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Das Haus der verlorenen Herzen

Das Haus der verlorenen Herzen

Titel: Das Haus der verlorenen Herzen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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den Stühlen, auf der gemauerten langen Bank am Ofen, auf den rohen Dielen. Im Herd glomm noch ein schwaches Feuer, das Ernesto mit einigen Holzstücken anfachte. »Ich kann dir eine Pizza machen, Enrico«, sagte Anna.
    »Eine Pizza ist gut!« rief Luigi. Er saß in einem Holzsessel, hatte die Beine auf den Tisch gelegt und erholte sich von der Fahrt. »Oder hast du keinen Hunger, Enrico?!«
    »Gar keinen.« Volkmar setzte sich auf die mit einem Lammfell belegte Bank und sah Anna zu, wie sie aus einem Schrank in einer Mauernische einen Klumpen fertigen Pizzateiges auf ein Holztablett warf. Ernesto, der hinausgegangen war, kam zurück mit einer Zweiliterflasche und brachte auch gleich vier scheußlich bemalte Blechbecher mit, wie sie in den Souvenirläden den Fremden als sardisches Handwerk angeboten werden.
    »Vielleicht will er schlafen?« sagte Ernesto. »Bist du müde?«
    »Nicht besonders.«
    Volkmar beobachtete, wie Anna den Backraum des großen Steinherdes kontrollierte. Anscheinend war sie mit der gespeicherten Hitze zufrieden.
    »Wir haben nur Tomaten und Käse«, sagte sie. »Aber ich würze gut. Es wird dir schmecken, Enrico.«
    »Bestimmt.«
    Es schmeckte in der Tat vorzüglich. Volkmar aß zwei Pizza und trank so viel Wein, daß er sein Gehirn leicht vernebelte. »Wo kann ich schlafen?« fragte er, als er sah, daß die Brüder noch lange nicht mit ihrer Mahlzeit fertig waren. Anna buk mit einer Geduld ohne Beispiel eine Pizza nach der anderen. Die Haare hingen ihr verschwitzt, nach Käsedunst duftend, ins Gesicht.
    »Auf der Bank!« rief Luigi und prostete Volkmar zu. »Trinken wir auf den Erfolg, camerata! Du bist mein erster Gefangener!«
    »Das habe ich befürchtet«, sagte Volkmar und streckte sich auf die Lammfelle aus. »So dämlich sind nur Amateure in eurem Fach!«
    Er sollte sich irren.
    Ein sonnendurchfluteter Tag kündigte sich an, als Volkmar am nächsten Morgen vor das Haus trat. Er reckte sich, atmete tief durch, und dann entdeckte er Anna, die aus der Holzrinne Wasser in einen Eimer schöpfte. Auch Luigi und Ernesto waren schon auf den Beinen, lachten Volkmar wie einem guten alten Freund zu und zeigten auf den Tisch, der auf einer Art Terrasse stand. Hinter dem doppelten Geländer fiel der Felsen senkrecht ab. Wer hier Kaffee trinken wollte, mußte schwindelfrei sein.
    »Brot, Käse, Wein … zufrieden?« rief Luigi. »Wir haben mit dem Frühstück auf dich gewartet, Enrico.«
    »Sehr zuvorkommend.« Volkmar stieg die Stufen zur Terrasse hinunter. »Eure Gastfreundschaft rührt mich.«
    »Anna wollte es so.«
    Ernesto drückte Volkmar die Hand, dann kam Luigi, klopfte ihm auf die Schulter, und alle setzten sich. Anna stellte den Wassereimer ab und goß die Blechbecher voll. Sie setzte sich an Volkmars Seite.
    Luigi grinste. »Fangen wir an, über uns zu reden«, sagte er und stach mit dem Messer in einen Klumpen Schafskäse. »Wieviel, glaubst du, bist du wert?«
    »Gar nichts.«
    »Kann man für dich eine Million verlangen?«
    »Lire?«
    »Deutsche Mark.«
    »Das ist es, was ich euch die ganze Zeit sagen wollte: Wenn es euch gelingt, für mich auch nur zehntausend Mark herauszuholen, verspreche ich euch, wieder an Wunder zu glauben. Bei mir ist nichts zu holen.«
    »Du bist ein reicher Deutscher!«
    »Nicht jeder Deutsche ist reich. Verrückt, wie sich diese Ansicht hält bei den anderen Völkern!«
    »Was bist du?«
    »Arzt!«
    »Ernesto, er ist Arzt!« rief Anna. »Wir haben einen Dottore!«
    Luigi schien weniger begeistert zu sein. Ihm wäre jeder andere Beruf lieber gewesen. Ein reicher Kaufmann, ein Fabrikbesitzer, ein Juwelier, ein hoher Staatsbeamter oder ein Bankdirektor – warum nicht? Aber ein Arzt? Nun ja, da gibt es Unterschiede. Wenn man an den alten Dottore Francesco Mammola in Fanni, der nächsten größeren Stadt von hier, dachte, konnte man nur mitleidig lächeln.
    »Ärzte sind reich!« sagte Luigi laut.
    »Ich bin Klinikarzt, mein Lieber.«
    »Im Hospital?« Luigi stieß sein Messer in den Schafskäse. »Scheiße!«
    »Ich sage es ja, aber niemand wollte es hören. Wir hätten uns schon am Strand trennen können.«
    »Irgendeinem Menschen mußt du doch was wert sein!« rief Ernesto.
    »Wem?« Angela Blüthgen, dachte Volkmar. Sie würde ihr Sparbuch hergeben, aber über solche Beträge reden Entführer nicht. Mein Chef, Professor Hatzport? Der ist Millionär. Ist aber kaum anzunehmen, daß er meinetwegen seine Villa in Grünwald und sein Haus bei Beaulieu an der Riviera
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