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Das Labyrinth des Maal Dweb

Das Labyrinth des Maal Dweb

Titel: Das Labyrinth des Maal Dweb
Autoren: Clark Asthon Smith
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jeglichen Ermessens sind die Mysterien der Zeit. Selbst ich, der Priester und Eingeweihte, bewandert in den geheimen Lehren des Aforgomon, weiß allzu wenig über jenen kaum merklichen, doch unentrinnbaren Prozess, durch den das Jetzt zum Gestern wird und das Morgen ins Jetzt übergeht. Seit jeher hat der Mensch sich den Kopf zermartert über das Rätsel von Dauer und Vergänglichkeit, hat vergeblich zu ergründen versucht, wohin die verfließenden Tage, die verrinnenden Zeitalter entweichen. Einige stellten sich vor, dass die Vergangenheit unverändert weiter besteht und zur Ewigkeit gerinnt, sobald sie aus unserem sterblichen Gesichtskreis entschwindet. Andere hingegen glaubten, die Zeit sei eine Treppe, die Stufe um Stufe hinter dem, der sie erklimmt, zusammenfällt und hinabstürzt in einen Abgrund aus kosmischer Leere.
    Doch wie auch immer es sich damit verhält – ich weiß, dass sie, die jetzt neben mir stand, jene Belthoris war, die noch kein Schatten des Todes gestreift hatte. Die Stunde war frisch geboren, entsprossen einer goldenen Jahreszeit, und die kommenden Minuten waren geschwängert mit all den Überraschungen und Wundern, die eine noch unberührte Zukunft uns verhieß.
    Meine Geliebte überragte von Gestalt die zarten, geradwüchsigen Lilien des Gartens. In ihren Augen lag der Saphirglanz mondloser Abende, die besät sind mit winzigen, goldfunkelnden Sternen. Eigentümlich war der Schwung ihrer Lippen, doch in ihrem Lächeln malten sich nur Frohsinn und Glück.
    Schon seit unserer Kindheit hatte man uns einander anverlobt, und die Zeit der Vermählungsrituale stand dicht bevor. Gemäß der Sitte jener Welt war unser Umgang miteinander völlig ungezwungen. Belthoris kam häufig hierher, um Seite an Seite mit mir in meinem Garten zu lustwandeln und den Altar jenes Gottes zu bekränzen, dessen Monde und Sonnen auf ihren Umlaufbahnen schon bald unseren Frühling der Seligkeit herbeiführen sollten.
    Selbst den Faltern, die uns auf hauchzarten, goldbestäubten Flügeln umtaumelten, konnte nicht so unbeschwert zumute sein wie unseren Herzen. Dem Alltag sorgenfrei entrückt, entfachten wir unsere ausgelassene Laune zu einem Rausch aus Wonne und Lust. Den bunten, sonnenwärts strebenden Blüten waren wir verschwistert, oder den pfeilschnell schwirrenden Insekten, und unsere gen Himmel sich schwingenden Seelen wurden eins mit den hundertfältigen Düften, die von der warmen Luft zum Firmament hinaufgetragen wurden. Unsere Ohren schienen taub für das machtvolle Brausen der großen Stadt Kalood, die sich jenseits meiner Gartenmauern erstreckte. Für uns gab es den bevölkerungsreichen Planeten namens Hestan nicht mehr … nur wir beide allein existierten in einem Universum aus Licht in einem Himmel voller Blüten.
    Von Liebe entflammt in jenen Momenten höchster Harmonie, schienen wir an die Ewigkeit zu rühren – und sogar ich, der Priester des Aforgomon, gedachte nicht mehr der Tage, in deren Ablauf Blumen verblühen, und nicht mehr der Äonen, während derer ganze Galaxien vergehen.
    Und da, betört vom Hochgefühl der Liebe, verstieg ich mich zu dem Schwur, dass weder Tod noch Zwietracht den vollkommenen Gleichklang unserer Herzen jemals trüben sollten. Und sobald wir den Altar geschmückt hatten, suchte ich die seltensten, die köstlichsten Blumen: grazil geformte Kelche mit Blättern rot wie Wein, der durch eine Becherwand aus Perlmutt schimmert, oder blau wie eine Mondnacht oder schneeweiß mit Rändern, gewölbt wie purpurne Lippen. Und unter Lachen und Küssen flocht ich sie ein in Belthoris’ schwarze Lockenflut und erklärte dabei, nun solle ein anderes Heiligtum als jenes derzeit seine gebührende Opfergabe empfangen.
    Zärtlich und zeitvergessen, wie es Liebenden eigen ist, verweilte ich bei meinem Tun. Ich war noch ganz darin vertieft, da taumelte neben uns ein großer, blutrot gefleckter Falter zu Boden, dessen Flügel sich auf seinem luftigen Tanz durch den Garten verletzt hatten. Belthoris, weichherzig und mitfühlend von Natur, machte sich von mir los, hob den Falter auf und barg ihn in ihren Händen. Dabei lösten sich mehrere der leuchtenden Blüten aus ihrem Haar, doch es war ihr egal. Tränen stürzten aus ihren tiefblauen Augen. Und als sie erkannte, dass der Falter unheilbar verletzt war und nimmermehr fliegen würde, da blieb jede Tröstung vergebens. Nicht länger mehr ging sie ein auf mein leidenschaftliches Werben. Ich, der ich mich nicht ganz so sehr um den Falter grämte wie
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