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0238 - Die Angst kriecht in das Kellerloch

0238 - Die Angst kriecht in das Kellerloch

Titel: 0238 - Die Angst kriecht in das Kellerloch
Autoren: Die Angst kriecht in das Kellerloch
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In den nächsten zehn Minuten konnte es zu einer wilden Schießerei kommen.
    Das wussten wir genau, als wir den Lift betraten. Die Halfter mit den Pistolen hatten wir etwas nach vorn geschoben, kaum merklich - aber offenbar doch etwas zu weit.
    Denn das Liftgirl hatte Augen wie ein Luchs.
    Sie trug eine adrette grüne Uniform, war höchstens achtzehn Jahre alt und hatte ein paar Sommersprossen auf der vorwitzigen Stupsnase.
    Das Girl musterte uns knapp. Während sie den Knopf niederdrückte, der die unterteilte Glastür und das Scherengitter vor dem Fahrstuhl schloss, sagte sie überzeugt: »Die Herren wollen sicher zu Mister Vander, oder?«
    Bis dahin hatten wir den Namen noch nie gehört. Ich schüttelte stumm den Kopf. Phil dagegen fragte: »Vander? Wie kommen Sie denn darauf?«
    »Alle Männer, die Pistolen tragen, wollen immer zu Mister Vander in die zwanzigste Etage.«
    »Woher wollen Sie wissen, dass wir Pistolen tragen?«, erkundigte ich mich verblüfft.
    Das Mädchen stippte mit einer entschiedenen Geste den ausgestreckten Zeigefinger in meine linke Achselhöhle.
    »Da!«, stellte sie in einem Ton fest, der keinen Widerspruch duldete. »Ihr Jackett ist links weiter gearbeitet und beult trotzdem noch ein bisschen aus, wenn Sie sich bewegen. Eine Frau sieht so etwas sofort.«
    »Hut ab vor Ihrem Scharfsinn«, sagte ich grinsend.
    »Danke«, erwiderte sie gelassen. »Liftgirl bin ich nur nebenbei, um mir ein bisschen Geld zu verdienen. In der Hauptsache studiere ich Mathematik und theoretische Physik an der Columbia Universität.«
    »Oho!«, sagte ich. »Dann ist es kein Wunder. Mathematiker sind logisch denkende Leute, habe ich mir sagen lassen.«
    »Eben«, erwiderte das Mädchen selbstbewusst.
    »Trotzdem wären wir Ihnen dankbar, wenn Sie uns bis zur dreißigsten Etage fahren würden«, bat Phil. »Wir wollen nämlich nicht zu Mister Vander, sondern in das Dachcafe.«
    »Ganz wie Sie wünschen«, sagte das Mädchen.
    Brunly, der mit uns gekommen war, stieß mir den Ellenbogen in die Seite. Ich sah ihm an, dass er etwas auf dem Herzen hatte, warf ihm aber einen warnenden Blick zu, damit er den Mund hielt.
    Seit acht Uhr früh hatte sich Brunly in unserem Office herumgetrieben. Um halb zehn hatte er so laut gegähnt, dass man es beim besten Willen nicht überhören konnte. Sein Gähnen besagte schlicht und einfach: Na, ihr könnt euch begraben lassen. Bei euch ist ja überhaupt nichts los.
    Und dann war der Anruf aus dem Hailey Building gekommen. Seither hatte Brunly nicht mehr gegähnt. Im Gegenteil. Seine Nasenspitze war sogar ein bisschen weiß geworden vor Aufregung.
    Wir waren in der dreißigsten Etage angekommen. Ich sagte: »Übrigens ist jetzt die letzte Gelegenheit für Sie, aus der Sache auszusteigen. Kein Mensch kann wissen, ob es nicht gleich zu einer Schießerei kommt.«
    »Halten Sie mich für feige?«, fragte Brunly.
    Wir gingen den Flur entlang. Hier oben befanden wir uns in der letzten Etage des Hailey Buildings. Es gab nur noch einen Aufzug, der höher hinaufführte, nämlich zum Dachcafé.
    Dieser Fahrstuhl brachte uns direkt in den Vorraum des Cafés. Er war mit einem dicken Teppich ausgelegt. An den Wänden hingen Spiegel, dazwischen in regelmäßigen Abständen kleine, zweiarmige Wandleuchten. Links vom Fahrstuhl gab es eine Tür, die hinaus auf das flache Dach führen musste, jetzt aber geschlossen war. Dem Lift gegenüber blitzten die großen Scheiben der Glasschwingtür, die ins Innere des Cafés führte. Genau vor dieser Tür standen zwei ältere Damen. Sie unterhielten sich angeregt. Von uns nahmen sie keine Notiz. Durch die Glasflügel der Tür konnte man in das Café hineinblicken. Der große, vorwiegend in Braun gehaltene Raum war mit einer ansprechenden modernen Einrichtung ausgestattet. Der Duft von Kaffee, Torten und Kuchen schwebte im Vorraum.
    Ein paar Sekunden standen wir vor den mit Schmuck überladenen Damen, ohne dass diese Notiz von uns genommen hätten. Als es mir zu bunt wurde, brummte ich ärgerlich: »Entschuldigung! Können Sie Ihr Gespräch nicht an einem anderen Ort als ausgerechnet vor der Tür fortsetzen?«
    Ruckartig wandten sie die Köpfe.
    »Was sich die Männer heutzutage so herausnehmen…!«, zischte die eine empört.
    »Sehr richtig, meine Liebe«, stimmte die Zweite mit Nachdruck zu. »Kommen Sie, wir wollen diesen - äh - diesen Herren aus dem Weg gehen.«
    »Danke - äh«, sagte Phil, ohne eine Miene zu verziehen.
    Sie rauschten beleidigt davon. Wir
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