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Das Haus der verlorenen Herzen

Das Haus der verlorenen Herzen

Titel: Das Haus der verlorenen Herzen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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was fast alle tun, wenn sie durch Seesand gehen: Sie staubten mit den Zehen den Sand vor sich her. Sein Arm lag noch um Annas Hüfte. Er spürte, wie ihre schmalen Muskeln beim Gehen spielten, wie ihr Gesäß hin und her schwang, und dämlicherweise fielen ihm alle lateinischen Namen dieser Muskeln ein, als würde er in Anatomie abgehört.
    »Vater ist Fleischer«, sagte Anna und lehnte den Kopf gegen seine Schulter. Der Wind blies ihr Haar über sein Gesicht, es kitzelte, roch nach Salz und Kamillenblüten.
    »Wir sind sieben Kinder, der Vater, die Mutter, die Nonna, ein blinder Onkel und ein blöder Vetter. Aber wir sind glücklich, Enrico. Papa wird dich umarmen, wenn ich ihm erzähle, was du für mich getan hast. Du kannst dir bestimmt soviel Fleisch aussuchen, wie du willst!«
    Sie hatten den festen Boden erreicht, gingen zu der in völliger Dunkelheit liegenden Piniengruppe und blickten zum Meer zurück, weil Anna stehenblieb und leise, wie in kindlicher Einfalt, sagte: »Enrico, ist das schön …«
    Als Volkmar sich wieder umdrehte, um weiterzugehen, war es zu spät. Es war unmöglich, so schnell zu reagieren, und es hätte ihm auch nichts mehr genützt.
    Zwei junge Männer hoben sich als Schatten gegen die fahle Nacht ab. Sie hatten keine Messer in der Hand, sondern, unverkennbar, Maschinenpistolen. Die Läufe der Waffen waren auf Volkmar gerichtet. Eine harte Stimme sagte: »Hands up!« Unter den Pinien entdeckte Volkmar jetzt auch einen Jeep mit geschlossenem Segeltuchverdeck.
    Anna, die hinter ihm stand, schob sich vor ihn und lachte leise.
    »Er heißt Enrico, und er spricht gut italienisch. Er ist allein.« Dann drehte sie sich zu Volkmar um, streichelte ihm fast zärtlich über das Gesicht und spitzte die Lippen zu einem Flugkuß. »Das sind meine Brüder Luigi und Ernesto«, sagte sie. »Es sind gute Jungen, Enrico. Wenn du machst, was sie sagen, tun sie dir nichts. Aber wenn du dich wehrst, müssen sie schießen. Das siehst du doch ein?«
    »Wer sieht das nicht ein?« Volkmar kam näher. Kurz vor den Läufen der Maschinenpistolen, die auf seinen Leib zeigten, blieb er stehen. Er konnte jetzt Luigi und Ernesto erkennen. Sie waren eine männliche Ausgabe von Anna. Nur der Ausdruck ihrer Augen war nicht so sanft. Sie musterten Volkmar kritisch und abwartend. Ihre Zeigefinger lagen am Abzug der MPi.
    »Was bist du?« fragte der ältere der beiden. Es war Luigi. »Amerikaner, Engländer, Schweizer, Deutscher …«
    »Deutscher. Wenn ihr euch das Nummernschild meines Wagens angesehen hättet … Überhaupt, ist das jetzt so wichtig?«
    »Ja! Deutscher, das ist gut!« sagte Ernesto.
    »Wie man's nimmt. Es gibt viele Deutsche, die etwas dafür gäben, nicht Deutscher zu sein.« Er nickte zu Anna hinüber, die zum Jeep gegangen war, um die zerrissene Bluse zu wechseln. Einen Moment sah er im fahlen Licht des Sternenhimmels ihre schönen nackten Brüste, bis eine Jeansjacke sie verdeckte. »Euer Lockvogel ist wirklich unwiderstehlich. Aber was nun?«
    »Sie wehren sich nicht?!«
    »Hat es Sinn? Also!«
    »Sie kommen mit uns in die Berge, und dann sehen wir weiter.«
    »Ein ausgereiftes Kidnapping!« Volkmar lächelte breit. Er gestand sich ein, vor ein paar Sekunden noch Angst gehabt zu haben, irre Angst sogar, denn auch ein Held blickt selten gelassen in zwei Maschinenpistolenläufe. Jetzt aber, nachdem er den ersten Schreck überstanden hatte, setzte bei Volkmar wieder das klare Denken ein. Er bewunderte sich selbst: Er fand die Situation komisch. »Wenn ihr nicht eure dummen Knaller in den Händen hieltet, würde ich euch mein Bedauern aussprechen. Ihr habt das untauglichste Objekt eingefangen, das ihr an Sardiniens Küste finden konntet. Annas Sex war eine Fehlinvestition bei mir! Ich kann euch das erklären …«
    »Mitkommen!« sagte Luigi und winkte mit der MPi zu dem Jeep. »Gehst du freiwillig, oder müssen wir nachhelfen?«
    »Ich habe mich nie gewehrt, wenn es sinnlos war.« Dr. Volkmar ging zu dem Jeep und kletterte hinein. Auf der hinteren Sitzbank hockte bereits Anna und zog ihn an ihre Seite. Ihre Oberschenkel berührten sich, sein Ellbogen stieß gegen ihre Brüste, als er sich setzte. Obgleich er nun wußte, in welch simple Falle er getappt war, empfand er diese neuerliche Begegnung als angenehm.
    Vor ihm schwangen sich Luigi und Ernesto auf die Sitze, der Motor knatterte, der Jeep begann zu hüpfen und machte einen ohrenbetäubenden Lärm.
    »Ihr solltet euch einen neuen Auspuff leisten«,
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