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Das kommt davon, wenn man verreist

Das kommt davon, wenn man verreist

Titel: Das kommt davon, wenn man verreist
Autoren: Barbara Noack
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mit der Kieler Firma noch nicht fest geklappt hätte, sich aber
in der nächsten Woche entscheiden würde. Dann käme er erst einmal nach Berlin
zurück.
    »Es wird Zeit, dich wiederzusehen, Alte«, sagte
er.
    Und Rieke sagte: »Bob, ich muß mit dir sprechen.«
    »Aach...«, meinte er gedehnt, »du hast
>Bob< zu mir gesagt.«
    »Es war ein Versehen, Sixten.« So plump hatte
sie es ihm wirklich nicht beibringen wollen. Außerdem war Bob nicht schuld am
Ende ihrer Beziehung, er war nur noch dazugekommen; Bob, der nichts mehr von
sich hören ließ.
    Er rief nicht an und reagierte auch nicht auf
ihren Brief, in dem sie ihm geschrieben hatte, sie wäre zu der Erkenntnis
gekommen, ihn genug zu lieben, um Mexico City nicht lieben zu müssen. Und
vielleicht könnte sie drüben Nützlicheres leisten, als alte Möbel zu
restaurieren.
    Es war wie früher, Bob meldete sich einfach
nicht mehr.
     
    Die herrschaftliche Bruchbude war nun leer bis
auf Frau von Arnim in der Beletage und Rieke im 2. Stock.
    Vor wenigen Nächten hatten Betrunkene auf ihrem
Heimweg mehrere Scheiben im Erdgeschoß eingeschlagen — das war immer der erste
Weg zum Schafott. Ehe man ein altes Haus liquidierte, warf man ihm die Augen
blind.
    Daraufhin hatte Frau von Arnim eine
Schreckschußpistole gekauft und an geheimen Orten im Garten und Hausflur Knüppel
deponiert, nach denen man im Notfall greifen konnte, sofern man sich
rechtzeitig an sie erinnerte.
    So ein Ernstfall bot sich eines Abends, als
Rieke im letzten Dämmerlicht nach Hause kam. Sie hörte schon im Vorgarten
Plumpsacks Schimpfen — er bellte sich selber Mut zu.
    Irgend etwas im Haus stimmte nicht. Rieke griff
sich deshalb den Knüppel aus dem Gießkannenversteck im Erdgeschoß und zitterte
mutig die Treppe hinauf. Vor ihrer Wohnungstür saß jemand.
    Sixten war wieder da.
    Sie kannte die Schuhe, die einzig sichtbar aus
dem Dämmer herausragten.
    Beim zweiten Hinsehen erinnerte sie sich, daß
sie zwar die Schuhe kannte, sie aber nicht Sixten gehörten.
    Die Schuhe gehörten Bob.
    Rieke brach beinahe das Herz vor Glück.
    Er stand auf und sagte:
    »Ich dachte schon, du kommst nie mehr!« und nahm
sie in die Arme.
    Ausgerechnet er mußte das sagen; er, der sich
seit Wochen nicht gerührt hatte. Aber Hauptsache, er war jetzt da, wirklich und
wahrhaftig da, fühlte sich an wie Bob, klang wie Bob, sah aus wie Bob, roch so
gut wie Bob... Irgendwann sagte er: »Plumpsack randaliert die ganze Tür
kaputt.«
    »Macht nichts, die wird auch abgerissen.«
    »Trotzdem, könnte man sie vielleicht auf
schließen und ein bißchen hineingehen?«
    Bob sammelte ihre Briefe von der Türschwelle,
nahm seine Reisetasche und eine Duty-free-Tüte voll mit Champagner auf.
    Er hatte ein großes Fest mit ihr vor. Rieke
konnte fünf weichgewordene Salzstangen und ein Joghurt dazu beisteuern.
    »Wovon lebst du eigentlich? Nie hast du was da,
wenn ich komme«, stellte er fest.
    »Sag du mir lieber, woher du jetzt kommst. Ich
habe dich erst in zwei Jahren erwartet. Und bis dahin hätte ich eingekauft.
Vielleicht auch Kochen gelernt. Wie lange hast du Zeit?«
    Bob setzte sich auf den nächstliegenden Tisch
und zog sie zu sich heran.
    »Ich geh’ nicht mehr zurück. Ich habe gekündigt.«
    »Gekündigt?! In heutiger Zeit?«
    »Das hat mein Vater auch gesagt. Nun ist er böse
und Isabella auch. Der Zorn auf mich hat sie wenigstens vorübergehend versöhnt.
Ein seltsames Paar: Sie können nicht mit-, aber noch weniger ohne einander.
Pepe läßt dich grüßen.«
    Riekes Lippen feierten Wiedersehen mit all
seinen Sommersprossen. Dabei fragte sie: »Wie ist das alles so plötzlich
gekommen?«
    »Erstens gefiel es mir nicht mehr ohne dich«, er
tippte ihr dabei auf die Nasenspitze, »und zweitens, Mädchen, ich war zu lange
von drüben fort. Ich finde mich da heute genauso ungern zurecht wie Pepe in
Europa. Also habe ich meine drei Mark vom Konto geholt, meine Siebensachen
gepackt und den nächsten Flieger nach Deutschland genommen. Und das alles ohne
Job!
    >Rieke Birkow kommt mit Sixten,
    zieht jedoch per Los den Bob, ach verflixten,
    denn nun hat sie schon den zweiten ohne Job.<
    Und der hat Durst!«
    Während er den warmen Champagner entkorkte,
blätterte sie kurz ihre Post durch. Ein Brief von Sixten war dabei. Sie öffnete
ihn und erschrak: »Mit Kiel hat es wieder nicht geklappt. Ach, das ist doch —
der arme Kerl! Er tut mir so leid. Um den müssen wir uns kümmern, hörst du! Den
können wir jetzt nicht einfach
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