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Das Joshua Gen (German Edition)

Das Joshua Gen (German Edition)

Titel: Das Joshua Gen (German Edition)
Autoren: Andreas Krusch
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Sie meinen neuen Namen?«
    Könnte dieser verfluchte Tag nur so schnell weiterziehen wie das Wasser des Flusses unter mir, war sein einziger Gedanke. »Wir müssen tanken«, sagte er.
    »Und wir müssen Mum anrufen!«
    Sie hatten den Hudson River überquert. Vince fuhr Richtung Manhattan. Er sah die Tankstelle. Die junge Frau griff in ihre Manteltasche und zog ein Handy hervor. »Okay, übernehmen Sie das Tanken, Vince. Machen Sie da draußen keinen Fehler. Und wir beide rufen deine Mutter an. Es soll sich ja niemand Sorgen machen.« Mit der freien Hand reichte die Frau Max das Handy, mit der Waffe in der anderen zielte sie auf den Jungen.
    »Hören Sie endlich auf damit«, flüsterte Vince.
    »Daddy, das gehört doch alles zu dem Spiel, zu der Überraschung für meinen Geburtstag!«
    Vince stieg aus. Sein Kopf war leer. Er betankte den Wagen. Durch das Seitenfenster konnte er sehen, wie sie seinem Sohn das Handy erklärte. Sie lachten. Vince dachte plötzlich an die Tabletten in seinem Handschuhfach. Wenn er jetzt bloß ein paar nehmen könnte, dann würde ihm schon etwas einfallen, dann würde er seinen Sohn da rausholen! Der Tank war voll. Er ging zum Bezahlen. Er ging wie ein Feigling. Marian hatte es immer gewusst. Ständig weichst du aus! Nie redest du! Stell dich endlich deinen Problemen! Tu endlich etwas! Was soll ich denn tun?! Was?!, schrie er ihr verzweifelt in seinen Gedanken entgegen.
    Dann schrie sein Sohn.
    Vince schmiss das Geld auf den Tresen und rannte aus dem Tankstellengebäude. Max winkte ihm wild zu und rief: »Nona wurde entführt! Nona wurde entführt! Die haben sie einfach geholt, Dad! Es waren zwei!«
    Er setzte sich neben den aufgeregten Jungen ins Taxi. Er war ganz ruhig, er lächelte. Miss Trenchcoat war verschwunden, und mit ihr alle Probleme. Bingo.
    »Die Männer haben Nona in einen großen Wagen gezerrt. Da vorne ist er!«
    Vince schaute dem hellgrauen Van nach, so unbeteiligt wie ein Zuschauer einer Kinovorstellung.
    »Dad, wir müssen sie retten! Dad!« Sein Sohn rüttelte heftig an seinem Arm.
    Der Van entfernte sich rasch. Seine Scheiben waren so dunkel wie ihre Augen. Vince starrte hinein, sah sie nass vom Regen einsam auf einer Kreuzung stehen, sah sie zitternd vor einer Wand voller Fotos und Blut, sah sie auf der Rückbank seines Taxis, blass, allein. Und hörte ihr Flüstern. Ich brauche Hilfe. Bitte helfen Sie mir.
    Er seufzte. Also gut.
    »Schnall dich an, Max.«
    »Retten wir jetzt Nona?«
    »Wir werden es versuchen.«
    Vince startete den Motor und fuhr mit quietschenden Reifen von der Tankstelle.
    »Du bist super, Dad! Das ist wirklich die beste Geburtstagsüberraschung der Welt! Wenn Mum das bloß sehen könnte!«
    »Hast du ihr etwa am Handy davon erzählt?«
    »Nur dass wir in einem Rollenspiel mitspielen, hab ich ihr gesagt.«
    Ein Rollenspiel. Gut. Vince ließ seinen Sohn in dem Glauben und gab mehr Gas. Der hellgraue Van war schon nicht mehr zu sehen.
    »Hatten die Männer Waffen?«
    »Ich weiß nicht mehr, es ging so schnell, aber deine Pistole hat Nona hier gelassen.« Max griff zwischen die Sitze. »Hier ist sie.«
    Vince’ Herzschlag verdoppelte sich. »Sei bloß vorsichtig, die ist kein Spielzeug!« Er nahm seinem Sohn die schwere Halbautomatik ab, schob sich die Waffe in den Hosenbund und gab wieder Gas. »Und jetzt halt dich fest!«
    Max sah den Van. Sie holten zu ihm auf. Sein Vater lenkte und hupte wie der Teufel. Doch der Verkehr wurde dichter, staute sich. »Verdammt!«
    »Im Kino nehmen die Verfolger immer eine Abkürzung, Dad.«
    Vince nickte und bog links ab. »Und das tun wir jetzt auch, Partner. Wir umfahren diesen Stau – und dann schnappen wir sie uns!« Das Taxi schoss aus der 88. Straße auf den Broadway. Fast begann die Sache, Spaß zu machen. Vince riss das Steuer herum, raste nach Süden, Richtung Columbus Circle. »Kümmere dich nicht um das Gehupe, mein Junge, auf dem Broadway ist genug Platz. Vertraue Mr. Taxi!« Er lachte. Er fühlte sich nicht länger ohnmächtig. Es war wie ein Rausch. Er hatte Macht. Er hatte einen Plan. Er hielt den Wagen auf der Markierung zwischen den Fahrspuren. Links wichen die entgegenkommenden Autos aus. Hupen ertönten, Scheinwerfer blendeten auf. Er gab noch mehr Gas. »Wir sind gleich durch, Max, Ecke 81. Straße geht’s zurück. Festhalten!« Mit schlingerndem Heck und durchdrehenden Reifen bogen sie wieder vom Broadway ab.
    Max war blass geworden, doch seine Augen strahlten. Er war stolz auf seinen Vater.
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