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Das magische Land 1 - Der Orden der Rose

Das magische Land 1 - Der Orden der Rose

Titel: Das magische Land 1 - Der Orden der Rose
Autoren: Kathleen Bryan
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scharfem Blick musterte er Gereint von oben bis unten. Seine Gedanken waren nicht zu erraten. »Wie alt bist du — achtzehn oder neunzehn Sommer?«
    »Sechzehn«, erwiderte Gereint. »Ich bin groß für mein Alter.«
    Eine der schwarzen Augenbrauen zuckte. »In der Tat. Du sprichst von deiner Mutter. Was ist mit deinem Vater? Ist er tot?«
    »Ich hatte nie einen«, sagte Gereint mit fester Stimme. »Ich bin ein gottgeborenes Kind.«
    Wieder hob sich die Braue, diesmal noch ein wenig höher. »Deine Mutter braucht dich hier, das verstehe ich. Ich nehme an, das ist der Grund dafür, dass du nie für einen der Orden getestet wurdest.«
    Gereints Herz krampfte sich zusammen. »Sie sagt, es sei nicht notwendig. Magie und das Glas, aus dem sie entsteht, ist für die Reichen. Wir sind ehrliche Bauern. Wir gehören zu unserem Land.«
    Mauritius runzelte die Stirn. »Hier gibt es kein Glas. Nicht in den Fenstern, noch in Bechern oder Krügen, nicht mal ein bisschen Emaille zur Zierde auf dem Tellerrand. Nicht aus Armut. Denn ich kann sehen, dass ihr offensichtlich wohlhabend seid. Fürchtet sie sich denn vor der Magie?«
    »Sie glaubt nicht daran«, antwortete Gereint. »Sie sagt, es liegt kein Sinn darin. Es sei nutzloser Zauber und verschwenderische Tollheit.« »Ich verstehe«, sagte Mauritius in nüchternem Tonfall. »Wenn es dir gelingen sollte, ihr Einverständnis zu erlangen, solltest du dich testen lassen. Ungezügelte Macht stellt eine tödliche Gefahr dar, und eine Macht wie die deine …« Er schüttelte den Kopf. »Um deiner eigenen Sicherheit willen, Junge.«
    Gereint konnte kaum atmen, geschweige denn die Worte formen. »Wollt Ihr damit sagen … Wollt Ihr sagen, ich habe —«
    »Ich habe dich noch nicht getestet«, sagte Mauritius, »und dies ist weder der richtige Ort noch die richtige Zeit dafür. Aber du hast uns vor dem Sturm in Sicherheit geleitet. Du bist wie ein Leuchtfeuer in der Nacht. Wie oft bricht das Feuer aus? Geschieht es in letzter Zeit öfter?«
    Gereint öffnete den Mund und schloss ihn wieder. »Ich weiß nicht … Ich bin nicht —«
    »Je älter du wirst«, sagte Mauritius, »desto stärker wird es und desto schwieriger wird es zu kontrollieren sein. Hast du von wilden Magiern gehört?«
    Gereint schüttelte den Kopf.
    »Dem guten Herrgott sei Dank gibt es nur sehr wenige von ihnen«, erklärte Mauritius. »Die meisten verglühen, bevor sie anderen schaden. Aber jene, die ihre Macht gegen andere richten …« Er zitterte. »Lass dich testen junge. Such dir zumindest einen Priester, der dich Schutzrituale und Bannsprüche lehrt. Bezwing es, bevor es dich fortreißt.«
    »Was soll ich machen, wenn es mir nicht erlaubt wird?«, fragte Gereint ganz leise, fast als würde er hoffen, nicht gehört zu werden.
    Der Ritter hatte scharfe Ohren. »Dann solltest du auch an die Sicherheit deiner Mutter denken. »Verlier keine Zeit und lerne, es zu kontrollieren, sonst wirst du verglühen wie eine Fackel.«
    Gereint schnappte nach Luft. »Wie stark bin ich? Könnt Ihr das sagen?« »Stark«, sagte Mauritius. Er schaute Gereint direkt in die Augen. »Du prahlst nicht damit. Das ist gut. Das bedeutet, es gibt Hoffnung. Lerne, es zu fürchten, dann lerne, es zu beherrschen.«
    »Ich hoffe, ich kann es«, sagte Gereint.
    Mauritius klopfte ihm auf die Schulter, was ihn vor Schreck sprachlos machte. »Ich glaube, du kannst es, wenn du es zeitig genug tust. Für gewöhnlich dränge ich keinen Jungen, sich gegen die Wünsche seiner Mutter zu stellen, aber wenn die Magiersucher diesen Sommer hierherkommen, geh zu ihnen und nenn ihnen meinen Namen. Dann sag ihnen, was ich dir gesagt habe. Sie werden wissen, was zu tun ist.«
    Hoffnung war eine derart ungewohnte Empfindung, dass Gereint sie kaum wiedererkannte. Er suchte nach Worten, um diesem Mann zu danken, der ihm ein so großes Geschenk gemacht hatte, aber Mauritius war bereits verschwunden.
    Gereint fragte sich beinahe, ob er tatsächlich da gewesen war, aber die Gegenwart des Ritters war noch zu spüren und zerstreute sich nur langsam. Es lag eine Klarheit darin, wie durch Glas scheinendes Licht: Rot und Gold und Grün sowie ein strahlendes, atemberaubendes Blau.
    Gereint blinzelte. Noch nie zuvor hatte er auf diese Weise gesehen — geradewegs durch die Welt, als sei sie selbst aus Glas —, und dennoch fühlte es sich an wie die natürlichste Sache, die man sich vorstellen konnte. Als wäre er blind gewesen wie ein neugeborenes Kätzchen. Doch nun waren
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