Das Kommando
vom Landungssteg auf die Mole. Die Nacht war sternklar und die frische Luft über dem Mittelmeer angenehm mild. Er fühlte sich durch Davids Ermordung belebt und freute sich auf das, was der Abend noch bringen würde. Sicher würden sich seine Vettern das Videoband, auf dem zu sehen war, wie Zhong den impertinenten Palästinenser erdrosselte, mit Hingabe ansehen. Ihnen allen war er unausstehlich gewesen. Prinz Omar hatte ihn ursprünglich gut leiden können, doch seine Maßlosigkeit und sein unverschämtes Wesen hatten ihn allmählich abgestoßen, seine missbilligenden Blicke und seine fortwährende Weigerung, sich an seinen Sexspielchen zu beteiligen, waren ihm immer unerträglicher geworden. Er war lediglich ein Palästinenser und damit in der Hackordnung der arabischen Stämme ganz unten. Dass David seinen Platz in dieser Gesellschaft offensichtlich nicht akzeptieren konnte und immer mehr Geld haben wollte, hatte Prinz Omar seine Handlungsweise erleichtert. Ganz davon abgesehen, würde er jetzt sehr viel besser schlafen, im Bewusstsein, dass der Mann seine Geheimnisse nicht an die falsche Seite verraten würde.
Rapp sah zu, wie der massige Araber in seinem glitzernden Anzug über die Hafenmole watschelte. Sein hünenhafter chinesischer Leibwächter ging vor ihm, wobei er aufmerksam in alle Richtungen spähte. Unwillkürlich musste Rapp an einen Suchscheinwerfer denken, der von einer Festungsmauer aus Ausschau nach Gefahren hält. Er hatte die Überwachungsberichte der Briten gelesen und nach einer schwachen Stelle gesucht. Auf dem Schiff wäre es schwierig gewesen, da gab es zu viele Menschen und so gut wie keine festen Abläufe. Irgendjemand machte sich ständig hier und da zu schaffen. Eine andere Möglichkeit war die Herrentoilette des Casinos oder der große Salon im Hotel, in dem die Leute feierten. Es gab mehrere Möglichkeiten, die Rapp hätte nutzen können, aber er hatte wenig Zeit, und wer sich unter Druck setzen lässt, begeht leicht Fehler. Das Ergebnis eines solchen Fehlers konnte in seinem Beruf sein, dass ein anderer als das ausersehene Opfer ums Leben kam, wenn man damit nicht sogar eine internationale Krise auslöste. Zum Glück bot sich ihm eine ganz einfache Möglichkeit wie auf dem Präsentierteller.
Er handelte keineswegs ohne Auftrag, auch wenn der Präsident nicht wusste, was er gleich tun würde. Das entsprach Rapps Absicht, denn bei solchen Unternehmungen war es das Beste, ihn und seine Mitarbeiter aus allem herauszuhalten, damit ihnen später niemand Vorhaltungen machen konnte. Er und Kennedy waren der Ansicht, man müsse den Saudis dringend eine Botschaft zukommen lassen, der sich unübersehbar entnehmen ließ, dass sie es künftig besser unterließen, den Terrorismus nach Lust und Laune zu finanzieren, als handele es sich dabei um ein Steckenpferd, das man in seiner Freizeit pflegt.
Über seinen Ohrhörer verfolgte er, was Scott Coleman auf die Berichte seiner Leute erwiderte. Für ihn waren das bloße Hintergrundgeräusche. Von dort, wo er stand, konnte er den dicken Omar und Zhong deutlich sehen. Die anderen hielten sich als Eingreifreserve bereit; sie sollten den örtlichen Polizeifunk abhören und die Aufgabe für ihn zu Ende führen, falls sein Vorhaben nicht gelang. Allerdings war er fest entschlossen, es nicht so weit kommen zu lassen.
Jetzt kam Zhong an der Luxuslimousine an. Zwar waren es bis zum Casino nur wenige hundert Meter, doch sorgte Devon LeClair dafür, dass der Wagen rund um die Uhr bereitstand. Der Fußweg über die lange Mole war für den Prinzen schon anstrengend genug. Bevor Zhong die Tür öffnete, sah er sich ein letztes Mal um und richtete den Blick aufmerksam auf eine Gruppe Jugendlicher auf der anderen Straßenseite. Als der Prinz zum Einsteigen bereit war, hielt er ihm die Tür auf und half ihm auf den Rücksitz. Anschließend zwängte er sich ebenfalls in den Wagen, was angesichts seiner Statur nicht einfach war. Dann zog er die Tür hinter sich ins Schloss.
Die erste Kugel traf ihn in die Stirn, ebenso die zweite. Wegen des Schalldämpfers sah man statt des Mündungsfeuers kaum mehr als einen Funken. Von einem leichten Rucken seines Kopfes abgesehen, saß er reglos wie ein steinernes Standbild aufrecht da, die offenen Hände auf die Knie gelegt. Er hatte nicht einmal den Bruchteil einer Sekunde Gelegenheit zu begreifen, was da geschah. Eigentlich keine schlechte Art zu sterben.
Prinz Omar würde es weniger gut haben. Alle Türschlösser des Wagens
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