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Das Lied des Dunklen Engels

Das Lied des Dunklen Engels

Titel: Das Lied des Dunklen Engels
Autoren: Paul C. Doherty
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persönlich hier erscheinen. Sie werden den Schatz und Eure beiden Gefangenen aus dem Kerker, die Pastoureaux, mitnehmen. Beiden wird vermutlich in London der Prozeß gemacht. Ich zahle übrigens das Kreuz auf Moncks Grab«, fügte er noch hinzu.
    Gurney wehrte ab. »Nein, nein.«
    Corbett bestand jedoch darauf und nahm mehrere Münzen aus seinem Geldbeutel. »Einen Stein für Monck, ein Kreuz für den Geistlichen und Messen für ihre Seelen.«
    Das Mahl war kurz darauf beendet. Zurück in ihrem Zimmer, erzählte Ranulf angeregt, was er tun würde, wenn er wieder in London war.
    Corbett hörte nur mit halbem Ohr zu. Er legte sich aufs Bett und zog sich die Decken bis unters Kinn. Aus dem einen oder anderen Grund ging ihm Amelia Culpeper nicht aus dem Sinn. Er dachte an den einsamen Galgen auf dem Kliff und stellte sich die junge Frau vor, wie sie die Arme um ihren Liebhaber schlingt und nicht bemerkt, wie dieser ihr die Schlinge um den Hals legt. Oder hatte sie es in letzter Sekunde doch bemerkt, sich aber in ihr Schicksal ergeben?
    Am nächsten Morgen kleidete Corbett sich eilig an. Er frühstückte und verabschiedete sich von Gurney und Lady Alice. Gefolgt von einem ziemlich schweigsamen Ranulf, dem die Exzesse des Vorabends noch in den Knochen steckten, ritt er das Kliff entlang. Der Morgen war ruhig, die Wolkendecke war aufgerissen, und die schwache Sonne glitzerte auf den Wogen. Am Galgen blieb Corbett stehen. Er schaute zu dem Querbalken mit seinem häßlichen rostigen Haken hoch.
    »Was ist los, Herr?« fragte Ranulf mürrisch. »Und warum reiten wir nach Bishop’s Lynn?«
    »Denk doch mal, Ranulf, alle diese Morde, diese grausame Intrige. Weißt du, wer mir am meisten leid tut? Die Frau des
    Bäckers, Amelia. Sie hatte mit alldem nichts zu tun, liebte nur diesen Schuft Augustine über alles.« Corbett drehte sich zu Ranulf um. »Er hatte einen Schatz, der wenigen von uns je zuteil wird, warf ihn aber für die Aussicht auf einige Truhen mit Silbergeschirr und einige Beutel Goldmünzen weg.«
    Der Wind machte sein Pferd nervös. Corbett tätschelte ihm den Hals, ließ den Galgen jedoch nicht aus den Augen.
    »Ich habe Sir Simon gebeten, den Galgen zu verbrennen«, sagte er leise. »Er hat eingewilligt. Er wird hier ein Kreuz aufstellen, das Reisende dazu auffordert, für den Seelenfrieden von Amelia Culpeper zu beten.«
    »Ich wette, er ist eher traurig, daß er den Schatz verloren hat«, entgegnete Ranulf und ritt auf gleiche Höhe mit Corbett. »Der fette Arzt sah so aus, als hätte er eine Silbermünze verloren und nur einen Penny wiedergefunden!«
    »Oh, sie werden schon die Belohnung bekommen, die ihnen zusteht«, sagte Corbett. »Sir Simon kennt das Gesetz. Der Schatz wurde auf seinem Besitz gefunden. Er hat außerdem versprochen, über den Abendmahlskelch im Kloster den Mund zu halten.«
    »Das war es dann wohl«, sagte Ranulf.
    »Wirklich?« fragte Corbett. »Denkst du das wirklich, Ranulf? Nein, nein, wir sind wie Richter, die sich nach dem Richterspruch erhoben haben. Lady Alice wird nie wieder die gleiche wie früher sein, und die Dorfbewohner werden die Angelegenheit auch nicht so leicht vergessen, besonders Father Augustine nicht. Fulke, der Gerber, wird seine Tochter Marina nie vergessen, der arme Fourbour nie seine Frau. Und Gilbert, die treue Seele, wird sich bis ans Ende seiner Tage fragen, warum die Leute, die seine Mutter ertränkt haben, ihm jetzt auf die Schulter klopfen und ihm das Ale in der Schenke bezahlen. Lady Cecily wird sich überlegen, was sie die ganze Sache gekostet hat, und das wird Sir Simon ebenfalls tun. Schließlich und endlich sind alle mit dem Zauber des Goldes in Berührung gekommen.«
    »Aber wir haben den Schatz doch gefunden«, unterbrach ihn Ranulf.
    »Nein! Wir sind nur auf die Hälfte von Alan of the Marsh gestoßen. Wo hat Holcombe den Rest versteckt? Sag mir das!« Corbett schaute übers Moor, über dem noch der graue Frühnebel hing. »Ein Teil des Schatzes ist immer noch hier. Solange sich die Leute an ihn erinnern, werden sie suchen.« Corbett schaute ein letztes Mal auf den Galgen und bekreuzigte sich. »Was soll’s, laß uns nach Bishop’s Lynn reiten!«
    »Warum ausgerechnet dorthin?«
    »Ich möchte mit dem Müller über seine Tochter sprechen. Ich möchte ihm sagen, daß auch er einen sehr wertvollen Schatz besaß.«
    Corbett gab seinem Pferd die Sporen. Hinter ihnen knirschte der Galgen, als der Wind, den man den Dunklen Engel nannte, von See über das
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