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Das Jesus Video

Das Jesus Video

Titel: Das Jesus Video
Autoren: Andreas Eschbach
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eingehend. Das war hier keine Formsache, das war richtig ernst. So hatte er das noch nie bei einer Flugreise erlebt. Die würden eher den Flug verspätet starten lassen, als bei den Kontrollen großzügig über unklare Punkte hinwegzugehen, und das hatte sicher einen guten Grund. Eisenhardt mußte an die Flugzeugentführungen denken, die er, meist eher nebenbei, mitbekommen hatte. Viele gute Gründe.
    Da hatte er sich ja auf was eingelassen, meine Güte. Sie las das Fax ein zweites Mal, den ganzen vierseitigen Vertrag in überaus juristischem Englisch, und nahm nebenbei den Hörer ihres Telefons ab, wählte eine Nummer, ohne hinzusehen, und sprach mit jemandem in einer kehligen Sprache, die wohl Hebräisch sein mußte. Schließlich gab sie ihm das Papier zurück und nickte, kringelte eine Unterschrift auf ein Formular und gab den Weg frei.»In Ordnung«, sagte sie und richtete ihr geballtes Mißtrauen auf den nächsten in der Reihe, den sie bis zum Beweis des Gegenteils ebenfalls wie einen mutmaßlichen Terroristen behandeln würde.
    Warum reisen Sie nach Israel? Eine verdammt gute Frage.
    Er, ein mäßig erfolgreicher Schriftsteller! Als Berater eines millionenschweren Mediengiganten! Verrückt. Äußerst dubios. Der wahre Grund, erkannte er plötzlich, war, daß er mit den Ratenzahlungen für das Haus im Rückstand war. Weil der Verlag nicht zahlte, der um zwei Ecken herum eben dem Mann gehörte, der ihn engagiert hatte.
    Sie saß da, wo er sie hinhaben wollte: auf dem Rand seines Feldbetts. Dummerweise war sie jedoch angezogen und er halb nackt.
    Stephen hatte geduscht. Wobei die Duschen diese Bezeichnung kaum verdienten — aus ehrfurchtsgebietend aussehenden Duschköpfen sonderten sie nur einen schwach tröpfelnden Strahl ab. Jeder im Lager beklagte sich ständig darüber, daß die Duschen nicht imstande seien, den allgegenwärtigen Staub abzuspülen. Jeder wußte auch, daß es keinen Zweck hatte, sich zu beklagen, weil sich die Duschen bis zum Ende der Grabungszeit nicht verändern würden. Stephen schaffte es mit einem simplen Trick, den er bei den Bewässerungsexperten in Afrika gelernt hatte, sich den Staub trotzdem praktisch vollständig abzuwaschen: indem er einen Schwamm benutzte. Er hatte mit diesem Tip auch nicht hinter dem Berg gehalten, aber soweit er mitbekam, zogen es die meisten immer noch vor, sich zu beklagen.
    »Du bist der einzige Mensch, den ich kenne, der in einem archäologischen Ausgrabungslager ein Jackett dabei hat«, meinte Judith.
    »Ich habe auch noch jede Menge andere außergewöhnliche Eigenschaften«, erwiderte Stephen, der noch dabei war, sich die Haare trockenzurubbeln und mit einem groben Kamm in Form zu bringen. Es tat gut, den Tag hinter sich und einen angenehmen Abend vor sich zu wissen. Auch die körperliche Anstrengung tat gut, brachte ihn in Form und ließ ihn seinen Körper besser spüren.
    Die Ausgrabungshelfer wohnten in einigermaßen geräumigen Zelten aus schwerem weißem Segeltuch, die so wirkten, als seien sie von einem Afrikafeldzug der britischen Armee übriggeblieben. Vielleicht waren sie das sogar. Die meisten Zelte waren doppelt belegt; Stephen hatte es jedoch arrangieren können, ein Zelt für sich allein bewohnen zu dürfen, indem er das Gerücht in die Welt setzte, er schnarche nachts fürchterlich und neige überdies dazu, zu schlafwandeln und sich bei der Rückkehr öfter im Bett zu irren — das wollte dann doch keiner riskieren. Infolgedessen hatte er genug Platz, neben Tisch und Stuhl eine übersichtliche Kleiderstange und einen großen Spiegel aufzustellen.
    »Irgendwann erfahr’ ich es ja doch«, wiederholte sie mindestens zum fünften Mal. Es ging immer noch um den Fund, den er gemacht hatte und der, wie es schien, die ganze Unruhe ausgelöst hatte.
    »Du erfährst es heute abend«, sagte Stephen und stieg in seine Hosen. Judith sah ihm ungerührt zu. Sie war vorhin einfach ins Zelt gekommen, während er in der Unterhose dagestanden war, hatte sich auf sein Bett gesetzt und angefangen, ihn wegen des Fundes zu löchern.»Das ist eine lange Geschichte. Wenn ich sie dir erzähle, muß ich sie Yehoshuah noch einmal erzählen, und das ist mir zuviel.«
    »Du willst es nur spannend machen.«
    »Klar. Das auch. Wann kommt dein Bruder?«
    »In einer halben Stunde.«
    Sie hatte etwas Rauhes an sich. Was daran liegen mochte, daß sie mit ihren zwanzig Jahren bereits ihre zwei Jahre Wehrdienst in der israelischen Armee hinter sich hatte. Mit einem gewissen
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