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Das Kommando

Das Kommando

Titel: Das Kommando
Autoren: Vince Flynn
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ließ, würde er die letzten Schritte seines Plans verwirklichen können.
    Mit einem leisen Seufzer sah David über die Windschutzscheibe der Barkasse zu der riesigen Yacht hinüber, die am Rand des Hafenbeckens vor Anker lag. In seiner Vorstellung waren sie und ihr Eigner nahezu ununterscheidbar. Beide waren monströs, beide wollten die Aufmerksamkeit eines jeden Menschen auf sich lenken, der in ihre Nähe geriet, und beide konnten sich nur dadurch über Wasser halten, dass sich eine große Zahl Menschen unermüdlich um sie kümmerte. An manchen Tagen fragte sich David, ob es möglich wäre, die Uhr zurückzudrehen und noch einmal von vorn anzufangen, wenn er einen anderen Geldgeber als diesen fände. Er reiste viel, und da es in seinem Beruf, wenn man das so nennen konnte, von Nachteil war, Dinge schriftlich zu fixieren, hing er ständig in Gedanken seinen früheren Entscheidungen wie auch der Frage nach, auf welche Weise sie sich auf seine nächsten Schritte auswirken mochten. Bei jeder Bahnfahrt und auf jedem Flug spulte sich in seinem Inneren fortwährend eine Liste von ›Was wäre, wenn?‹ ab.
    In gewisser Hinsicht waren all diese Gedankenspiele hypothetisch. Er war inzwischen so tief in die Sache verstrickt, dass er gar nichts mehr ändern konnte. Prinz Omar war sein Geschäftspartner, und widerwillig musste David sich eingestehen, dass er sich alles in allem an ihre Abmachungen gehalten hatte, zumindest, was die finanzielle Seite anging. Während die protzige Yacht mit jeder Sekunde riesiger wurde, beschlich David erneut das unbehagliche Gefühl, dass er gegen seinen Willen in den Bannkreis des Prinzen gezogen wurde. Der Mann war wie eine verbotene Droge: in geringen Dosen verführerisch und verlockend, doch konnte sie, im Übermaß genossen, Körper und Seele vollständig zugrunde richten, wenn man nicht Acht gab.
    Da die über hundert Meter lange Yacht die Sonne verdeckte, während der Barkassenführer neben ihr längsseits ging, machte sich die Morgenkühle wieder bemerkbar. David sah, dass sich auf seinem Arm eine Gänsehaut bildete. Hoffentlich hatte das lediglich mit der Temperaturveränderung zu tun und war nicht etwa ein böses Vorzeichen. Zwar hatte ihn Prinz Omar aufgefordert, um zwei Uhr zum Lunch und zu Drinks zu kommen, doch dachte David, der viel zu tun hatte, nicht im Traum daran, einen ganzen Tag in Monaco zu vertändeln. Zwar würde das dem Prinzen mit Sicherheit nicht gefallen, doch wie die Dinge lagen, konnte er nicht viel mehr tun als wütend aufstampfen und sich beschweren.
    David steckte dem Barkassenführer einen 100-Euro - Schein in die Brusttasche und sprang dann, ohne zu warten, bis das Boot angelegt hatte, behände auf das unterste Achterdeck der Yacht. Dort fielen ihm sogleich fünf weiße Müllsäcke auf. Mit Sicherheit enthielten sie die Abfälle der Feier vom Vortag. Selbst in der kühlen Morgenluft nahm er den Geruch von Wein und Bier wahr, der ihm neben dem nach Gott weiß was für Substanzen entgegenwehte. Es war anzunehmen, dass sich der Prinz in ziemlich übler Verfassung befand.
    Von irgendwo über sich hörte er eine Stimme: »Sie kommen früh.«
    Er erkannte den französischen Akzent im Englisch des Mannes und sagte: »Tut mir leid, Devon.« Als er den Blick hob, sah er neben Devon LeClair, dem kriecherischen Oberfaktotum des Prinzen, dessen allgegenwärtigen Leibwächter Zhong.
    LeClair runzelte die Stirn. »Sie werden warten müssen.«
    David stieg nach oben, ohne den Mann im Anzug aus den Augen zu lassen, der einen elektronischen Organizer mit Lederhülle in der Hand hielt, was ihn eher wie den Verwaltungsdirektor eines Kreuzfahrtschiffes erscheinen ließ als wie den vermutlich am höchsten bezahlten persönlichen Diener auf der Welt.
    Lächelnd sagte David: »Sie sehen heute Morgen gut aus, Devon.« Er schlug ihm auf die Schulter und fügte hinzu: »Ich nehme an, dass Sie sich am Treiben der vergangenen Nacht nicht beteiligt haben.«
    LeClair verdrehte dramatisch die Augen. »Davon halte ich mich grundsätzlich fern. Schließlich muss irgendjemand nüchtern bleiben, damit die Dinge weiter ihren Gang gehen.«
    »Stimmt.« Fast hätte ihn David gefragt, wie die Feier war, doch dann überlegte er es sich anders. Wenn er lange genug dablieb, würde ihm der Prinz die ausschweifende Orgie ohnehin vorführen wollen, die er höchstwahrscheinlich für die Nachwelt auf Video aufgenommen hatte.
    »Werden Sie lange bleiben?« Der Mann hielt den Stift über den Bildschirm
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