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Das Jahr des Hasen

Titel: Das Jahr des Hasen
Autoren: Arto Paasilinna
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ihm gar nicht erst zu kommen. Außer Klee kommt noch frisches Heu in Frage und Grummet. Straußgras schmeckt ihm, außerdem mag er noch die Wiesenkicher und alle Wickenarten, Bastardklee ist auch geeignet. Im Winter geben Sie Saft von Laubbäumen und auch gefrostete Heidelbeerreiser, falls Sie ihn in der Stadt halten.«
    »Was für eine Pflanze ist diese Wiesenkicher? Ich glaube, die kenne ich nicht.«
    »Aber Wicken kennen Sie?«
    »Ich glaube schon. Das sind Erbsengewächse, sie ha-ben kletternde Ranken wie Erbsen.«
    »Die Wiesenkicher ist der Wicke sehr ähnlich. Sie hat gelbe Blüten, daran erkennt man sie am besten. Ich werde sie Ihnen aufmalen, daran können Sie sich dann orientieren.«
    Kärkkäinen nahm ein Blatt Papier und einen Bleistift und machte sich ans Werk. Ein großer Zeichner vor dem Herrn war er nicht. Seine kräftige Faust konnte den Stift nur mühsam führen, die Spitze drückte sich tief ins Papier und brach mehrmals ab. Es dauerte lange, bis die Konturen der Pflanze zu erkennen waren. Vatanen spähte interessiert auf das entstehende Bild. Kärkkäi­ nen schob das Papier zur Seite, um anzudeuten, daß er seinen Schöpfungsakt ohne Störung beenden wollte.
    »Und dann hat sie diese kleinen gelben Blüten, ver­ flixt, man müßte gelbe Farbe haben, dann wäre es bes­ ser zu sehen. Ich nehme mal die Wasserfarben von meinem Jungen.«
    Kärkkäinen holte Wasser, um das plumpe Pflanzen­ bild farbig auszumalen. Er färbte Stiele und Blätter grün und säuberte sorgfältig den Pinsel, bevor er sich an die gelben Blüten machte.
    »Dies Papier ist ein bißchen zu dünn, die Farbe zer­ läuft.«
    Nach getaner Arbeit schob Kärkkäinen die Malgeräte beiseite und blies die Wasserfarbe trocken. Er betrachte­ te sein Werk gründlich, hielt es weit von sich, um das Ergebnis zu prüfen.
    »Tja, ich weiß nicht, ob Ihnen das Bild viel nützt, aber ungefähr so sieht die Pflanze aus, die frißt er bestimmt gern. Die Ranken sind ein bißchen zu dick geraten, die muß man sich bei den richtigen Pflanzen dünner vor­ stellen. Haben Sie eine Aktentasche? Dann können Sie das Bild reinstecken und brauchen es nicht zu falten.«
    Vatanen schüttelte den Kopf. Kärkkäinen gab ihm ei­ nen großen grauen Briefumschlag, in den die Zeichnung ungefaltet hineinpaßte.
    Vatanen bedankte sich für die Ratschläge. Der Wild­ hüter lächelte verlegen, aber geschmeichelt. Auf dem Hof schüttelten sich die Männer herzlich die Hand.
    Der Taxichauffeur hatte eine halbe Stunde gewartet. Vatanen bat ihn, zum Stadtrand zu fahren, an irgendei­ ne Stelle mit üppigem Pflanzenwuchs. Der rechte Ort war schnell gefunden: ein großes Birkengehölz, das zur Landstraße hin von gelben Butterblumen und Löwen­ zahn gesäumt war.
    Der Chauffeur fragte, ob er beim Blumenpflücken hel-fen könne, die Zeit werde ihm lang, wenn er allein im heißen Auto sitze.
    Eine ausgezeichnete Idee.
    Vatanen gab ihm Kärkkäinens Bild. Es dauerte gar nicht lange, da rief der Mann erfreut aus dem Gehölz, er habe die Wiesenkicher entdeckt. Auch die anderen vom Wildhüter empfohlenen Pflanzen wuchsen auf dem Gelände.
    »Ich habe mich schon immer für Botanik interessiert«, gestand der Taxichauffeur.
    Nach einer halben Stunde hatte jeder der Männer ei­ nen großen Arm voll geeigneter Pflanzen gesammelt. Der Hase fraß bereitwillig davon. Inzwischen ging der Taxi-chauffeur mit einer Radkappe seines Autos zum Hy­ dranten, spülte sie unter dem Hahn ab und füllte sie mit Wasser. Der Hase trank den größten Teil, den Rest teilten sich die beiden ebenfalls durstigen Männer. Anschließend befestigte der Chauffeur die Kappe wieder am Vorderrad seines Autos.
    »Wir können das Grünzeug zu mir bringen, da kann es solange im Flurschrank bleiben, bis Sie ein Hotel-zimmer oder eine andere Unterkunft gefunden haben.«
    In der Stadt hielten sie vor dem Wohnhaus des Taxi-chauffeurs. Beide Männer nahmen die Arme voller Pflanzen, stiegen in den Fahrstuhl und fuhren in die vierte Etage. Die Tür wurde von einer unauffällig wir­ kenden Frau geöffnet, die ein wenig überrascht schien, als sie ihren Mann mit einem Fremden sah, beide die Arme voll duftender Gräser.
    »Helvi, das hier ist das Gras von dem Kunden, wir packen es in den Schrank, bis es wieder gebraucht wird.«
    »Ach du Schreck, wo soll das alles hin?« jammerte die Frau, verstummte aber, als sie den erbosten Blick ihres Mannes sah. Vatanen bezahlte die Fahrt. Bevor er ging, bedankte er
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