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49 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 01 - Verschwörung in Stambul

49 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 01 - Verschwörung in Stambul

Titel: 49 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 01 - Verschwörung in Stambul
Autoren: Karl May
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EINLEITUNG
    An einem mit kostbarem Marmor eingefaßten Grab, das eine goldverzierte Tafel mit der Inschrift trug:
    „Hier schläft Melek Pascha, ermordet
am sechzehnten des heiligen Monates
Moharrem. Allah verderbe den Mörder!“
    stand ein in reiche türkische Tracht gekleideter junger Mann und betete:
    „Im Namen des allbarmherzigen Gottes! Lob und Preis sei Gott, dem Weltenherrn, dem Allerbarmer, der da herrschet am Tage des Gerichtes. Dir wollen wir dienen, und zu dir wollen wir flehen, auf daß du uns führest den rechten Weg, den Weg derer, die deiner Gnade sich freuen, und nicht den Weg derer, über welche du zürnest, auch nicht den Weg der Irrenden!“
    Diese Worte enthalten die erste Sure aus dem Koran, der die heilige Schrift der Mohammedaner ist. Sie erklangen laut und scharf über den Kirchhof hinüber, und es war, als ob vor ihnen sich die Zypressen und die Wipfel der immergrünen Zedern beugten.
    Er hatte dabei den Säbel gezogen und die Klinge tief in das Grab gestoßen. Während des Gebetes ruhte seine Rechte wie beschwörend auf dem goldenen, mit Diamanten verzierten Griff des Säbels.
    An der anderen Seite des Grabs stand ein alter, unbeschreiblich hagerer Mann in der rauhen Tracht der heulenden Derwische. Er hatte die Hände andächtig gefaltet, sein fanatisch glühendes Auge richtete sich auf den Gegenüberstehenden, und er begann nun in salbungsvollem Ton:
    „Du bist Ibrahim Effendi, der weise, reiche und tapfere Liebling des Sultans, welcher der Beherrscher der Gläubigen ist. Du bist zu mir gekommen, damit ich Zeuge sei des Schwures, den du an diesem Grab ablegen willst. So höre die Worte des heiligen Gesetzes, welches lautet: ‚Die Hand des Schwörenden soll verdorren, wenn er sein Gelübde nicht erfüllt, sein Leib soll austrocknen, sein Herz zu Stein werden, und seine Seele soll wandern in ewigem Grauen und unendlicher Qual!‘ Und nachdem du dies vernommen hast, frage ich dich, Ibrahim Effendi, ob du noch immer bereit bist, den Schwur am Grab deines ermordeten Vaters abzulegen?“
    „Ich will es“, ertönte die feste Antwort.
    „Nun wohlan! Der Mörder deines Vaters war ein Christ. Fluch ihm!“
    „Ja, Fluch ihm!“
    „Er war ein Deutscher. Allah möge ihm keine Ruhe gönnen!“
    „Keine Ruhe in alle Ewigkeit!“
    „Du gelobst hiermit bei dem Propheten, bei allen heiligen Kalifen und bei der abgeschiedenen Seele des Ermordeten, daß du den Mörder aufsuchen wirst, um ihn zu verderben, ihn und alle, die seinen verruchten Namen tragen?“
    „Ich gelobe es!“
    „Du wirst keine Beschwerden und keine Leiden scheuen, du wirst deine Habe, dein Blut und dein Leben opfern, wenn dies nötig ist, um dein Gelübde zu erfüllen?“
    „Bei Allah, das werde ich!“
    „So ist dein Schwur gesprochen, und ich nehme ihn entgegen, um ihn zu verzeichnen in den Büchern der Geister, welchen Allah befohlen hat, dem Rächenden zu dienen. Auge um Auge, Blut um Blut, Zahn um Zahn, Leben um Leben! Wenn du diesen Schwur vergißt, so soll die Luft dich ersticken, das Wasser dich ersäufen und das Feuer dich verbrennen. Und nun laß uns den Namen des Mörders übergeben den bösen Geistern, welche wohnen in der Hölle, wo sie am tiefsten ist. Wie lautet er?“
    „Es ist ein deutscher Name und nicht für die Lippen der Gläubigen gemacht. Seine verfluchten Silben lauten ‚Adlerhorst‘.“
    Der Derwisch brachte ein Stück Papier und einen Schreibstift aus der Tasche, schrieb, so gut es ihm möglich war, den ihm fremden Namen auf, grub mit dem Messer ein Loch in das Grab, tat den Zettel hinein und scharrte das Loch wieder zu. Hierauf kniete er nieder, lege die Linke auf das Grab, erhob die Rechte gen Himmel und murmelte unverständliche Worte. Dann aber stand er auf und sagte laut:
    „Es ist geschehen! Du bist Ibrahim Effendi, der glorreiche Sohn Melek Paschas. Er war kein träger Türke, sondern er stammte aus dem wilden Kurdistan, welches auch meine Heimat ist. Dort gelten noch die Gesetze des Blutes, und nach diesen Gesetzen wirst du handeln. Da, wo das Herz des Toten ruht, ist auch der Name seines Mörders vergraben. Wenn Melek über die Brücke geht, welche in das ewige Leben führet, wird er diesen Namen hinabschleudern in die Schluchten und Abgründe der Hölle, und alle Untertanen des Teufels werden sich aufmachen, um jeden zu verderben, der diesen Namen trägt. Ich bin zu Ende. Ist auch dein Rachewerk beendet, so weißt du, wo du mich findest. Allah sei mit dir!“
    Er entfernte sich, und
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