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Das Haus der verlorenen Herzen

Das Haus der verlorenen Herzen

Titel: Das Haus der verlorenen Herzen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Olivenplantagen, keine Orangenbäume, nicht das tintenblaue Meer und die Fischerboote mit den schwankenden Laternen am Bug. Keine Zitronenblüte und keinen Jasmin, nicht mehr die buntbemalten Eselskarren der Bauern und die weiten Hänge mit den Weinreben.«
    »Ich werde in deine Augen sehen und alles wiederfinden.«
    »Wieviel Liebe gehört dazu, Loretta …«
    »Ich habe Liebe für zwei Leben.«
    Soriano kam von den Löwen zurück. Er war sehr ernst; der Tod seiner geliebten Löwen hatte ihn sichtlich erschüttert. Er warf das Gewehr ins Gras und setzte sich in einen Korbsessel. Worthlow servierte Kognak in großen Glasschwenkern. Soriano trank sein Glas mit einem Zug leer.
    »Warum sagt ihr nichts?« fragte er, als sie eine Weile stumm einander gegenübergesessen hatten.
    »Was ist da zu sagen?« Volkmar schwenkte den Kognak in seinem Glas. »Ich werde von diesem Abbau nicht berührt. Ich muß weiter Herzen von Ermordeten transplantieren!«
    »Keiner kann seinem Schicksal ausweichen, Enrico.«
    »Es ist nicht mein Schicksal. Du hast es programmiert!«
    »Wer konnte ahnen, daß Loretta und du …« Soriano wischte sich mit beiden Händen über das Gesicht. »Wir werden es gemeinsam durchstehen.«
    Volkmar schwieg. Worthlow räumte ab. Loretta nestelte an ihren Sandalen, als seien die Schnallen aufgesprungen. Keiner blickte den anderen an.
    Dr. James Selby. In Ballantrae in der Grafschaft Wigtown. Human- und Viehdoktor zugleich. Gern gesehener Gast in den Pubs. Am Sonntag Lachs fischen, in hohen Gummistiefeln bis zu den Oberschenkeln im strudelnden Wasser der Gebirgsbäche stehend. Eigene Fischräucherei in der Scheune. Zwei kleine, zottelige Pferde, die vor den hochrädrigen Jagdwagen gespannt werden, die man aber auch reiten kann, in dicke Pullover vermummt, die Filzmützen tief in die Stirn gezogen. Im Trab an der Küste entlang, im rauhen Seewind, der sich auf der Haut in Salzkristallen niederschlägt.
    Mr. James und Mrs. Loretta Selby.
    Noch drei Wochen. Dann Leben und Freiheit – oder Mißlingen und Tod.
    »Was machen wir heute abend?« fragte Soriano in die qualvolle Stille.
    »Ich habe keine Pläne.«
    »Mario del Monaco gibt in Catania ein Gastspiel. Verdis ›Othello‹.«
    »Fahren wir hin!«
    »Ich werde anrufen und Plätze reservieren lassen.«
    Dr. Soriano stand auf und ging davon, gebeugt, mit hängenden Schultern, das fast weiße Haar vom Wind zerzaust.
    »Er trauert um seine Löwen«, sagte Worthlow mit englischer Unterkühlung. »Man muß das verstehen, Sir. Sie waren das Symbol seiner Macht.«
    Am frühen Morgen um sieben stach die weiße Motoryacht ›Loretta‹ vom Bootssteg bei Solunto ins Meer, Richtung Tunis.
    Es war alles gut vorbereitet. Worthlow hatte von Palermo aus die Flugkarten Tunis-Marseille-London bestellt, abzuholen im Airport Tunis. Volkmar hatte zwei Tage lang geradezu schlampig seinen ärztlichen Dienst versehen, bis selbst Dr. Zampieri zu raten wagte: »Chef, Sie sollten sich ein paar Tage erholen. Ein Chirurg, der mit dem Skalpell Zither spielt, ist nicht unbedingt vertrauenswürdig.« Auch Loretta zeigte nervöse Erscheinungen, schrie ihre Zofe, die Nachfolgerin von Anna Talara, geradezu hysterisch an, drangsalierte auch das übrige Personal, einschließlich Worthlow, mit dem das abgesprochen war, bis Dr. Soriano sagte:
    »Engelchen, fahrt ein paar Tage aufs Meer. Enrico kann sich das leisten. Die zuletzt Operierten befinden sich bereits auf dem Weg der Genesung; die beiden neuen Transplantationen haben eine Woche Zeit. Bis dahin sind gerade die Labortests fertig. Rede Enrico zu: Er soll einmal eine Woche lang ausspannen. Fahrt zu den Liparischen Inseln. Das tut euch gut.«
    »Können wir Worthlow mitnehmen, Pap?«
    »Natürlich.«
    »Danke, Pap!« Sie gab ihm einen Kuß auf die Stirn und dachte an Judas. Leb wohl, Vater. Ich weiß, wie sehr du mich liebst – aber diese Liebe ist für uns alle tödlich. Das ist vielleicht die Tragik deines Lebens: Du bist ein Satan geworden, um mir das Paradies zu schenken. Aber in diesem Paradies kann keiner mehr leben.
    Sie ging durch den Park, hinüber zu dem großen Swimming-pool, legte ihr hauchdünnes Strandkleid ab und wippte im Bikini auf der Vorderkante des Einmetersprungbrettes. Sie riß die Arme hoch, schnellte in die Luft, drehte sich elegant und tauchte kerzengerade mit einem Kopfsprung in das Wasser.
    Soriano lächelte stolz. Meine Tochter! Mein Engel! Gott gebe, daß ich vor ihr sterbe. Wäre es anders – ich müßte mir den
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