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Das Jahr des Hasen

Titel: Das Jahr des Hasen
Autoren: Arto Paasilinna
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(9) in Kuhmo Lei­ chenschändung begangen; (10) sich in Meltaus am Ounasfluß an der Entwendung und dem illegalen Ver­ kauf deutschen Kriegsguts beteiligt; (11) sich in Posio der Tierquälerei schuldig gemacht, (12) in Vittumaiseno­ ja einen Skilehrer namens Kaartinen mißhandelt und weiterhin (13) versäumt, rechtzeitig und ordnungsgemäß vor einem gefährlichen Bären zu warnen; hatte (14) ohne Waffenschein an einer illegalen Bärenjagd und (15) ohne offizielle Einladung an einem Essen des Außenministe­ riums teilgenommen; (16) unter Ausnutzung eines Miß­ verständnisses seinen Hasen ohne Entrichtung eines Entgelts im Staatlichen Forschungsinstitut in Helsinki behandeln lassen; weiterhin hatte er (17) den Sekretär des Konservativen Jugendverbandes in der Toilette eines Helsinkier Restaurants mißhandelt; war (18) in trunke­ nem Zustand mit dem Fahrrad auf der Landstraße nach Kerava gefahren; hatte sich (19) bei Aufenthalten in Turenki und Hanko mit einer weiblichen Person namens Heikkinen verlobt, obwohl er verheiratet war; hatte ferner (20) im Wiederholungsfall ohne ordnungsgemäßen Waffenschein eine Bärenjagd aufgenommen und (21) im Rahmen dieser Jagd ohne Papiere die finnisch­ sowjetische Grenze überschritten; danach hatte er sich (22) jener Vergehen schuldig gemacht, die er den sowje-tischen Behörden eingestanden hatte.
    Wegen all dieser Verbrechen müsse Vatanen durch die finnischen Justizorgane verurteilt werden, hieß es in dem Schreiben. Man verlangte Vatanens Auslieferung, außerdem die Übergabe des in seinem Besitz befindli­ chen Hasen sowie des Fells des von ihm erlegten Bären.
    »Bist ja ein ganz schöner Verbrecher«, sagte der verhö­ rende Beamte in Petrosawodsk lachend. »Mir bleibt nichts anderes übrig, als dich nach Leningrad zu schik­ ken, sollen die dort die Sache übernehmen.«
    In Leningrad durfte Vatanen in der Zeit, in der mit den Sowjets über seinen Fall verhandelt wurde, im Hotel Astoria wohnen. Die sowjetischen Behörden verzichteten auf irgendwelche Ansprüche ihm gegenüber, und schließlich, am 13. Juni, wurde er auf dem Finnischen Bahnhof in den Zug gesetzt. Der ihn begleitende Major umarmte ihn fest, küßte ihn auf beide Wangen und sagte: »Towarisch, wenn du entlassen bist, vot, komm wieder ins Astoria, laß uns zusammen trinken!«
    24. KAPITEL
    Epilog
    Und so erging es Vatanen: Er wurde an der Grenze festgenommen und im Sonderabteil nach Helsinki über­ führt, wohin man auch den Hasen transportierte; dieser reiste in einer Sperrholzkiste mit runden Löchern und der Aufschrift »Lebendes Tier«.
    In der Untersuchungshaft dachte Vatanen über seine Lage nach, zeigte jedoch keine Reue, sondern verstockte und zog sich völlig in sich zurück, so daß selbst der milde Gefängnisgeistliche mit einem Kloß in der Kehle den Kopf schüttelte.
    Die Behörden hatten ein Problem mit dem Hasen: Er war unstreitig Vatanens Eigentum, konnte weder getötet noch aufgegessen werden. Vatanen forderte über seine Anwältin, der Hase solle als Mitschuldiger verurteilt werden; es war sein Wunsch, die Beschwernisse der Haft mit der geliebten Kreatur zu teilen.
    Der Gefängnisdirektor studierte das Gesetz und kam zu dem Schluß, Vatanen sei keine Frau und der Hase nicht ihr Baby. Ein Kind könne man mit der Mutter zusammen inhaftieren, und zwar solange, bis es ohne sie zurechtkäme; doch ein Tier könne man in Finnland nicht so behandeln. Im eigentlichen Sinne sei der Hase zwar nicht Vatanens Haustier, hieß es im Gutachten der obersten Gefängnisbehörde, doch sei auf jeden Fall verboten, den Häftlingen zum Zwecke der Gesellschaft Haustiere oder damit vergleichbare Lebewesen bei­ zugeben. Außerdem verbiete das Tierschutzgesetz, den Hasen zu Vatanen in die Zelle zu sperren, denn die sei zu ungesund für ein wildes Tier, als welches man Vata­ nens Hasen juristisch nach wie vor betrachten müsse. Mit dieser Begründung lehnte die Gefängnisverwaltung es ab, den Hasen in die Zelle zu stecken.
    »Sie verstehen doch, daß sie viel zu trist für ein un­ schuldiges Tier ist«, erklärte der Gefängnisgeistliche, als er Vatanen vom Beschluß der Direktion in Kenntnis setzte.
    Das Problem wurde erst gelöst, als Vatanen einen Brief an den Staatspräsidenten schrieb. Er schmuggelte den Brief, an den Boden des Eßgeschirrs geklebt, in die Galvanisierungswerkstatt, wo ihn ein Arbeiter in einer Kapsel hinunterschluckte und abends in seiner Woh­ nung wieder ausschied; er trocknete das
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