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Das Labyrinth des Maal Dweb

Das Labyrinth des Maal Dweb

Titel: Das Labyrinth des Maal Dweb
Autoren: Clark Asthon Smith
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unbekannten Elementes zu verkörpern, welches mich umgab.
    Mit einem Gefühl bestürzender Vertrautheit erblickte ich die unscharfen, in ständigem Wandel begriffenen Bilder, die jenes ruhelose Medium an mir vorübertrug. Fernöstliche Tempel, auf deren Gepränge aus Bronze und Gold das Sonnenlicht gleißte, wichen spitzen, dicht gedrängten Giebeln und Turmdächern mittelalterlicher Städte, gefolgt von tropischen Dschungeln und nordischen Wäldern. Gleich Luftspiegelungen, die der Wüstenwind mit sich trägt, flogen die Trachten und die Menschentypen des Morgenlandes, Persiens, des alten Roms und Karthagos an mir vorbei. Jede der aufeinanderfolgenden Szenen gehörte einer noch älteren Epoche an als die vorangegangene – und ich wusste, dass jede davon einem meiner früheren Leben entstammte.
    Trotz allem auch weiterhin an mein heutiges Ich gefesselt, betrachtete ich diese Erinnerungsbilder, die umso deutlicher wurden, je länger ihre Prozession andauerte, und schließlich sogar räumliche Tiefe gewannen. Ich erblickte mich selbst als Krieger und als Troubadour, als Edelmann und Kaufherrn und Bettler. Ich erbebte unter längst vergangenen Ängsten, ich fand mich beflügelt von längst erloschenen Hoffnungen und erschauderte unter längst versiegten Wonnen. Mich zogen Bande voran, die Tod und Vergessen schon lange zerrissen hatten. Dennoch ging ich nie völlig auf in einer jener früheren Inkarnationen: Nur zu gut wusste ich nämlich, dass die Erinnerung, auf die es mir ankam, zu einem noch älteren Ich aus einer weitaus früheren Epoche gehörte.
    Der Strom der Trugbilder hielt an, und ein unbeschreiblicher Taumel ergriff mich; mir schwindelte angesichts der gewaltigen Ausdehnung und Dauer all dieser Daseinszyklen. Es war, als hätte ich, der Zuschauer, mich in ein graues Land verirrt, wo selbst die unbehausten Geister sämtlicher verflossener Epochen spukten auf ihrer ewig währenden Flucht vor dem Vergessen, ins Vergessen.
    Die Mauern von Ninive, die Säulen und Türme namenloser Städte, vor meinem Blick erstanden sie auf und sanken dahin. Meine Augen erblickten die fruchtbaren Ebenen, in denen sich jetzt die Wüste Gobi ausdehnt. Die im Meer versunkenen Hauptstädte von Atlantis erhoben sich wieder in alter Herrlichkeit. Ich blickte auf die üppigen, wolkenverhangenen Landschaften der frühesten Kontinente. Eine kurze Zeit lang durchlebte ich noch einmal die Anfänge menschlichen Lebens auf Erden – und wusste zugleich, dass das Geheimnis, das sich mir offenbaren würde, sogar noch weiter zurückreichte.
    Zum Schluss verloren meine Traumbilder sich in schwarzer Leere … Doch selbst inmitten dieser Leere, im Lauf endloser Äonen, schien ich noch immer zu existieren, gleich einem blinden Atom im kosmischen Raum zwischen den Welten. Rings um mich herrschten das Dunkel und das Schweigen jener Nacht, die der Erschaffung der Erde vorausgingen. Die Zeit floss rückwärts, lautlos wie der traumlose Schlaf …
    Dann wurde es hell – urplötzlich herrschte allseits Licht. Ich stand im strahlend hellen Glanz des Tages, umgeben von den majestätisch aufragenden Blütengewächsen eines weitläufigen Gartens, hinter dessen hohen, weinumrankten Mauern ich das undeutliche Raunen der großen Stadt Kalood vernahm. Über mir standen in ihrem Frühlingszenit die vier kleinen Sonnen, die den Planeten Hestan beschienen. Juwelengleich schillernde Insekten umschwirrten mich und ließen sich ohne Scheu auf den prächtigen, in Gold und Schwarz gehaltenen und mit astronomischen Zeichen durchwirkten Gewändern nieder, die mich umhüllten.
    Neben mir erhob sich ein Altar, der die Form einer Sonnenuhr aufwies. Seine in mehrere Abschnitte unterteilte Skalenscheibe aus Achat trug die gleichen Symbole eingraviert, die meine Robe schmückten. Es handelte sich um die Zeichen des furchtbaren und allmächtigen Herrn der Zeit, des Gottes Aforgomon, dem ich als Priester diente.
    Ich besaß nicht die mindeste Erinnerung an meine Existenz als John Milwarp. Für mich war der endlose Reigen meiner irdischen Leben etwas, das es nie gegeben hatte – oder das es erst in ferner Zukunft geben würde. Kummer und Verlorenheit erfüllten mein Herz wie Leichenasche eine Urne, und all die Farben und Düfte des Gartens, der ringsum erblühte, ließen mich die Tristesse allen Todes nur noch deutlicher empfinden. Finster starrte ich auf den Altar und haderte mit Aforgomon, stieß halblaute Lästerungen gegen den Gott aus, der mir in seinem unergründlichen
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