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Das Kommando

Das Kommando

Titel: Das Kommando
Autoren: Vince Flynn
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eine ganze Ladung von Flüchen folgte. Der Schmerz war so entsetzlich, dass er sich fragte, ob das Bein noch da war. Er sah über die Schulter, um sich zu vergewissern.
    Gerade als er Irv erreichte, begann die Schlacht richtig zu toben. Die an Bord des Schnellboots befindlichen schweren MGs vom Kaliber .50 richteten im Dschungel verheerende Zerstörungen an. Donnernd schlugen die Geschosse in Baumstämme, es regnete Blätter, Äste brachen ab. Als dann noch 40-mm-Granatwerfer mit ihren Salven in das infernalische Konzert einstimmten, hörte das Feuer des Gegners fast vollständig auf. Offensichtlich waren alle in Deckung gegangen.
    Devolis rief Irvs Namen und griff nach seiner Schulter. Als er ihn auf den Rücken drehte, sah er, dass ein Gemisch aus Sand und Blut eine Seite seines Gesichts bedeckte. Der Unterkiefer hing lose herab, und die Augen starrten leblos zum Firmament. Eine Kugel hatte ihn in die Stirn getroffen. Als ihm die Endgültigkeit des Geschehenen klar wurde, überlief es Devolis einen Augenblick eiskalt, doch erinnerten ihn mehrere Kugeln, die unmittelbar vor ihm in den Sand schlugen, daran, dass jetzt nicht der richtige Augenblick war, den Tod seines Kameraden zu betrauern. Er musste sich schnellstens zurückziehen. Er packte Irv an seinem Gurtzeug und schleifte ihn, auf dem unverletzten Bein humpelnd, dem Meer entgegen. Gleichzeitig forderte er seine Leute auf, sich zu melden, was einer nach dem anderen tat. Als er mit großer Mühe bis zum Wasser gelangt war, warf er einen Blick auf das Schlauchboot. Es war so zerschossen, dass es nicht der Mühe wert war, es zu bergen. Während er sich vom Uferstreifen entfernte und Irv hinter sich herzog, drang das warme Salzwasser schmerzhaft in die Schusswunde ein. Er gab seinen Leuten den Befehl, das Schlauchboot zurückzulassen und dem Mark V entgegenzuschwimmen. Er selbst blieb in etwa eineinhalb Meter Wassertiefe stehen und wartete, bis alle seine Männer an ihm vorüber waren. Nach wie vor bestrich das Schnellboot das Unterholz mit seinen Maschinengewehren, bis von der Gegenseite nur noch hier und da ein einzelner Schuss fiel. Mit letzter Kraft schwamm Devolis mit einem Arm der Sicherheit des Bootes entgegen, wobei er den toten Kameraden mit sich zog. Er bemühte sich, nicht an den Schmerz zu denken, und lenkte sich mit der Frage ab, wie es dazu hatte kommen können, dass sie in diesen Hinterhalt geraten waren.

03
    Der Mann saß im Heck der Motorbarkasse, die von der Mole ablegte. Sein öligschwarzes Haar wehte im Fahrtwind wie eine Löwenmähne, und seine dunkle Haut hob sich deutlich von seinem weit geschnittenen weißen Hemd und seiner schwarzen Ray-Ban-Sonnenbrille ab. Die Sonne stand hoch über dem Mittelmeer. Am Ufer, in Monte Carlo, wo sich die Superreichen zu ihrem Vergnügen trafen, sah es wieder nach einem vollkommenen Tag aus. Während der gut aussehende Mann die Arme über die Rückenlehne der weißen Ledersitzbank hängen ließ und die Sonne auf sein markantes Gesicht hinabschien, sah er aus wie auf einem Bild aus einem Reisemagazin oder wie jemand aus einer Urlaubs-Werbebroschüre. Für ihn allerdings würde die kurze Fahrt durch das Hafenbecken alles andere als erholsam sein. Statt eine kleine Verschnaufpause vom Alltag zu machen, stand er im Begriff, sich mitten in die Arbeit zu stürzen. Den Mann, den er aufsuchen wollte, verabscheute er aus tiefstem Herzen, und zu allem Überfluss unternahm er den Besuch nicht aus eigenem Antrieb, sondern er erfüllte einen Auftrag. Der Name des Mannes in der Barkasse war David, einfach David, ohne Nachnamen. Er hieß nicht wirklich David; es war ein Name, den er sich vor Jahren während des Studiums in den Vereinigten Staaten zugelegt hatte. Er leistete ihm gute Dienste in einem Metier, bei dem es darauf ankam, genau das richtige Maß zwischen Unauffälligkeit und Großtuerei zu finden. Er verstand sich auf die Kunst des Überlebens, war er doch in einer Umgebung aufgewachsen, die von Gewalttätigkeit und Hass beherrscht wurde. Auf irgendeine Weise war es ihm bereits in jungen Jahren gelungen, beidem die Stirn zu bieten. Indem er seine Gefühle beherrschte, statt sich von ihnen treiben zu lassen, war es ihm möglich gewesen, einen Weg durch das Minenfeld seiner Jugend zu finden, um größeren Aufgaben entgegenzureifen. Jetzt, mit vierunddreißig Jahren noch vergleichsweise jung, stand er kurz davor, die Welt zu verändern. Wenn er erreichte, dass ihm der Mann, zu dem er unterwegs war, seinen Willen
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