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Das Jahr des Hasen

Titel: Das Jahr des Hasen
Autoren: Arto Paasilinna
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bei Ihnen nichts zu bestimmen.«
    »Hätte ich längst gemacht, aber der Kommissar ist Fi­ schen gegangen und kommt erst gegen zehn zurück, wenn überhaupt. Leider habe ich jetzt hier das Sagen. In Kuopio haben sie gemeint, wir sollen Sie auf keinen Fall laufen lassen. Wo sollten Sie auch hin, abends und im Regen?«
    »Und wo soll der Hase bleiben?« fragte Vatanen verär­ gert.
    Die Aufmerksamkeit richtete sich wieder auf das Tier, dessen Korb zwecks Geldzählen vom Tisch auf den Fußboden gestellt worden war. Von dort verfolgte der Hase friedlich den Fortgang des Verhörs. Wie sich her­ ausstellte, wurde er nun für die Polizisten zu einem neuen Problem.
    »Ach so…Ja, wohin mit ihm? Wir könnten ihn be­ schlagnahmen und im Wald aussetzen, dort wird er ja wohl zurechtkommen.«
    Vatanen zeigte seine Bescheinigung aus Mikkeli. »Ich habe die offizielle Genehmigung, dieses Tier hal-
    ten zu dürfen, es kann nicht beschlagnahmt oder ge­ setzwidrig im Wald ausgesetzt und mir geraubt werden. Und in die Zelle kann man es nicht sperren, das ist zu ungesund für ein empfindliches Waldtier, es könnte dort eingehen.«
    »Ich kann ihn für die eine Nacht mit zu mir nehmen«, schlug einer der beiden Polizisten vor, aber Vatanen hatte auch gegen diese Lösung einen Einwand.
    »Nur wenn Sie eine Ausbildung für die Betreuung von wilden Nagetieren und auch einen passenden Raum dafür haben, außerdem braucht er als Nahrung unbe­ dingt die Wiesenkicher und viele andere spezielle Pflan­ zen, sonst könnte er an Lebensmittelvergiftung sterben. Sie wären mir gegenüber ersatzpflichtig, falls diesem Hasen etwas passiert, und ich kann Ihnen sagen, so ein Tier ist nicht ganz billig.«
    Der Hase verfolgte das Gespräch und schien Vatanen beizupflichten.
    »Das ist alles viel zu verworren«, rief der Wachhaben­ de. »Ich bin der Meinung, Sie können gehen. Kommen Sie morgen zur Vernehmung, sagen wir um zehn Uhr. Und schaffen Sie den Hasen weg.«
    »Sei doch nicht verrückt«, warnten die beiden Polizi­ sten. »Was soll Laurila sagen, wenn er das erfährt? Und was weißt du von diesem Mann, denk an sein vieles Geld! Er hat nicht mal ein Auto, wer weiß, wo er her­ kommt. Und ob es überhaupt Vatanen ist!«
    »Ja… Also, gehen Sie noch nicht. Ich muß überlegen. Ein Mist, daß der Kommissar fischen gegangen ist. Hat jemand was zu rauchen?«
    Vatanen bot eine neue Runde Zigaretten an. Wieder rauchten alle. Lange Zeit sprach niemand ein Wort.
    Schließlich sagte einer der beiden Polizisten zu Vata­ nen: »Verstehen Sie uns nicht falsch. Wir haben nicht das geringste gegen Ihre Person, aber auch die Polizei hat ihre Regeln. Wenn Sie zum Beispiel nicht diesen Hasen hätten, wäre alles viel einfacher. Betrachten wir die Situation mal aus unserer Sicht: Woher sollen wir wissen, ob Sie nicht einen Mord begangen haben, ehe sie aus Helsinki weg sind… Und dann haben Sie viel­ leicht den Verstand verloren und treiben sich jetzt unbe­ rechtigt hier herum, was ja auch der Fall ist, sind also eine unberechenbare, gefährliche Person.«
    »Red kein Blech«, sagte der Wachhabende. »Hier geht es doch nicht um Mord!«
    »Aber es könnte, theoretisch! Ich sage ja nicht, daß es so ist, aber es könnte immerhin sein!«
    »Da könnte ich genausogut ein Mörder sein«, schnaubte der Wachhabende. Er drückte die Zigarette aus, warf dem Hasen einen wütenden Blick zu und meinte schließlich: »Wenn wir es nun so machen, daß Sie trotzdem hierbleiben? Meinetwegen bloß hier im Wachraum… Solange, bis ich in zwei, drei Stunden den Kommissar anrufen kann. Und dann regeln wir die Sache. Sie könnten hier auf der Liege schlafen, falls Sie müde sind. Wir können auch Kaffee kochen, alles in Ruhe angehen. Was halten Sie davon?«
    Vatanen willigte ein.
    Der Korb mit dem Hasen wurde auf die Liege gestellt, die sich hinten im Wachraum befand und den Polizisten wohl nachts zum Ausruhen diente. Vatanen fragte, ob er sich die Arresträume der Polizeistation ansehen dürfe. Der Wachhabende stand bereitwillig auf, um ihm die Zellen vorzuführen. Alle marschierten gemeinsam hin­ über, der Wachhabende schloß auf.
    »Nicht gerade üppig hier. Hauptsächlich haben wir Betrunkene drin, manchmal kriegen wir jemanden aus Tahkavuori, Journalisten hatten wir auch schon«, er­ klärte der Wachhabende.
    Es gab zwei Zellen Wand an Wand, karge Räume. Die Fenster waren nicht vergittert, sie bestanden aus grau­ em Milchglas mit einem eingegossenen Drahtnetz. Ein
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