Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Labyrinth des Maal Dweb

Das Labyrinth des Maal Dweb

Titel: Das Labyrinth des Maal Dweb
Autoren: Clark Asthon Smith
Vom Netzwerk:
wieder und wieder fieberhaft durch, bis mir die Augen schmerzten von den feurigen Runen. Geblendet schloss ich die Lider. Aber auch jetzt noch sah ich die Schrift auf dem Hintergrund einer rötlichen Finsternis brennen, so lesbar wie zuvor und sich windend gleich Höllengewürm.
    Hohl tönend, als schlüge eine weit entfernte Glocke, drang Atmox’ Stimme an mein Ohr: »Ihr kennt nun, Calaspa, den unaussprechlichen Namen jenes einen, dessen Beistand allein Euch die entflohenen Stunden zurückbringen kann. Und Ihr kennt nun den Wortlaut der Beschwörung, mittels derer diese verborgene Macht sich heraufrufen lässt. Und Ihr wisst auch um das Opfer, das sie verlangt. Ist nun, da Ihr Euch über all dies im Klaren seid, Euer Herz noch immer unverzagt, Euer Entschluss noch immer unbeugsam?«
    Der Name, den ich in dem Grimoire gelesen hatte, gehörte der wichtigsten kosmischen Gegenmacht zu Aforgomon. Die Beschwörungsformel und die erforderliche Opfergabe entstammten einem ruchlosen Dämonenkult. Dennoch besann ich mich keinen Augenblick lang, sondern bejahte Atmox’ düstere Frage fest entschlossen und furchtlos.
    Atmox erkannte meine finstere Entschlossenheit. So neigte er das Haupt und gab den Versuch, mich umzustimmen, auf. Ich hingegen tat, wie mir vom Hexenbuch geheißen. Ich entweihte den Altar des Aforgomon, indem ich Staub und Speichel auf seine wichtigsten Symbole schmierte. Unter Atmox’ schweigenden Blicken schnitt ich mir mit dem nadelspitzen Sonnenuhrzeiger des Altars tief in eine Ader meines rechten Arms. Das austretende Blut verspritzte ich in lückenloser Folge über jeden in die achatene Scheibe eingravierten Himmelsabschnitt, über jeden eingravierten Himmelskörper. Ich brachte das schändliche Blutopfer dar und intonierte dabei zu Ehren Xexanoths, des Lauernden Chaos, mit laut vernehmbarer Stimme ein furchtbares Ritual, indem ich dem Gott der Zeit geweihte Litaneien rückwärts und in verkehrter Reihenfolge herunterbetete.
    Noch während ich diese Beschwörung sprach, schien es mir, als umwebten schmutzige Schattenschleier die vier Sonnen, und der Boden begann zu erbeben wie vom Tritt titanischer Dämonen, die mit Riesenschritten aus den Abgründen des Kosmos heraufstampften und ihren Fuß auf den Weltenrand setzten. Die Gartenmauern und die Bäume wogten wie Spiegelungen auf dem windgewellten Wasser eines Teichs, und mir selbst schwindelte vor Schwäche nach dem Verlust meines Blutes, das ich bei der Dämonenbeschwörung vergossen hatte.
    Danach erfassten quälende Stöße und Erschütterungen jede Faser meines Fleisches, jeden Nerv meines Gehirns – es war wie das Schwanken von Städten im Epizentrum vernichtender Erdbeben oder wie das Zerbröckeln von Küsten unter dem Ansturm brodelnder Meere. Unaufhörlich wurde mein gemartertes Fleisch zerrissen, mein gefoltertes Gehirn geschüttelt, während die lautlosen Dissonanzen mich durchfegten auf ihrem Sturmritt von Abgrund zu Abgrund.
    Ich strauchelte, und mein innerstes Wesen geriet ins Wanken. Nur undeutlich, wie aus weiter Ferne, vernahm ich Atmox’ Anweisungen. Doch noch undeutlicher kam mir der Klang meiner eigenen Stimme vor, die dem Xexanoth Antwort gab und den Namen der gottlosen Nekromantie aussprach, die sich ganz allein durch seine Macht bewirken ließ. In meinem Wahnsinn flehte ich zu Xexanoth, mir den Gesetzen der Zeit und ihrem unveränderlichen Ablauf zum Trotz nur eine einzige Stunde jenes verflossenen Herbstes zu gewähren, den ich vereint mit Belthoris verbracht hatte. Eine ganz bestimmte Stunde erflehte ich hingegen nicht, erinnerte ich mich doch aller von Belthoris’ Gegenwart versüßten Stunden als gleichermaßen glückerfüllt und wonnevoll.
    Die Worte auf meinen Lippen erstarben. Sogleich war es mir, als durchflatterte Finsternis die Luft wie ein gewaltiger Fittich. Die vier Sonnen erloschen, das Herz stand mir still wie im Tod. Dann kehrte das Licht zurück. Doch nun waren es die schräg einfallenden Strahlen milden, spätherbstlichen Sonnenscheins. Atmox’ Schatten neben mir schien ebenso verschwunden zu sein wie Atmox selbst, und der gravierte Altar aus Achat wies weder Blutspritzer auf noch sonst eine Entweihung. Ich selbst, Belthoris’ Geliebter, stand unbeschwert vom Wissen um künftige Reue und Verdammnis mit meiner Braut vor dem Altar und sah glückerfüllt zu, wie ihre jugendfrischen Hände seine uralte Skalenscheibe mit den Blumen schmückten, die wir gemeinsam im Garten gepflückt hatten.
    Entsetzlich jenseits
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher