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Kuess mich, geliebter Scheich

Kuess mich, geliebter Scheich

Titel: Kuess mich, geliebter Scheich
Autoren: Sandra Marton
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PROLOG
    Königreich Dubaac, Frühsommer:
    Der Himmel war strahlend blau; die Sonne glänzte wie geschmolzenes Gold.
    Unter ihren unbarmherzigen Strahlen saß eine kleine Gruppe von Männern bewegungslos auf ihren Pferden, umfangen von der endlosen Stille der Wüste.
    Alle Augen waren auf den Reiter gerichtet, dessen Hengst ein wenig abseits von den anderen stand. Die rechte Hand des Mannes steckte in einem derben Lederhandschuh, an dem sich ein mächtiger Falke festkrallte. Der Kopf des Vogels war mit einer Kappe bedeckt.
    Nach einer Weile löste sich ein Reiter aus der Gruppe und trieb sein Pferd an die Seite des Mannes mit dem Falken.
    „Es ist an der Zeit, Tariq“, sagte der Reiter sanft.
    Der Angesprochene nickte. „Ich weiß.“
    Sein Vater hatte recht, doch dieser letzte Gruß an seinen toten Bruder war mindestens so bedrückend wie Sharifs Beerdigung.
    Wer hätte gedacht, dass ihm dieser alte Brauch so zu Herzen gehen würde? Tariq war zwar in Dubaac aufgewachsen, doch er lebte schon seit vielen Jahren nicht mehr hier. Er war ein moderner, hochgebildeter, urbaner Mann, und dies war nicht mehr als eine symbolische Geste …
    „Tariq?“
    Er nickte. Der Falke flatterte nervös mit den Flügeln, denn er spürte, dass ihm gleich die Kappe abgenommen werden würde.
    Tariq hob den Arm in Richtung Himmel. Sein Profil war mindestens ebenso elegant wie das eines Falken.
    „Sharif, mein Bruder“, sprach er mit rauer Stimme. „Ich schicke Bashashar zu dir. Mögt ihr beiden gemeinsam für immer die Weite des Himmels über unserem Heimatland erkunden.“
    Er zögerte kurz, dann entfernte er die Kappe, die den Kopf des Vogels bedeckte, und schwang den Arm nach vorn, worauf der Falke die Flügel ausbreitete und sich in die Luft erhob.
    Keiner der Männer sprach oder bewegte sich. Erst nach einer ganzen Weile räusperte sich der Sultan.
    „Es ist getan“, erklärte er heiser.
    Tariq nickte. Noch immer schaute er in den Himmel, wo der Vogel allmählich den Blicken entschwand.
    „Ja, Vater.“
    „Dein Bruder ruht jetzt in Frieden.“
    Tut er das, fragte sich Tariq. Er wollte es glauben, doch Sharifs Tod war immer noch viel zu frisch. Ein Routineflug. Es hatte Tage gedauert, um nach dem Absturz und der darauf folgenden Explosion das zu finden, was von seinem Bruder übrig geblieben war …
    „Er war ein guter Sohn“, sagte der Sultan ruhig.
    Tariq nickte.
    „Er wäre unserem Volk ein guter Anführer gewesen. Jetzt ist er tot, und wir müssen unsere Pläne für die Zukunft neu überdenken.“
    Tariqs Kiefer verkrampfte sich. Natürlich hatte er gewusst, dass dieser Moment kommen würde, aber nicht so schnell. Andererseits – warum sollte er das Unvermeidliche aufschieben?
    „Ich verstehe, Vater.“
    Der Sultan seufzte. „Wir dürfen keine Zeit verlieren, mein Sohn.“
    Tariq schaute seinen Vater besorgt an. „Bist du krank?“
    „Nur wenn das Alter eine Krankheit ist“, erwiderte der Sultan gelassen. „Aber Sharifs Tod ist der beste Beweis, dass das Schicksal jederzeit zuschlagen kann. Du bist jetzt mein Erbe, Tariq. Ich zittere bei dem Gedanken, dass dir etwas zustoßen könnte …“
    Mehr brauchte er nicht zu sagen.
    Die Last der Thronfolge war Tariq zugefallen. Um die ununterbrochene Linie seiner Familie auf dem Thron von Dubaac fortzusetzen, musste er heiraten und einen Sohn zeugen.
    Wenn Sharif doch nur verheiratet gewesen wäre und Kinder gehabt hätte …
    Wenn Sharif doch nur noch lebte, dachte Tariq und spürte eine ungewohnte Feuchtigkeit in seinen silbergrauen Augen.
    „Ich werde tun, was getan werden muss.“
    Der Sultan lächelte schwach. „Das ist gut. Komm jetzt. Wir wollen zum Palast zurückreiten und das Andenken an deinen Bruder feiern.“
    „Reite schon mal mit den anderen voraus. Ich … ich möchte eine Weile allein sein.“
    Der Sultan zögerte. Doch schließlich wendete er sein Pferd und bedeutete seinen Männern, ihm zu folgen. Sie ritten genauso davon, wie sie gekommen waren – in respektvollem Schweigen.
    Tariq stieg aus dem Sattel. Er tätschelte den Hals seines Hengstes und blickte nochmals in den Himmel hinauf.
    „Wegen dir, Sharif“, sagte er ruhig, „muss ich jetzt eine Ehefrau finden.“ Er lächelte. Wenn sein Bruder ihn hören konnte, würde er diese Art Neckerei verstehen. Von frühester Kindheit an hatten sie eine innige Verbundenheit geteilt. „Und wie soll ich das anstellen, hm? Wo soll ich sie suchen, Sharif? Hier im Staatenbund? Oder in Amerika? Was meinst
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