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Das Jahr des Hasen

Titel: Das Jahr des Hasen
Autoren: Arto Paasilinna
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und sagten, das Holz habe jetzt da zu sein. Vatanen rollte die Geldscheine zusammen, schob sie dem Nächststehenden in die Brusttasche und warf die beiden hinaus.
    »Zum Teufel noch mal! Bist du aber ein krummer Hund!«
    Vatanen schob die Männer auf die Veranda und ver­ schloß die Tür. Die beiden trommelten einen Augenblick dagegen, und als Vatanen nicht öffnete, trat einer von ihnen mit den Füßen gegen das Verandageländer. Der andere folgte seinem Beispiel, bis das Geländer zer­ brach. Sie zerrten es triumphierend zum Nachbargrund­ stück. Vatanen rannte auf den Hof, um die Missetat zu verhindern, aber die Männer befanden sich schon auf der anderen Seite.
    »So macht man es bei der Kooperative!« rief der eine Vatanen höhnisch zu.
    »Oder besser gesagt: So machen es Industrie und Handel. Was man für Geld nicht kriegt, nimmt man sich mit Gewalt.«
    Vatanen stand an der Grenze des Grundstücks. Grol­ lend sah er zu, wie auf dem Nachbarhof das Verandage­ länder zu Saunaholz zerhackt wurde. Aus dem Haus kamen ein Dutzend verkaterter Leute; sie amüsierten sich köstlich und riefen Vatanen Bosheiten zu. Jemand fuhr mit dem Auto los, man rief ihm nach, er solle genug Schnaps mitbringen, um eine Belagerung durchzuste­ hen.
    Vatanen ging schäumend vor Wut hinüber und fragte, wer der Besitzer des Sommerhauses sei.
    Das Holzhacken wurde unterbrochen. Ein dicker Kerl mit rotem Gesicht, der gerade die Axt in einen Balken geschlagen hatte, richtete sich auf. »Dieses Haus, Freundchen, gehört so großen Tieren, daß es für dich besser ist, du verziehst dich, solange du noch Gelegen­ heit dazu hast. Ich bin hier für alles verantwortlich, und entweder du verschwindest jetzt, oder ich sage den Jungs, sie sollen dir Beine machen.«
    »Ich gehe nicht, bevor diese Sache nicht geklärt ist«, sagte Vatanen langsam.
    Der Mann setzte sich in Trab, verschwand im Haus, kam mit einer Flinte wieder heraus, lud auf der Treppe beide Läufe und zielte auf Vatanens Brust. Eine ab­ scheuliche Schnapsfahne ging von ihm aus.
    Plötzlich versetzte einer der Umstehenden Vatanen von hinten einen heftigen Tritt, so daß er auf dem Bauch landete. Dröhnendes Gelächter ertönte, jemand trat ihm in die Seite.
    Vatanen stand auf, die Frauen warfen ihm ein Ge-misch aus Sand und Schneematsch in die Augen, je­ mand schlug ihm mit der Faust in den Rücken. Ihm blieb nichts weiter übrig, als sich auf das eigene Grund­ stück zurückzuziehen, wobei ihn johlendes Gelächter begleitete.
    Irgend jemand befand, man sei vielleicht zu weit ge­ gangen, doch die Allgemeinheit war anderer Meinung: »Ach, Scheiße, so einer traut sich nicht, die Polizei zu holen. Wir erschrecken ihn zu Tode, dann hört kein Mensch was von der Sache. So machen wir es! Aber erst heizen wir die Sauna, los, an die Arbeit, Männer!«
    Man kann sich denken, wie erregt Vatanen nach dem Zwischenfall war. Er nahm den Hasen auf den Arm und ging auf den vereisten See, um seine Gedanken zu ordnen und sich zu beruhigen. Das gegenüberliegende Ufer war einen Kilometer entfernt.
    Als Vatanen die Hälfte der Strecke zurückgelegt hatte, hetzte die lärmende Gesellschaft zwei Hunde auf ihn. Sie hatten den Hasen in Vatanens Arm bemerkt.
    »Faß ihn, faß ihn!« Die jaulenden Köter nahmen die Verfolgung auf. Der Hase sprang zu Boden und nahm Reißaus, und als die Hunde seine Flucht bemerkten, stimmten sie ein heftiges Gebell an; ihre dicken Pfoten rutschten über das Eis, als sie Vatanen überholten und am jenseitigen Ufer hinter dem Hasen im Wald ver­ schwanden.
    Vatanen lief hinterher und überlegte, wie er den Ha-sen retten könnte. Jetzt hätte er ein Gewehr gebrauchen können, aber das hing an einem Nagel in der Hütte in Läähkimäkuru.
    Ein paar bewaffnete Männer kamen aufs Eis gelaufen. Sie lärmten dabei ähnlich wie ihre Hunde, das Eis ächz­ te unter ihrem Gewicht. Vatanen versteckte sich im Wald, und als die Männer die Landzunge erreicht hat-ten, gaben sie Schüsse auf ihn ab. Und nun lag Vatanen im nassen Schnee und hörte das Gespräch der Männer mit an. Sie sprachen mit gedämpfter Stimme.
    Der Hase war schon weit fort, die Hunde ebenfalls. Sie heulten, die Hatz war also noch im Gange und der Hase noch am Leben.
    Diese brutale Jagd mußte ein Ende haben, dachte Va­ tanen, aber ihm fiel nichts ein. Wie konnte es nur solche Menschen geben? Welches Vergnügen hatten sie an dieser Art von Gewalt, wie konnten Menschen so tief sinken?
    Der verzweifelte Hase
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