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Das Herz der Wueste

Das Herz der Wueste

Titel: Das Herz der Wueste
Autoren: Meredith Webber
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viel Einfluss verfügte, setzte er hinzu: „Ich arbeite für dieselbe Hilfsorganisation.“ Das stimmte. Eine großzügige Spende an Aid for All hatte es ihm ermöglicht, sich im ganzen Land als einer ihrer Mitarbeiter auszugeben. „In einer höheren Position.“
    Keiner der Männer würde das bezweifeln. In ihrer Gesellschaft war es selbstverständlich, dass ein Mann höhergestellt war als eine Frau.
    Jennys Stimme drang durch die Zeltwand. Mutter und Sohn ging es offensichtlich prächtig, die Narbe heilte gut ab. In ein paar Tagen wollte Jenny zurückkommen, um die Fäden zu ziehen.
    Beruhigt, dass die verfeindeten Parteien bei Friedensgesprächen zusammensaßen, übersetzte er, was sie gesagt hatte. Es würde für Jenny nicht mehr so gefährlich sein, über die Grenze zu gehen. Dennoch nahm er sich vor, schnellstens mit Arun Funkkontakt aufzunehmen. Sein Bruder sollte jemanden schicken, der auf ihre Sicherheit achtete.
    Jemand, der genügend Autorität besaß, um sie im Rebellenlager beschützen zu können.
    Leider fiel ihm auf Anhieb niemand ein, dem er Jenny anvertrauen würde. Der Gedanke machte ihm zu schaffen, aber da fing sie wieder an zu sprechen. Sie wollte sich von den Frauen verabschieden.
    „Hier sind noch zwei Schwangere“, erklärte sie kurze Zeit später, als sie ihn vor dem Zelteingang traf. „Kannst du ihnen sagen, dass ich gern herkomme, um sie zu betreuen? Zumindest solange ich hier bin, also noch den nächsten Monat.“ Sie sah ihn an. „Vielleicht solltest du ihnen einen Luftrettungsdienst in Aussicht stellen, weil ja jederzeit wieder Komplikationen auftauchen können. Ärzte aus den Krankenhäusern könnten die Notfalleinsätze übernehmen, und damit würdest du deinem Volk, aber auch den Nachbarländern eine erheblich bessere medizinische Versorgung bieten.“
    Sehr geschickt. Da sie wusste, wer er war und dass sein Bruder und er entschlossen waren, mit den sozialen Missständen in dieser Gegend aufzuräumen, machte sie gleich Nägel mit Köpfen. Die Idee war nicht schlecht, aber in diesem speziellen Moment hatte Kamid andere Probleme.
    „Du kannst nicht einfach über die Grenze gehen“, sagte er schärfer als beabsichtigt, unfähig, den aufwallenden Ärger zu unterdrücken. „Hast du vergessen, wie gefährlich das ist? Wie sie uns bei unserem ersten Besuch behandelt haben?“
    „Natürlich nicht, doch jetzt sind wir befreundet“, antwortete sie unbefangen. „Vielleicht nicht direkt mit dem Anführer, aber seine Frau, die Hebamme und die anderen Frauen vertrauen mir, und aus Vertrauen erwächst Freundschaft. Ich glaube, sie können sehr wohl über ihr Leben bestimmen und haben mehr Einfluss auf ihre Männer, als wir annehmen. Ihre Freundschaft wird mich schützen.“
    „Du bist vertrauensseliger, als gut für dich ist!“ Seine grünen Augen blitzten. „Ich will nicht, dass du immer wieder über die Grenze spazierst, egal, wie viele Frauen schwanger sind.“
    „Ach, wirklich?“, fauchte sie. „Und weshalb sollte ich auf dich hören?“
    „Weil ich …“ Kamid verstummte, während sich der Satz in seinem Kopf vollendete. Gerade noch rechtzeitig hatte er die Worte zurückgehalten, aber dann begriff er, dass sie stimmten. Es war die Wahrheit.
    „Weil ich dich liebe“, sagte er. Sein Herz hämmerte, seine Gefühle waren in Aufruhr, und er zitterte innerlich vor ihrer Reaktion.
    Der Schock war ihrem hübschen Gesicht anzusehen. „Oh, Kamid, das darfst du nicht“, antwortete sie verzweifelt.
    „Warum nicht?“ Der barsche Ton verbarg nur mühsam, wie sehr ihre Zurückweisung ihn schmerzte.
    Jenny betrachtete ihn schweigend, nahm sein Gesicht in beide Hände und blickte ihm in die Augen. „Dein Land bedeutet dir so viel, mehr, als dir bewusst ist. Um deine Pflichten zu erfüllen, musst du heiraten und Kinder zeugen.“
    Ohne darauf zu achten, dass jemand zusehen könnte, stellte sie sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn auf den Mund.
    „Ich kann keine Kinder bekommen“, flüsterte sie an seinen Lippen, drückte ihn ein letztes Mal und ließ ihn los.
    Er war nicht bereit, sie gehen zu lassen.
    „Durch den Unfall? Bist du ganz sicher?“
    „Zu neunzig Prozent, ja“, erklärte sie und wandte sich ab, um den Mann zu begrüßen, der sie wieder über die Grenze geleiten würde.
    Kamid zwang seine Beine, sich in Bewegung zu setzen, hatte aber das Gefühl, wie ein Roboter hinter den beiden herzustapfen. Bald verblasste das Licht aus dem Frauenzelt, verschwand schließlich
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