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Das Lied des Dunklen Engels

Das Lied des Dunklen Engels

Titel: Das Lied des Dunklen Engels
Autoren: Paul C. Doherty
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Schatzmeisterin des Klosters, die Gewohnheit gehabt, nachts auf der Landzunge spazierenzugehen. Offensichtlich glitt sie bei einem dieser Spaziergänge aus und fand auf den Felsen unterhalb des Weges den Tod.«
    »Und dann«, warf Selditch ein, »sind da natürlich noch die Morde.« Sein gerötetes Gesicht und seine funkelnden Augen legten Zeugnis davon ab, wie sehr er diese Aufzählung der Katastrophen genoß. Er hätte vielleicht auch noch mehr gesagt, aber in diesem Augenblick blies der Verwalter auf seinem Silberhorn, und Diener brachten heiße, mit braunem Zucker kandierte Äpfel, die mit Zimt gewürzt und mit dicker Sahne angerichtet waren, und außerdem Teller mit Konfekt, kandierten Früchten und Marzipan. Gurneys andere Gäste nahmen ihre Unterhaltung wieder auf, und Ranulf stieß seinen Herrn an.
    »Eine schöne Bescherung«, flüsterte er. »Wer hätte gedacht, Herr, daß eine so ehrenwerte Gesellschaft so viel zu verbergen hätte?«
    Lady Cecily spitzte ihre Ohren, um zu lauschen, so daß Corbett zur Antwort einfach nur den Kopf schüttelte. Ich bin nicht überrascht, dachte er, und ließ seinen Blick über die Tafel schweifen. Wo immer Reichtum, Macht und menschliche Schwäche Zusammenkommen, wird man alle Arten von Verbrechen, Vergehen und traurigen Affären finden. Am königlichen Hof verkauften sich hochadelige Damen für eine Gunst, und hohe Geistliche verbargen in Liebesnestern blutjunge Mädchen oder Knaben mit weichen Händen und runden Hintern. Schließlich gingen die Diener wieder. Gurney versuchte die Unterhaltung auf ein anderes Thema zu lenken, indem er Corbett nach den Fortschritten des Krieges in Schottland fragte, aber Selditch, der ziemlich betrunken und übermütig war, brachte die Rede wieder auf die nicht lange zurückliegenden Morde.
    »Der Mord an der Bäckersfrau«, sagte er in herausforderndem Ton, »ist ein Rätsel, daß selbst für Euch schwer zu lösen sein wird, Sir Hugh.«
    »Ich werde Sir Hugh darüber und über die anderen Todesfälle in Kenntnis setzen, wenn ich finde, daß es dafür an der Zeit ist«, sagte Lavinius Monck leise und warnend.
    »Pah!« sagte Selditch nur. »Das ist ein makabres Rätsel. Hier haben wir eine gute Ehefrau, ein hübsches junges Ding: flachsblondes Haar, großer Busen, stattliche Hüften und ein Mund wie ein Engel. Sie verläßt das Haus in der Abenddämmerung unbemerkt von ihrem Ehemann, sattelt das einzige Pferd und reitet hinaus auf die Landzunge. Am nächsten Morgen wird ihre Leiche gefunden. Sie baumelt vom alten Galgen.«
    »Giles, hört auf!« befahl Alice.
    »Nein! Nein!« Selditch hatte die Hand erhoben. »Das Rätsel, Sir
    Hugh, ist folgendes: Obwohl die Erde unter dem Galgen naß und lehmig war, wurden nur die Hufspuren ihres eigenen Pferdes gefunden. Außerdem sahen die Dorfbewohner die Dame zum Dorf zurückreiten, wiewohl nur das Pferd allein wieder zur Bäckerei zurückkehrte.«
    »Stimmt das?« fragte Corbett.
    »Ja, ja«, gab Monck kurz angebunden zu. »Alles scheint darauf hinzudeuten, daß die Frau des Bäckers zum Galgen ritt, sich erhängte und dann irgendwie ihr Pferd zum Rand des Dorfes zurückritt.«
    »Dann ist da noch der Tod Eures Getreuen«, warf der Doktor hinterhältig ein.
    »Ach ja, der arme Cerdic.« Monck lächelte säuerlich. »Er brach von hier am Spätnachmittag auf. Am nächsten Morgen wurde sein geköpfter Leichnam am Strand gefunden. Sein Kopf war auf einen Pfosten gespießt. Wieder gab es keine Fuß- oder Hufabdrücke und keinerlei Spuren einer Auseinandersetzung.«
    »Genug!« Gurney schlug mit der Faust auf den Tisch und schaute warnend zu Selditch hinüber. »Hugh, Ihr habt Euch in Swaffham vom König getrennt?«
    »Ja. Er und der Hof waren auf dem Weg zum Schrein der Jungfrau in Walsingham.«
    »Und anschließend?«
    »Der König bleibt möglicherweise in dieser Gegend, oder er reist weiter nach Norwich oder Lincoln.«
    Corbett bemerkte Gurneys flehenden Blick und lenkte die Unterhaltung von den Morden auf den Klatsch des Königshofes. Selditch ließ sich jedoch nicht so leicht von seinem Thema abbringen. Ranulf machte den Fehler, etwas über die Tinte an den Fingern des Arztes zu sagen. Selditch hielt sie bewundernd hoch.
    »O ja«, sagte er, »ich bin mehr Gelehrter als Medikus. Ich suche die Gelehrsamkeit«, er warf sich in die Brust, »nicht das schnöde Gold.« Er lächelte Corbett kokett an. »Der König sollte in diesem Landstrich auf der Hut. sein«, fügte er noch hinzu.
    Monck seufzte
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