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Das Leuchten der schottischen Wälder

Das Leuchten der schottischen Wälder

Titel: Das Leuchten der schottischen Wälder
Autoren: Christa Canetta
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Draußen vor der Tür bat er: „Entschuldige meine Mutter, aber wenn etwas nicht nach ihrem Willen geht, ist sie unausstehlich. Wir fahren jetzt nach Berwick und besuchen meinen Vater. Ohne meine dominante Mutter in der Nähe ist er ganz erträglich.“
    Sie erreichten Berwick am späten Nachmittag. Patrick kannte die Stadt im nördlichsten Zipfel von Northumberland und konnte Lena sicher zu dem großen Hospital am nördlichen Ende der Stadt dirigieren.
    Nach der Anmeldung wurden Patrick und Lena in ein kleines Besucherzimmer gebeten, und gleich darauf wurde der Earl in einem Rollstuhl zu ihnen gefahren.
    Charles, Earl of Archestown, freute sich über den Besuch, das sah man ihm an. Als der Krankenpfleger den Raum verlassen hatte, sagte er fröhlich: „Der Infarkt war die einzige Möglichkeit, das Schloss zu verlassen.“ Dann reichte er Lena die Hand. „Herzlich willkommen, auch wenn ich Ihnen hier keinen Komfort anbieten kann.“
    „Spielst du etwa nur den Kranken?“, fragte Patrick vorwurfsvoll.
    „Nein, nein, so ein perfekter Schauspieler bin ich dann doch nicht, mein Arzt hat ein bisschen nachgeholfen bei der Glaubwürdigkeit. Ich musste einfach mal raus aus dem Kasten.“
    „Aber du hast uns allen einen gehörigen Schrecken eingejagt. Wie geht es dir wirklich?“
    „Nun ja, etwas Ruhe ist angesagt. War ein bisschen viel in letzter Zeit. Deine Mutter ist eine sehr ehrgeizige Frau, und was sie selbst nicht erreichen kann – schließlich ist sie zu ihrem Kummer eben nur eine Frau –, das muss dann jemand anderes schaffen. Und da du nicht verfügbar bist, bin ich das eben.“
    „Mutter ist manchmal unerträglich.“ Patrick erzählte von dem kurzen Besuch im Schloss und stellte ihm endlich Lena vor, die sich bisher im Hintergrund gehalten hatte.
    „Nett, dass Sie mitgekommen sind und sich um meinen Sohn kümmern. War wohl nicht leicht, mit den verletzten Augen?“
    Patrick erzählte ihm von der Behandlung und von den gemeinsamen Plänen mit Lena. Der Earl hörte still zu. Schließlich unterbrach er seinen Sohn. „Dir ist aber bewusst, dass du eines Tages Archestown übernehmen musst?“
    „Ja, das weiß ich, aber bis dahin möchte ich mein Leben so leben, wie es mir gefällt.“
    Der Earl sah seinen Sohn prüfend an. „Bist du wirklich glücklich?“
    „Jetzt ja. Mit dieser Frau an meiner Seite wird alles gut.“
    „Schön, wenn man das sagen kann. Du hast ein komfortables Leben gegen die Einsamkeit jenseits der Eulenwälder getauscht, ich hatte damals nicht den Mut zum eigenen Willen. Trotzdem, irgendwann wirst du zurückkommen müssen. Du hast Pflichten, die dir niemand abnehmen kann.“
    „Das weiß ich, und du kannst mit mir rechnen. Aber bis dahin bestehe ich auf meinen Freiheiten.“
    „Lord Winnester in Edinburgh ist mein langjähriger Anwalt. Wende dich mit allen Fragen an ihn, er arbeitet vollkommen in meinem Sinn. Mit ihm habe ich vor ein paar Monaten mein Testament erarbeitet. Du bist nach meinem Tod mein einziger Erbe, Patrick, kann ich mich darauf verlassen, dass du dieses Erbe antrittst und nach meinem Willen verwaltest?“
    „Ich weiß, worin meine Pflicht besteht. Aber was ist mit Mutter, angenommen, sie überlebt dich?“
    „Für sie ist selbstverständlich gesorgt. Aber sie wird Archestown verlassen und zu ihrer Familie nach Glasgow zurückkehren. Das ist besprochen.“
    „Und damit war sie einverstanden?“
    „Sie hat keine andere Wahl. Ich weiß, wie schwer ein Leben an ihrer Seite ist, und ich möchte das niemandem zumuten.“ Er reichte Lena die Hand. „Sie an der Seite meines Sohnes zu wissen, beruhigt mich ungemein. Da sollten Steine, die auf dem Weg liegen, beizeiten weggeräumt werden.“ Er sah seinen Sohn fragend an. „Wo und wie wirst du, werdet ihr, leben?“
    Patrick erzählte ihm von Lenas Farm Paso Fernando , von ihrer Arztpraxis und der Alpakaherde, die er übernehmen würde, von der Schönheit der Gegend und von den guten Beziehungen zu seinen früheren Mitarbeitern. „Ich bin dort zu Hause. Ich bin dort nicht der angehende Earl und nicht der vermögende Schlossherr, ich bin ein Freund und Kollege, und darauf bin ich stolz, Vater.“
    „Nun ja“, erwiderte der Earl lächelnd, „eine Alpakaherde kann man sehr tiergerecht verfrachten und verschicken, ein Schloss mit einer Grafschaft natürlich nicht.“ Er räusperte sich. „Kann ich wenigstens mit einer wunderschönen Hochzeit auf Archestown rechnen, Patrick?“
    „Nein, Vater. Broadfield ist zwar nur
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