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Das magische Land 1 - Der Orden der Rose

Das magische Land 1 - Der Orden der Rose

Titel: Das magische Land 1 - Der Orden der Rose
Autoren: Kathleen Bryan
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jahrhundertelange Gefangenschaft gebannt hatten, Blutsnachfahrin des Ersten Paladins, des gesegneten Longinus, dessen Speer die Schlange aufgespießt und sie verwundbar gemacht hatte für den Hieb des Jungen Gottes. Sie sollte jeglicher Versuchung widerstehen.
    Das war leichter gesagt als getan. Entschlossen wandte sie der Kapelle den Rücken zu, von der eine plötzliche rätselhafte Gefahr ausging.

Kapitel 1
    Der Heuschober explodierte in einem Wirbel aus Stroh und Staub und kreischenden Hühnern. Die Hofhunde jaulten und suchten mit eingezogenem Schwanz das Weite; der Bulle brüllte in seinem Stall.
    Gereint stand in der Mitte des Wirbelwinds, Auge in Auge mit einem Wesen, das unwirklich und mächtig zugleich war. Er nahm Flügel und Reißzähne und Augen wahr — hundert Augen, von denen keines dem anderen glich, und alle waren auf ihn gerichtet. Studierten ihn. Ließen ihn in absolute Bedeutungslosigkeit sinken.
    Weiß Gott, daran war er gewöhnt. »Bitte um Vergebung«, sagte er, so höflich er konnte. »Ich wollte Euch nicht stören.«
    Der Wirbelwind strich ihm mit unerwartet sanften Fingern durchs Haar und zupfte an seinen Hemdschößen. Er schien sich bestens zu amüsieren. Als Gereint eine Verbeugung machte, krümmte er sich, so als würde er lachen. Dann zerstreute er sich, teilte sich in hundert winzige Böen. Sie wirbelten über den Hof und brachten die Reste des Heuschobers zum Tanzen, bevor sie seufzend zu Boden sanken. »Gereint.«
    Die Stimme seiner Mutter klang ruhig. Das war weitaus beunruhigender, als wenn sie aus vollem Halse gebrüllt hätte. Langsam drehte er sich um und ließ ein paar Büschel Heu fallen. »Ich habe nur versucht —«
    »Sprich es nicht aus«, unterbrach sie ihn.
    Aber er konnte nicht anders. Obwohl sie es niemals verstehen würde, versuchte er es immer wieder. »Ich wollte die Kühe füttern und dachte, nun ja, wenn das Heu sich selbst wenden könnte, dann hätte ich viel mehr Zeit, sie zu melken. Ich hatte nicht vor —«
    »Das hast du nie«, sagte Enid.
    Eine ungeheure Wut stieg in ihm auf. Sie war uralt und sehr tief in ihm verborgen, und so lange er denken konnte, hatte er versucht, sie zu unterdrücken. Er wagte nicht, sie loszulassen. Es war schlimm genug, dass er die Heuernte eines ganzen Monats auf dem Hof verstreut hatte. Ein winzig kleiner Teil der Wut entschlüpfte ihm. Nichts weiter als Worte. »Wenn du mich lernen lassen würdest, dieses Ding zu kontrollieren —, wenn du wenigstens eingestehen würdest, dass ich es in mir habe —« Es war sinnlos. Ihr Gesicht erstarrte zu einer Maske, so wie immer. »Jetzt musst du den Hof kehren und die Kühe melken und füttern. Versuch, so viel Heu zu retten, wie du kannst. Wenn es zu schlecht ist, können wir es als Streu verwenden.«
    »Mutter«, sagte er. Er wusste, es war vergebens, aber wenn er es nicht sagte, würde es ihm die Schädeldecke wegreißen. »Mutter, nur dieses eine Mal, hör mir bitte zu. Es geschieht immer öfter, und es wird schlimmer. Du kannst es nicht einfach verleugnen.«
    »Fang an zu rechen«, sagte sie. »Dann füttern und melken.« Damit verschwand sie und koppelte den Wagen an. Es war Markttag, und sie musste in die Stadt und ihren Stand aufbauen.
    Das Ding in Gereints Innerem war so stark, dass er kaum sehen konnte. Es summte in seinen Ohren und hämmerte in seinem Schädel. Er betete, dass er es davon abhalten konnte, aus ihm herauszubrechen.
    Es half, sich aufs Rechen, Füttern und Melken zu konzentrieren. Für Enid wäre dies ein Beweis dafür, dass sie Recht hatte. Dass er Kontrolle hatte über dieses Ding in seinem Inneren — Kontrolle über die Magie.
    Sie weigerte sich, das Wort auszusprechen. Er presste seine Wange an die Flanke der braunen Kuh und sagte es laut. »Magie. Magie, Magie, Magie. Ich bin so voll von Magie, dass ich nicht weiß, was ich tun soll. Und sie, sie will nicht einmal zugeben, dass ich sie in mir habe.«
    Die Kuh brüllte erbost. Er hatte sie trocken gemolken. Als Entschuldigung streichelte er ihre Stirn, stellte den vollen Eimer auf den Milchwagen und ging zur nächsten Kuh.
    Nachdem die Kühe gemolken waren, musste das untere Feld gepflügt werden. Gereint dachte bewusst an nichts anderes als daran, das Maultier in der Furche zu halten, damit sie so gerade und tief wurde, wie sie sein sollte. Vage nahm er wahr, dass die Morgensonne verblasst war und ein kalter Wind über den Acker fegte. Schließlich war immer noch Frühling, und das Wetter konnte heimtückisch
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