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Das Jahr des Hasen

Titel: Das Jahr des Hasen
Autoren: Arto Paasilinna
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fünfzehntausend?« »Abgemacht. Du kannst dir die Schlüssel in der Re­
    daktion abholen, sie liegen im Schreibtisch in der unter­ sten Schublade links, zwei Schlüssel an einem blauen Plastikring. Frag nach Leena, das heißt, du kennst sie ja, sie kann dir die Schlüssel geben. Sag, in meinem Auftrag. Bist du flüssig?«
    »Bin ich. Ist der Liegeplatz im Preis mit drin?« »Ja. Mach jetzt folgendes: Geh sofort auf die Bank
    und löse meinen Wechsel ein, bleiben zwölftausend Mark in bar. Dann gehst du zu meiner Frau, gibst ihr fünftausend, und die restlichen siebentausend schickst du per Eilüberweisung an die Genossenschaftsbank in Heinola. Glaubst du, daß sich das machen läßt?«
    »Krieg ich auch deine Seekarten?«
    »Ja, die sind bei meiner Frau. Setz das Boot nicht auf Grund, fang vorsichtig an, damit es keine Schäden gibt.«
    »Verrat mir mal, warum du dich von deinem Boot trennst. Ausgeflippt?«
    »Könnte man so sagen.«
    Am folgenden Tag ging Vatanen mitsamt seinem Ha-sen in leichtem, sorglosem Schritt zur Bank von Heino­ la.
    Man redet viel vom sechsten Sinn des Menschen, und je näher Vatanen der Bank kam, desto deutlicher spürte er, daß etwas nicht stimmte. Er näherte sich vorsichtig dem Gebäude, obwohl er sich nicht vorstellen konnte, welche Gefahr ihm dort drohen mochte. Er vermutete, die paar Tage Freiheit hätten seine Sinne geschärft. Der Gedanke amüsierte ihn, und er betrat lächelnd die Bank.
    Sein Instinkt hatte ihn zu Recht gewarnt. Im Schalterraum, mit dem Rücken zur Tür, saß seine
    Frau. Vatanens Herz krampfte sich zusammen, Wut und Angst packten ihn. Sogar der Hase erschrak.
    Vatanen stürzte auf die Straße. Er rannte davon, so schnell ihn seine Füße trugen. Die Passanten starrten verblüfft dem Mann nach, der aus dem Bankgebäude flüchtete, mit einem Korb in der Hand, aus dem kleine
    Hasenohren lugten. Vatanen rannte bis ans Ende des Häuserblocks, bog in eine Nebenstraße ein und entdeck­ te die Tür eines kleinen Wirtshauses. Er stürmte hinein, völlig außer Atem.
    »Sie sind sicherlich Redakteur Vatanen«, sagte der Ober und blickte den Hasen an wie einen alten Bekann­ ten. »Sie werden schon erwartet.«
    Im hinteren Teil des Lokals saßen der Fotograf und der Chefredakteur. Sie tranken Bier und blickten nicht auf. Der Ober erklärte Vatanen, diese Herren hätten ihn gebeten, einen Mann von seinem Aussehen, der mögli­ cherweise einen Hasen bei sich hat, an ihren Tisch zu bringen.
    Vatanen entfloh erneut.
    Er mischte sich schnell unter die Passanten, eilte in sein Hotel und überlegte krampfhaft, warum die Sache schiefgelaufen war. Er kam zu dem Schluß, daß hinter allem Yrjö steckte, dieser Lump.
    Vatanen rief ihn an. Wie sich herausstellte, hatte Yrjö in seiner Schusseligkeit Vatanens Frau erzählt, wohin er das restliche Geld für das Boot geschickt hatte. Alles Weitere konnte man sich denken: Sie hatte den Chef ihres Mannes zu einer Fahrt nach Heinola überredet, um Vatanen zu fassen, und nun saß sie in der Bank und wartete darauf, daß er sein Geld abholte. Die Sum-me war überwiesen worden, aber wie sollte Vatanen jetzt unauffällig an sie herankommen?
    Eine Lösung mußte her.
    Vatanen fand sie. Er bat den Portier um die Rechnung und sagte ihm, es kämen bald drei Personen, eine Frau und zwei Männer, um ihn in seinem Zimmer zu besu­ chen. Danach schrieb er ein paar Worte auf das Hotel­ briefpapier und legte das Blatt auf den Tisch. Er suchte im Telefonbuch nach der Nummer jener Kneipe, in der er vorhin eine kurze Gastrolle gegeben hatte, und rief dort an. Es meldete sich derselbe Ober.
    »Hier Redakteur Vatanen. Könnten Sie einen der beiden Männer, die dort auf mich warten, ans Telefon bitten?«
    »Ist da Vatanen?« dröhnte kurz darauf die Stimme des Chefredakteurs aus dem Hörer.
    »Jawohl, ich bin’s.«
    »Haben wir dich endlich, du Ausreißer! Rat mal, wo deine Frau ist. In der Bank, und wir warten hier in der Kneipe auf dich. Komm schnell her, damit wir wieder nach Helsinki fahren können. Schluß mit dem ganzen Theater!«
    »Hör zu, ich kann jetzt nicht. Kommt alle drei in mein Hotel, meine Zimmernummer ist 312, ich muß noch ein paar Ferngespräche führen. Holt meine Frau in der Bank ab, dann klären wir die Sache hier zu viert.«
    »Gut, wir kommen. Und bleib schön da, wo du bist.« »Ist klar, bis gleich also.«
    Kaum hatte er das gesagt, griff Vatanen den Hasen­ korb, eilte zum Lift, bezahlte beim Portier die Rechnung und erklärte,
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