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Das Haus der verlorenen Herzen

Das Haus der verlorenen Herzen

Titel: Das Haus der verlorenen Herzen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Zeltausrüstung, Schlauchboot, Taucherausrüstung und viel Vorfreude, rieb sich die Hände, als habe man alles Glück dieser Welt erobert, und dann fuhr man los, durch die Alpen, den ganzen italienischen Stiefel hinunter bis nach Neapel, um sich dort einzuschiffen nach Cagliari.
    Sardinien! Im Wind drehten sich die Flügel der Mühlen, Maultiere kletterten die Bergpfade hinauf, und ständen nicht die Autos auf dem Parkplatz, könnte man glauben, in den Ruinen auf der Bergkuppe von Barumini habe sich seit über zweitausend Jahren nichts verändert.
    Angela Blüthgen war nie mit in Urlaub gefahren. Als Dr. Volkmar diese Möglichkeit einmal sehr umschrieben andeutete, hatte sie gelächelt. »Heinz, das tötet!« hatte sie gesagt. »Wir zwei – vier Wochen allein in einem Zelt, in völliger Einsamkeit am Meer, der eine auf den anderen angewiesen, und keiner kann dem anderen mal davonlaufen!? Heinz, das wäre Selbstzerfleischung, aber kein Urlaub. Wir sind zwei Individualisten. Wenn wir zusammen schlafen, ist das eine Freude, die wir uns gönnen – aber dann gehen wir auseinander, und jeder wird wieder er selbst. Das ist gut so. Wir, über eine längere Zeit zusammen – das gäbe Mord und Totschlag!«
    Zum ersten Mal hatte er damals gefragt: »Weißt du überhaupt nicht, was Liebe ist, Angi?«
    »Ich flüchte vor ihr, ich verstecke mich vor ihr, und wenn sie beginnt, sich doch festzusetzen, prügele ich mich selbst. Ich bin keine Frau, die einem Mann gehorsam ist. Und das wollt ihr Männer doch zuallererst!«
    »Könntest du mich lieben?« hatte er sehr beeindruckt gefragt.
    »Ja!« hatte sie ganz nüchtern erwidert. »Das ist ja das Furchtbare. Und deshalb gehe ich jetzt. Ruf mich bitte in den nächsten drei Wochen nicht an! Ich muß mich erst wieder beruhigen …«
    Man muß das wissen, um zu verstehen, warum auch in diesem Jahr 1967 Dr. Heinz Volkmar wieder allein an der Bucht am Capo San Marco im Sand lag und seine Faulheit pflegte. Ein Mann von zweiundvierzig Jahren, Dozent und 1. Oberarzt, etwas mehr als mittelgroß, genau 1,79 Meter, dank seinem 12- bis 14-Stunden-Tag und einem dadurch bedingten nervösen Magen notgedrungen schlank, aber nicht knochig, breit in den Schultern, schmal in den Hüften, aber durchaus kein Modellmann; das dichte braune Haar zeigte an den Schläfen und den Koteletten schon einen weißlichen Schimmer. Er kleidete sich elegant-salopp und war sich seiner Wirkung auf Frauen bewußt.
    »Eigentlich können wir uns auf der Intensivstation alle Herzschrittmacher und Defibrillatoren sparen«, hatte einmal sein Chef, Professor Dr. Hatzport, gesagt. »Wenn Volkmar die Stationen unserer weiblichen Patienten betritt, kommt es zur natürlichen Kreislauf Stabilität! Das älteste Herz fängt wieder an zu trommeln!«
    Dr. Volkmar nahm das gelassen hin. Die Körpersprache der jungen Ärztinnen, Krankenschwestern, die ihm aufzulauern schienen, unverhüllte Blicke, die ihn trafen, auch auf Sardinien, wenn er nach Cabras fuhr oder nach Oristano, um in den Supermärkten einzukaufen – er registrierte es nicht viel anders, als ginge es um eine Eintragung in sein Forschungstagebuch. Es sah so aus, als wolle er Dr. Angela Blüthgen die Treue halten.
    Nun war er schon acht Tage, längst tiefbraun gebrannt, auf Sardinien, hatte bereits dreimal selbst fürs Abendessen gesorgt, indem er ein paar Fische harpuniert und in der Pfanne über dem Campinggaskocher gebraten hatte, und auch an diesem Abend freute er sich darüber, daß seine kleine Bucht noch immer nicht von anderen Urlaubern entdeckt worden war. An Angela hatte er geschrieben: »Zum Paradies fehlt nur noch eine Eva …« Als er die Karte in Oristano in den Briefkasten steckte, wußte er, daß Angela darüber lachen würde. »Du hast ein falsches Bild von mir …«, würde sie sagen, wenn sie jetzt vor ihm stände. »Im Paradies wäre ich die Schlange.«
    In dieser neunten Nacht im großen Hauszelt geschah es, daß es draußen auf der Veranda schepperte, als stoße jemand an den Tisch und die Gartenstühle.
    Dr. Volkmar hatte sich eine kleine Ballonflasche Rotwein gegönnt. Das Abendrot war von unfaßlicher Schönheit gewesen. Die Sonne versank im Meer wie eine riesige Feuerkugel, und das Wasser begann von innen heraus golden zu leuchten, bis die Farbe in ein Violett überwechselte und mit dem Abendhimmel verschmolz. Das war Anlaß genug, eine Flasche zu leeren und sich glücklich zu fühlen.
    Vom Scheppern auf der Veranda erwachte Dr. Volkmar. Noch
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