein Leben einfach sanft aus seinem Körper gewichen.
    Averil umrundete die Schar: Schreiber, Priester, Diener, Wachen, zwei Höflinge, die aussahen, als hätten sie die Nacht durchzecht, Bernardin und Gereint und der Erzbischof von Fontevrai, der mit Prozessionsmantel und Bischofsstab herbeirauschte und die volle Wucht ihres Zorns zu spüren bekam.
    Er wich erschrocken zurück. Seine Seele war fest verankert in seinem Körper; er war nicht korrupter, als es von einem Kirchenfürst zu erwarten war. Sie war viel zu aufgebracht, als dass es sie gekümmert hätte. »Das ist Mord! Wer hat es getan? Sagt es mir!«
    »Comtesse«, meldete sich Bernardin zu Wort, »er war müde. Seine Kräfte waren erschöpft. Sobald Ihr gekommen wart, konnte er
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