Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das juengste Gericht

Das juengste Gericht

Titel: Das juengste Gericht
Autoren: Udo Scheu
Vom Netzwerk:
mitgeteilt, dass sie bedaure. Sie werde sich um ein paar Minuten verspäten.« Krawinckel schaute aus einem der Fenster, die zur Außentreppe zeigten. Bei den Fahrzeugen, die jetzt nacheinander die rondellartige Auffahrt zu seinem Wohnhaus nahmen, handelte es sich nahezu ausschließlich um Nobelkarossen. Die Scheibenwischer waren durchgängig in Hochbetrieb, da es seit dem Morgen unaufhörlich schüttete. Zwei livrierte Bedienstete nahmen die Gäste an den Autotüren mit Hotelschirmen in Empfang und geleiteten sie trockenen Fußes bis in den Eingangsbereich. Dort wartete inzwischen Kellermann, um die Besucher zu Krawinckel zu begleiten, der nun Aufstellung vor den mit weißen Damasttüchern gedeckten Stelltischen genommen hatte und jeden persönlich begrüßte.
    Weitere Bedienstete in schwarzer Hose und gold-weißer Jacke schlenderten umher und boten auf silbernen Tabletts reihum Getränke an. Nach und nach bildeten sich kleine Grüppchen, die sich über Belanglosigkeiten unterhielten.
    Ein Mann im dunkelblauen Anzug mit schütterem Haar schlich sich an Krawinckel heran. »Sie sehen aus wie das blühende Leben. Als würden Sie gerade Ihren vierzigsten Geburtstag feiern.«
    Krawinckel klopfte ihm auf die Schulter. »Danke, mein lieber Müller-Algesheim. Sehr freundlich, aber übertrieben. Bestenfalls gesund gelebt und gut gehalten. Sechsundfünfzig Jahre alt werde ich in diesem Jahr. Da muss man sehen, wo man bleibt.«
    Müller-Algesheim senkte die Augenlider. »Bei dieser Gelegenheit – dürfte ich Sie in den nächsten Tagen einmal aufsuchen? Es gibt da in meiner Bank ein kleines Problem. Wir sind offenbar im Immobilienbereich hereingelegt worden. Keine ausreichenden werthaltigen Sicherheiten für unsere Kredite, Sie verstehen?«
    Ein heiseres Lachen grub eine Vielzahl kleiner Fältchen in das von der Sonnenbank gleichmäßig gebräunte Antlitz Krawinckels. »Ihre Nöte stehen Ihnen im Gesicht geschrieben. Außerdem sind Sie schon Thema in der Branche. Kommen Sie trotzdem. Rufen Sie an und überlegen Sie vorher gut, was Sie mir für eine etwaige Stützaktion als Gegenleistung zu bieten haben. Und jetzt entschuldigen Sie mich bitte. Ich muss mich noch ein paar anderen Freunden widmen.«
    Krawinckel steuerte schnurgerade auf einen Mittvierziger in einem nachlässig aufgebügelten grauen Zweireiher zu. »Herr Minister, wie schön, dass Sie es einrichten konnten. Es ist mir eine Ehre.«
    Der Minister nahm das Kompliment mit der Haltung eines elder statesman entgegen. »Wenn die Zeit es zulässt, immer gerne, lieber Krawinckel. Da wir gerade so nett beieinander stehen, will ich Ihnen eine kleine Information zukommen lassen. Wir haben ein paar Veranstaltungsund Ausstattungsideen entwickelt, die das uns entgegengebrachte Wohlwollen stärken könnten. Im Augenblick möchte ich noch nicht präziser werden.« Er lachte. »Nicht aus Misstrauen Ihnen gegenüber, aber hier ist nicht der Rahmen dafür. Ich darf auf Ihre Unterstützung für ein Sponsoring rechnen?«
    Mit abgeklärter, aber gleichwohl auch geschmeichelter Miene strahlte Krawinckel den Minister an. »Keine Frage! Ich stehe Ihnen wie immer zur Verfügung. Eine Kleinigkeit hätte ich allerdings auch auf dem Herzen. Vielleicht könnte Ihr Büro mit meinem Sekretariat einen Ihnen genehmen Termin abstimmen? Um Ihre Zeit nicht über Gebühr in Anspruch zu nehmen, komme ich gerne in Ihr Büro nach Wiesbaden.«
    Als der Minister gerade seine mit einer Kopfbewegung signalisierte Zustimmung aussprechen wollte, kamen wie schlagartig alle Gespräche an den Stelltischen zu einem Ende. Die Köpfe der Gäste drehten sich in ungeteilter Bewunderung wie an einer Schnur gezogen sämtlich zu dem Treppenaufgang zum Obergeschoss hin.
    Von dort kam mit klappernden Stöckelschuhen eine schlanke Mitdreißigerin in kleinen Schritten nach unten, als trippele sie einen Laufsteg entlang. Mehrmals warf sie dabei ihre wallende blondgelockte Mähne hinter ihre Schultern, die aufgrund der hauchdünnen Träger des kurzen schwarzen Kleidchens fast nackt erschienen. Sie war stark geschminkt. Ihre ebenen Züge, die großen stahlblauen Augen, die leichte Stupsnase und die vollen Lippen präsentierten das Bild einer Schönheit in den besten Jahren.
    Im krassen Gegensatz zu der unauffällig eleganten Kleidung stand der protzige Schmuck, den Ellen Krawinckel trug. Die mit einkarätigen Diamanten besetzte goldene Halskette ergänzten passende Fingerund Ohrringe sowie ein daumenbreites Armband.
    Mit gewohnt
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher