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Das Herz der Wueste

Das Herz der Wueste

Titel: Das Herz der Wueste
Autoren: Meredith Webber
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Kitteltasche. In Sicherheit.
    „Ich reagiere auf alles, sogar auf ‚He, Sie‘.“ Krampfhaft bemüht, locker zu klingen, kämpfte sie noch immer mit dem seltsamen Gefühl, das sein Händedruck ausgelöst hatte.
    Ihr Arm prickelte, und ihre Finger brannten, als hätte Kamid Rahman sie gebrandmarkt.
    Akbar hatte Blutgruppe B.
    „Ich habe auch B“, sagte Jenny zu Kamid, der im Schneidersitz neben dem Patienten saß und sich leise mit Akbars Frau Lia unterhielt. „Machen wir eine Kreuzprobe, um herauszufinden, ob er mein Blut verträgt.“
    Kamid betrachtete sie nachdenklich und fragte sich, warum er ausgerechnet sie an der Grenze seines Landes gefunden hatte. Ob sie wohl die erste Frau aus einem westlichen Land war, die jemals diese Wüstengegend bereist hatte?
    Mit ihrem blonden Haar und ihrer hellen Haut wirkte sie wie eine strahlende Märchenfigur, allerdings eine ganz besonders attraktive.
    Heißes Verlangen überschwemmte ihn und brachte ihn zur Besinnung. Schlechter Zeitpunkt, eine Frau zu begehren!
    „Sie brauchen Ihre Kräfte für die Arbeit“, widersprach er.
    „Ein halber Liter weniger wird mich nicht umbringen.“ Jenny drückte ihm die Spritze in die Hand, damit er ein wenig Blut für die Kreuzprobe entnehmen konnte, zog die Tunika über den Kopf und rollte den Ärmel ihrer Bluse auf.
    Ein unerklärliches Zögern hinderte Kamid daran, sie zu berühren … Aber wie sollte er ihr sonst Blut abnehmen? Er machte einen Schritt auf sie zu und griff nach ihrem Arm, stutzte jedoch. Ein feines Geflecht weißer Narben zog sich über die zart gebräunte Haut.
    Ohne nachzudenken strich er mit dem Zeigefinger über die längste von ihnen und schaute dann auf, direkt in Jennys Augen. Sie hatte die stumme Frage bereits verstanden. Dennoch blieb sie ihm die Antwort schuldig, mehr noch, ihr Blick sagte ihm, er solle es ja nicht wagen nachzuhaken.
    Er tat es trotzdem.
    „Ein Unfall?“
    Sie nickte knapp und desinfizierte die Stelle, wo die Vene blau hervorstach, mit einem Alkoholtupfer.
    Fangen Sie endlich an, sagte die Geste. Nehmen Sie mir Blut ab, und kümmern Sie sich ansonsten um Ihre eigenen Angelegenheiten.
    Zu spät. Kamid wollte mehr wissen. Verbarg sich hinter den Narben die Erklärung, warum eine schöne Frau wie sie in einem Flüchtlingscamp im Grenzbereich eines kleinen Scheichtums gelandet war?
    Gab es tiefere, unsichtbare Narben?
    Hatte sie einen geliebten Menschen verloren?
    „Schlimm?“
    Stumm sah sie ihn an, aber ihm entging nicht, wie ein Schatten über ihr Gesicht glitt.
    Sehr schlimm also. So, wie sie die Lippen zusammenpresste, wollte sie allerdings nicht darüber reden.
    Von Mitgefühl erfüllt, umfasste er behutsam ihren Arm und erledigte seine Aufgabe besonders vorsichtig. Es fiel ihm nicht leicht, mit seinen Gedanken nicht abzuschweifen, nicht an die Narben zu denken, die sich wie Schneckenspuren über ihren Arm zogen.
    „Was ist?“ Sie schien sich schneller gefangen zu haben als er. „Machen Sie nun die Kreuzprobe, oder soll ich es tun?“
    Kamid riss sich zusammen und entnahm Akbar etwas Blut, ehe er beide Proben mischte und beobachtete, ob sie sich vertrugen. Erleichtert stellte er fest, dass keine Verklumpung stattfand.
    „Legen wir los.“ Kühl und gefasst reichte ihm die Frau, die ihn mehr und mehr verwirrte, das Transfusionsbesteck.
    Eine der Schwestern erklärte Akbars Frau, was sie vorhatten, und Lia ergriff Jennys Hand und überschüttete sie mit Dankesworten.
    Während der Prozedur überprüfte Kamid immer wieder, ob der Verletzte irgendeine gefährliche Reaktion zeigte, aber er lag still da, halb bewusstlos in einem Dämmerzustand, während Antibiotikum und die Abwehrkräfte des Körpers ihm halfen, seine Wunden zu heilen.
    „Als ob solche Wunden jemals heilen könnten“, murmelte er vor sich hin. „Ausgepeitscht zu werden, muss der Gipfel der Demütigung sein.“
    „Wir tun für ihn, was in unserer Macht steht“, antwortete Jenny, „und können nur hoffen, dass Liebe und Unterstützung und sein eigener Lebenswille ihn wieder völlig gesund machen.“
    Kamids Bewunderung wuchs. Eine umsichtige, kompetente Ärztin, die einfühlsam mit ihren Patienten umging, aber gleichzeitig den Blick hoffungsvoll nach vorn richtete. Diese Frau war zu gut, um wahr zu sein. Sicher gab es einen Haken bei der Sache, einen Grund, warum sie sich hier draußen versteckte, ihren Körper unter weiter Kleidung, ihr goldenes Haar unter einem Tuch verbarg.
    „Weshalb sind Sie hier?“
    Eine
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