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Das Karussell der Spitzbuben

Das Karussell der Spitzbuben

Titel: Das Karussell der Spitzbuben
Autoren: Wolfgang Ecke
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Uhr 24 legte Ben Potrigh, der Chefkassierer, die letzten Banknotenbündel in den Diplomatenkoffer. „Das wär’s, Sir!“ sagte er und schnappte den Deckel zu.
    11 Uhr 28 betrat der Weißhaarige die Telefonzelle innerhalb der Schalterhalle.
    11 Uhr 31 verließ er diese Telefonzelle wieder und strebte der Außentür zu. Als er sie erreichte — es war genau 11 Uhr 32 — ertönte ein schriller Pfiff, und zwei Zivilisten stürzten sich auf ihn, während zwei uniformierte Polizisten von außen durch die Tür drangen und sich dem Handgemenge anschlossen. Im Hintergrund aber stand Percy Oldwin Martin. Seinem Gesicht sah man an, was er innerhalb der letzten zwanzig Minuten durchgemacht hatte.

    Und hier nun die Aufgabe für alle tüchtigen Detektive unter euch. Setzen wir voraus, daß die Zeitbombe keine Attrappe war und daß sie wie angekündigt reagiert hätte. Wie war es dann dem Bankdirektor gelungen, noch rechtzeitig die Polizei zu alarmieren?

Fall 50: Mit Vollgas ins Pech

    7 Uhr 15.
    Ein unfreundlicher, grauer, wolkenverhangener Morgen. Einer der Tagesanfänge, wo einem schon das Aufstehen schwerfällt.
    Im Münchner Stadtteil Obermenzing ging Wachtmeister Eisl Fußstreife.
    Eduard (von seinen Kollegen Eddi genannt) Eisl gehörte zu jenen Beamten, die sich auch durch eine gehörige Portion Freundlichkeit im Dienst auszeichneten, ohne dabei weniger tüchtig als die anderen zu sein. Bei Eduard Eisl gab es selten ein lautes Wort. Nur in einem Fall kannte er weder Erbarmen noch Nachsicht. Das war, wenn er jemanden entdeckte, der alkoholisiert am Steuer saß oder dorthin wollte. Und er hatte eine verdammt feine Nase für solche Sünder.
    So war ihm bald nach Dienstantritt jener VW mit Hamburger Kennzeichen aufgefallen, der frech mitten im Halteverbot stand und dessen Fahrer mit dem Kopf über dem Lenkrad hing.
    Wachtmeister Eisl klopfte zum zweiten-, zum dritten-und sogar zum viertenmal gegen die Scheibe. Jedesmal ein wenig heftiger. Als auch auf sein viertes Klopfen keine Reaktion erfolgte, öffnete er beunruhigt die Tür. Er tat es langsam und vorsichtig. Und ebenso langsam rutschte ihm der Mann entgegen.
    Vom erwarteten Alkoholdunst keine Rede, und blitzschnell durchfuhr den Beamten der schreckliche Verdacht, der Mann könne tot sein.
    Als er plötzlich ein leises Stöhnen hörte, atmete er erleichtert auf. Vorsichtig schob er den Körper zurück, zog den Schlüssel aus dem Zündschloß und drückte die Tür zu.
    Von einer gegenüberliegenden Bäckerei aus rief er auf dem Revier an und bat um die Entsendung eines Streifen- und eines Notarztwagens.
    Als er zu dem Hamburger PKW zurückkehrte, hatte sich bereits eine Zuschauertraube gebildet, die nur eines verband: grenzenlose Neugier. Es waren wie immer jene schlagzeilenhungrigen Damen und Herren, die im Augenblick über viel Zeit verfügten. Würde man sie jedoch um irgendeine Hilfeleistung bitten, hätte es der Großteil dieser sensationsgierigen Betrachter „äußerst eilig“.
    Und Wachtmeister Eisl kannte diese besondere Art von Leuten. Er zückte sein Notizbuch und rief laut: „Sie alle sind Augenzeugen. Ich werde mir jetzt Ihre Adressen notieren. Kennt jemand den Mann im Auto?“
    Stummes Kopfschütteln reihum. Eisl wandte sich einem hageren Herrn zu, der sich fast das Nasenbein an der Seitenscheibe des VW brach. „Darf ich um Ihren Namen bitten?!“
    Der Hagere fuhr zurück, lüpfte hastig den Hut, murmelte: „Ich weiß von nichts!“ und hastete davon.
    Eine Minute später hielten sich die Neugierigen in sicherer Entfernung.
    Da endlich näherte sich aus der Entfernung das Sirenengeräusch des Notarztwagens.

    Nach einer Stunde wußte man schon einiges mehr. So zum Beispiel, daß der Mann Olaf Christensen hieß, in Hamburg-Bergedorf wohnhaft war und als Hauptkassierer in einem Hamburger Supermarkt arbeitete. Wie die Ärzte ermittelten, war sein augenblicklicher Zustand auf die Einnahme einer Überdosis eines starken Schlafmittels zurückzuführen.
    Es würde noch Stunden dauern, stellten die Mediziner fest, bis man sich mit ihm unterhalten könnte.

    Kurz nach 10 Uhr tickte der Fernschreiber eine Meldung durch, aus der hervorging, daß Olaf Christensen im Verdacht stand, die Tageseinnahme des Vortages veruntreut zu haben.
    Endlich, kurz nach 16 Uhr, war Christensen vernehmungsfähig. Und er gab folgendes zu Protokoll:
    „Es war ein Abend wie jeder andere. Nachdem alle Kassen abgerechnet waren, packte ich das Papiergeld in die Geldbombe und ging zum
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