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Das magische Land 1 - Der Orden der Rose

Das magische Land 1 - Der Orden der Rose

Titel: Das magische Land 1 - Der Orden der Rose
Autoren: Kathleen Bryan
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und waffenstarrend an diesem Ort des Lichts und Friedens.
    Seine Anwesenheit war ein Schock, aber keine Überraschung. Averil wurde hier geduldet, um zu lernen, nicht um zu bleiben. Ihr eigentlicher Platz, an den sie durch Geburt und Verpflichtung gehörte, war das Herzogtum Quitaine im Königreich Lys.
    Er war gekommen, um sie dorthin zurückzuholen. Sie wusste zwar allzu gut, dass es rüde war, aber sie überließ ihm nicht das erste Wort. »Ja«, sagte sie, bevor sie den Mut verlor. »Ich werde kommen.«
    Er blinzelte, öffnete den Mund und schloss ihn wieder. »Es bleibt nicht viel Zeit, Comtesse. Euer Vater bittet Euch, bald zu kommen.« »Ist er krank?«, fragte sie. »Liegt er im Sterben?« Wahrend sie sprach, spürte sie einen vollkommen unerwarteten Schmerz in ihrem Herzen. Sie kannte ihren Vater kaum: Er hatte sie fortgeschickt, kurz nachdem sie Laufen gelernt hatte.
    Und doch war er ihr Vater. Blut war das stärkste Band.
    Aber der Gesandte schüttelte den Kopf. »Als ich ihn verließ, ging es ihm gut, Comtesse. Dennoch, je eher Ihr nach Hause kommt, desto besser ist es für uns alle.«
    Averil schaute die Priesterin an, die schweigend dasaß und mit unverändertem Gesichtsausdruck zuhörte.
    »Morgen«, sagte Averil. »Morgen in der Frühe. Ich werde bereit sein.« Der Gesandte verbeugte sich erneut, tiefer als beim ersten Mal. Seine Dankbarkeit rührte sie. Er hatte keine Magie und dadurch keinen Schutz; seine Gefühle schwebten in der Luft wie Rauchfahnen.
    Sie würde lernen müssen, unter solchen Menschen zu leben, sich selbst zu schützen, weil sie es nicht konnten. Sie war ihr ganzes Leben darauf vorbereitet worden. Aber trotz der langen Vorbereitungszeit kam der Moment zu früh.
    Der Gesandte verbeugte sich ein drittes Mal und verschwand, umgeben von einer Aura der Erleichterung. Averil hätte gehen sollen, wenn sie bis zum Morgen fertig werden wollte, aber sie verweilte noch einen Augenblick. Mutter Margali erhob sich von ihrem Stuhl. Sie war nicht groß, hielt sich jedoch kerzengerade, wodurch sie Averil zu überragen schien. Ihre Magie war so rein und ihr Können so groß, dass sie aussah wie eine Glassäule voller Licht. Averil verbeugte sich für den Segen, der jedoch nicht sofort erfolgte. Die Oberste Priesterin legte ihr die Hände auf die Schultern und sagte: »Bist du dir dieser Sache ganz sicher?«
    »Ich muss gehen«, erwiderte Averil.
    Mutter Margali zog eine Braue hoch. »Du hattest eine Vision?«
    Averil zuckte unbehaglich mit den Schultern. »Nein, das nicht, aber ich spüre es, das ist alles.« »Was fühlst du?«
    Averil schaute auf ihre Hände hinab. Sie war ausgebildet für die höchsten Sphären der hohen Magie. Sie sollte keine rätselhaften Vorahnungen haben von Dingen, die geschehen mochten oder könnten oder würden, wenn die Sterne dementsprechend ausgerichtet waren. Erlernte Magie gab sich nicht mit derartigem Unsinn ab, stattdessen verlief alles in perfekt kontrollierten Bahnen.
    Da war eine Wildheit in ihr. Sie kämpfte mit all dem Wissen, das sie erworben hatte, dagegen an, aber es reichte nicht aus. Vielleicht würde es niemals ausreichen.
    Sie schaute in Mutter Margalis Gesicht. Es war weise und gütig. Sie hatte Averil immer gerecht behandelt, wenn nötig mit Strenge, aber auch mit Sanftheit.
    Sie war die Oberste Priesterin der Insel, wo die Kontrolle perfekt war und die Magie eingeschlossen in verzaubertem Glas. Für wilde Magie, Magie ohne Gesetz und Ordnung, gab es keinen Platz in ihrer Welt.
    Averil zwang sich zu einem Lächeln. Es war ein wenig gekünstelt, aber es festigte sich. »Ich habe immer gewusst, dass ich niemals die vollständigen Gelübde ablegen kann. Ich bin die zukünftige Herrin von Lys, keine Priesterin der Insel; meine Bestimmung ist es, in der Welt zu regieren und einen Mann von gleicher oder höherer Herkunft zu heiraten und Nachfolger zu gebären. Ich kenne meine Pflicht, Mutter. Ich hatte nie die Absicht, mich dagegen aufzulehnen.«
    »Das ist wahr«, sagte die Priesterin. »In gewisser Weise ist es schade. Du verfügst über eine große Gabe.«
    »Je größer die Gabe, desto wichtiger ist es, sie zu kontrollieren«, sagte Averil. »Ich wurde gut unterwiesen Wenn ich gehe, trage ich die Insel in meinem Herzen. Ich werde alles im Gedächtnis behalten, was ich hier gelernt habe.«
    »Das weiß ich«, sagte Mutter Margali. »Geh mit meinem Segen, mein Kind, und mit den guten Wünschen der Insel. Wenn du jemals in Not bist, rufe uns. Wir werden
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