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46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra

46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra

Titel: 46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra
Autoren: Karl May
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ERSTES KAPITEL
    Der ‚Schwarze Gerard‘
    Im Westen von Neu-Mexiko liegt eine weite Ebene, welche am besten mit der Sahara zu vergleichen ist. Viele Tagereisen weit ist kein Baum, kein Strauch zu finden; kein Quell dringt aus dem Boden, um eine grüne Vegetation zu erzeugen. Nur der Kaktus fristet ein einsames, farbloses, trockenes Leben; er bildet Felder von ungeheurem Umfang; aber er wird ebenso vom Menschen wie vom Tier gemieden, denn seine Stacheln sind gefährlich. Tritt sich ein Pferd einen solchen Stachel in den Huf, so ist es unrettbar verloren. Es beginnt zu hinken; der Huf schwillt; es tritt Brand dazu, und der einsame Reiter, seines treuen, schnellen Tieres beraubt, kann zu Fuß das Ende der Wüste nicht erreichen und muß elend verschmachten. Er fällt den Geiern zur Beute, welche hoch oben in der glühenden Luft ihre weiten Kreise ziehen, um mit scharfem Auge ihren Fraß zu suchen.
    Aber auch noch in anderer Beziehung ist diese Wüste gefährlich. Da nämlich weder Baum noch Strauch als Wegweiser dienen kann, so hat man den Weg, welcher durch sie führt, mit langen, kahlen Stangen bezeichnet; daher sie den Namen Llano estacado, das ist die abgesteckte Wüste, führt. Nun gibt es dort allerlei Gesindel, deren Anführer diese Pfähle herausreißen und in falscher Richtung stecken lassen. Wer ihnen dann folgt, gerät immer tiefer in die Öde hinein, muß elend verhungern und verdursten, und ist er dann tot, so wird sein Leichnam von den feigen Räubern beraubt.
    Diese Wüste geht mit ihrem Westrand fast bis zum Rio Puercos, der ein Nebenfluß des Rio grande del Norte ist. An diesem Rio Puercos liegt das Fort Guadeloupe. Emma Arbellez war damals mit ihrer Freundin Karja in Guadeloupe auf Besuch gewesen. Die erstere hatte dort eine befreundete Familie besucht, war auf dem Rückweg von den Comanchen überfallen und gefangengenommen worden, dann aber von Anton Helmers und ‚Bärenherz‘ befreit worden.
    Die erwähnte Familie war diejenige des einzigen Warenhändlers in Fort Guadeloupe. Er war mit dem Haziendero Pedro Arbellez verwandt, hieß Pirnero und galt als der reichste Mann der ganzen Gegend. Er war in das Land gekommen, man wußte nicht recht, woher, hatte sich eine hübsche wohlhabende Neumexikanerin, eine Cousine von Pedro Arbellez, zur Frau genommen und dann einen Handel angefangen, der immer größeren Aufschwung nahm, bis er sich einen gemachten Mann nennen konnte.
    Seine Frau war ihm bald gestorben und hatte ihm ein einziges Kind, eine Tochter, hinterlassen. Dieser Todesfall traf ihn nicht tief. Er besaß ein heiteres Gemüt, welches nicht zum Gram geschaffen war. Er lebte glücklich und sorglos, das heißt, ohne alle Sorge außer einer einzigen. Seine Tochter, die hübsche Resedilla, machte nämlich keine Anstalt, sich einen Mann zu nehmen. Dies war ihm früher ziemlich gleichgültig gewesen; jetzt aber trat das Alter an ihn heran, und er wünschte sich einen tüchtigen Nachfolger, um die Tochter versorgt zu wissen. Sie hatte Anbeter genug gehabt, das hübsche, blonde Mädchen hatte auch mit allen gescherzt und gelacht, aber keinen vorgezogen und begünstigt. So war sie zwanzig Jahre geworden, dann fünfundzwanzig, endlich fast dreißig. Sie war noch immer hübsch; es war gar nicht, als ob sie zu den Mexikanerinnen gehöre, die ja bekanntlich in diesen Jahren bereits vollständig abgeblüht sind. Ihr hellblondes Haar zeigte auch auf eine andere, vielleicht germanische Abstammung, doch war es selten, daß sie oder ihr Vater darüber sprach, denn er wußte, was zu seinem Vorteil diente.
    Pirnero besaß ein großes Haus und außerhalb des Forts bedeutende Weiden, auf welchen er eine Anzahl Vaqueros (Rinderhirten) beschäftigte. Sein Haus hatte außer dem Erdgeschoß große Kellereien und ein Stockwerk. In den Kellern befand sich seine Niederlage; im Erdgeschoß war ein Verkaufsladen und eine Schankstube, und das Stockwerk enthielt seine Wohn- und Schlafzimmer.
    Heute wehte draußen ein steifer Wind über den Fluß herüber, ein Wind, wie ihn kein Jäger und kein Hirte liebt, und dennoch befand sich kein einziger Gast in dem Schankzimmer, welches doch bei solchem Sturm den besten Aufenthalt bot.
    Señor Pirnero war in nicht ganz guter Laune. Er saß am Fenster und blickte schweigend in die Gegend hinaus, über welche der Staub in dichten Wolken wirbelte. Resedilla saß am anderen Fenster und nähte an einem roten Busentuch, welches eine der Mägde zum Geschenk erhalten sollte.
    Da begann der Vater
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