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Das Joshua Gen (German Edition)

Das Joshua Gen (German Edition)

Titel: Das Joshua Gen (German Edition)
Autoren: Andreas Krusch
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stieß sie um, der Kuchen mit der Kerze fiel zu Boden.
    »Kate!« Ben sprang aus seinem Schlafsack und rannte rufend über den Strand davon. »Kate!«
    »Verdammte kleine Hexe!«, zischte die Rattenkönigin und sah ihm hinterher. »Was findet Ben bloß an dir, du blasses, flachbrüstiges, narbiges Etwas!« Sie zertrat den Kuchen und überließ ihn den hundert Ratten, die hinter ihr warteten wie eine Schleppe aus Pelz.
    Kate war nicht allein gekommen. Die Frau, die sie begleitete, ging leicht gebeugt. Ihre Augen blickten starr, der ausgemergelte Körper steckte in einem zu großen, verdreckten Mantel. Sie trug keine Schuhe. Ben blieb stehen. Diese Frau erinnerte ihn an die wandelnden Leichen von Calverton. Als das fünfte Siegel gebrochen wurde, waren Tote in Scharen aus der Erde des Nationalfriedhofs gekrochen. Noch heute wanderten ein paar von ihnen über Long Island, still und hungrig.
    Kates Lächeln beruhigte ihn. Und die Tasche in der Hand der Frau, deren Haar unter allem Schmutz wohl blond war. Tote trugen keine Taschen mit sich.
    »Hallo«, grüsste Kate. »Wie hast du da draußen geschlafen? Es hat doch geschneit.«
    »Egal, solang Sam lieber draußen bleiben will, werde ich eben mit ihm frieren.«
    Sie drückte zärtlich seine Hand. »Du bist ein guter Mensch, Ben. Deshalb bekommst du heute auch ein ganz besonderes Geschenk zu deinem Dreiundzwanzigsten!« Kate grinste breit und zeigte auf die jämmerliche Gestalt neben sich.
    »Ich verstehe nicht ganz ...«
    »Aber ich, Ben. Die kleine Hexe schenkt dir eine alte, speckige Aktentasche, aber sie war zu faul, sie zu tragen!« Die Rattenkönigin lachte wild. Ihre zehn Zöpfe flogen umher.
    Kate schenkte ihr nur einen unterkühlten Blick, dann lächelte sie wieder Ben an. »Jetzt pass mal auf ...« Sie berührte sanft die Schulter der Fremden mit der Tasche. »Sag uns doch bitte deinen Namen.«
    Die schmutzige Stirn der Frau runzelte sich kurz. Ihr Mund öffnete sich. Ein Schneidezahn fehlte. »Mag, niemals Maggy«, krächzte sie laut. »Mag, niemals Maggy. Mag, niemals Maggy. Mag –«
    »Danke, danke. Das war sehr nett von dir.« Kate strahlte.
    »Ein Papagei in einem Mantel, ist ja toll,«, murmelte Shawny abfällig.
    »Du hättest lesen lernen sollen, anstatt Ratten zu dressieren, dann würdest du es verstehen!«, giftete Kate zurück.
    »Verdammte Hexe! Die Engelfresser sollen dich holen!«
    »Nun hört schon auf«, ermahnte Ben beide und betrachtete nachdenklich die Fremde. Der dämmernde Morgen über dem Atlantik gab ihrem Gesicht etwas Farbe. »Wo hast du diese Frau gefunden, Kate?«
    »An einem Ort, der in dem heiligen Manuskript erwähnt ist, so wie ihr Name ... Sie suchte dort jemanden.«
    »Vince, Vince, Vince, Vince ...«
    Wieder ein Name aus den Schriften! Sie starrten die Frau an. Ben vergaß die eisige Kälte der Nacht, die in seinen Knochen steckte. Konnte es wahr sein? Hatten sie jemanden gefunden, der dabeigewesen war?
    »Was ist in der Aktentasche?«, fragte er Kate.
    »Sie will sie nicht hergeben.«
    »Ich werde kaum Probleme damit haben, Ben.«
    Er hielt die Rattenkönigin fest. »Nein. Wir nehmen diese Frau mit, wir waschen sie, geben ihr zu essen, geben ihr Kleidung. Das wird ihre Tasche öffnen ...«
    Schweigend gingen sie über den Strand zu dem kleinen Feuer zurück, das längst erloschen war. Samuel schlief noch. Er und Ben waren Freunde, doch Natalies Tod hatte Sam verändert. Er suchte nun die Kälte, schlief, aß und lebte seit Wochen in ihr, denn Wärme vertrug Natalies Körper nicht. Sam trug die Tote in einem Rucksack mit sich. Er wollte sie einem Heiligen bringen, der gefallene Soldaten wiedererweckte. Ben war dagegen. Sie wird nicht mehr dieselbe sein, Sam ... Ist mir egal, ich liebe sie! Egal, wie sie sein wird, ich liebe Natty, hast du verstanden?! Ben hatte genickt und Sam versprochen, diesen Heiligen zu finden.
    Er setzte sich zu seinem Freund in den kalten Sand. Samuel schnarchte leise. Er schlief auf der Seite, den rechten Arm um den großen Armeerucksack mit der Leiche seiner Geliebten. Zwei Ratten schnüffelten daran.
    »Pfeif sie zurück, Shawny«, sagte Ben.
    »Reg dich ab, die sind satt, sie hatten ja deinen Kuchen ...« Die Königin der Ratten setzte sich mit ihrem Gefolge abseits in den Sand.
    Er seufzte. »Tut mir leid, dass er runtergefallen ist, okay?«
    Sie antwortete ihm nicht, blickte nur die fremde Frau intensiv an. »Ben, ich glaube, ich kenne den Papagei.«
    »Was? Woher? Sag schon!«, drängte
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