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Das Haus der verlorenen Herzen

Das Haus der verlorenen Herzen

Titel: Das Haus der verlorenen Herzen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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verschlagener Fuchs, Worthlow!« Dr. Volkmar blickte auf das unter der Sonne glänzende Meer. Die Yacht dümpelte an dem langen Holzsteg. Zwei Matrosen schrubbten das Oberdeck. Ihre nackten Oberkörper glänzten vom Schweiß. »Das klingt alles verlockend einfach.«
    »Es ist einfach, Sir.«
    »Dr. James Selby. – Ich möchte einmal wieder Dr. Heinz Volkmar sein!«
    »Das wird nie mehr möglich sein, Sir. Auch wenn die deutsche Ärzteschaft außergewöhnliche Umstände tolerieren sollte, auch wenn sie anerkennt, daß Sie unter dauerndem Todeszwang standen, auch wenn man Sie voll rehabilitiert: hinter Ihrem Rücken wird man Sie doch immer den ›Mafia-Arzt‹ nennen. Dieses Brandzeichen nimmt Ihnen keiner mehr weg. Sir, Sie kennen doch Ihre Kollegen!«
    »Und wie ich sie kenne, Worthlow! Aber ich weiche diesem Kampf nicht aus.«
    »Und Mrs. Loretta? Sie können zurückschlagen. Aber wer schützt sie, wenn die Damen der Gesellschaft sie das ›Gangstertöchterchen‹ nennen? Sie wird nur noch auf glühenden Kohlen laufen können, Sir, ich kenne diese Damen. Sie entwickeln die Vernichtungsinstinkte eines Raubtieres!« Worthlow trat neben Dr. Volkmar an die Brüstung der Terrasse. »Mrs. Loretta wird daran zerbrechen, ich weiß es. Die Liebe zu Ihnen und der gepflegte Haß der Umwelt – wer ist schon so stark, das durchzuhalten? In Ballantrae kümmert sich niemand darum. Dort sind Sie Dr. James Selby, den alle verehren, weil er Darmverstopfungen bei Menschen genausogut beseitigt wie bei Kühen.« Worthlow schielte zu Volkmar hinauf, der einen Kopf größer war als er. »Oder haben Sie den Ehrgeiz, Sir, woanders auch wieder Herzen zu transplantieren?«
    »Es war meine große Lebensaufgabe, Worthlow. Ich bin in der Medizin der Zukunft einen großen Schritt weitergekommen. Wir können das Tor zum 21. Jahrhundert aufstoßen!«
    »Sie nicht mehr, Sir. Vergebung, daß ich das ausspreche. Oder glauben Sie, man läßt Sie noch einmal offiziell an einen OP-Tisch? Sie können nur noch Ruhe finden, wenn Sie am Strand der Irischen See als Dr. Selby Möwen füttern oder im Hochland, in den herrlich klaren Gebirgsflüssen, Lachse fangen. Das ist doch auch ein wunderbares Leben.«
    »Ich überlege es mir, Worthlow«, sagte Volkmar leise. »Ich werde mit Loretta sprechen. Und wenn wir es tun – dann sofort!«
    »Ich bin bereit, Sir.«
    Die folgenden Wochen machten die Ausführung des Plans unmöglich. Es mußten zwei Herzen ausgetauscht werden, und nach jeder dieser fürchterlichen Operationen war Volkmar nervlich am Ende. Wiederum brauchte er Tage, um den Schock zu überwinden, und von Operation zu Operation wurde er anfälliger.
    Dr. Soriano bemerkte das sehr wohl, und er gab sich alle Mühe, Volkmar abzulenken, mit Zerstreuungen und Geschenken aufzuheitern.
    Ein nachträgliches Geschenk zur Hochzeit betrachtete Dr. Soriano als ganz besonderen Beweis seiner Zuneigung zu Dr. Volkmar:
    Nach der Rückkehr von der kurzen Hochzeitsreise erschien er zum Frühstück unter den Säulenkolonnaden der großen Terrasse mit zwei Jagdgewehren.
    »Ich habe euch, meine lieben Kinder, versprochen«, sagte er fast feierlich, »mich langsam aus dem aktiven Leben der ›Gesellschaft‹ zurückzuziehen. Euer Glück ist vollkommen, und das allein ist für mich noch wichtig. Ihr sollt heute die Möglichkeit haben, einen entscheidenden Schritt zu tun.«
    »Bitte, verlang nicht, daß ich dich erschieße, Eugenio –«, sagte Volkmar sarkastisch. »Dieses Angebot hättest du mir vor anderthalb Jahren machen sollen …«
    »Kommt mit!« Dr. Soriano ging voraus, durchquerte den riesigen Park und blieb vor dem künstlichen See stehen. Die Krokodile lagen faul auf ihren verschlammten Inseln in der Sonne, hornige Riesenechsen, gut genährt und abgrundtief häßlich. Sie blinzelten den Menschen am Ufer zu und rührten sich nicht.
    Soriano übergab sowohl Volkmar wie Loretta ein Gewehr. »Sie sind geladen mit einer Panzermunition, die alles durchschlägt. Am besten ist ein Schuß ins Auge.«
    Loretta war die erste, die das Gewehr an sich riß und an ihre Brust drückte. Ihre großen schwarzen Augen funkelten.
    »Ich habe sie immer gehaßt!« sagte sie gepreßt. »Immer! Von Kind an! Danke, Papa …«
    »Und du, Enrico?«
    Volkmar nahm zögernd das Spezialgewehr und starrte auf die Riesenechsen. Sorianos Friedhof, dachte er mit Schaudern über dem Rücken. In diesen Rachen war alles verschwunden, was keine Spuren hinterlassen durfte. Hier und bei den
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