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Das Haus der Rajanis

Das Haus der Rajanis

Titel: Das Haus der Rajanis
Autoren: Alon Hilu
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Fleisch der Adamstöchter Handel treibt, kam flugs angesprungen und verlangte den Hurenlohn. Ich fragte, wie viel. Sie sagte, fünf Franken. Ich erwiderte, fünf Franken seien der Lohn, den ein Kolonialist für einenMonat beschwerliche Arbeit erhalte, wohingegen doch die Dirne sich schwerlich länger als eine halbe Stunde nur gemüht habe!
    Sie sagte, dies und kein anderer sei der Buhlerlohn.
    Wider Willen gab ich ihr das Geld und ging meines Weges. Immerhin, meine Begierde war gestillt, meine Stimmung gelöst und mein Körper ermattet, entkrampft und mir zu Dank verpflichtet.

    Mutter sagt, im nächsten Jahr soll ich nicht mehr zur
Madrassa
gehen, da sie höchstselbst mich in Französisch und Algebra zu unterweisen gedenkt, denn die Kinder in der Schule seien böse, Verbrecher, streit- und händelsüchtige Kreaturen, die meine Seele über glühend heißen Flammen rösteten, einem verzehrenden Feuer, das auf immer mich verfolgen würde.
    Es sind dies die Tage des ausklingenden Sommers, und die Luft nicht mehr derart entbrannt wie noch zuletzt, ich wandere stundenlang über Erdhaufen und zwischen Ackerfurchen, hocke hernach auf den Kreidefelsen, die das Meer überblicken, sitze und sinne und beweine mein sonderbares, von Erniedrigung beflecktes Schicksal, denn Allah hat mich nicht gleich dem Ebenbild oder der Gestalt der anderen Kinder in meiner Stadt erschaffen, die in Grüppchen und trauter Verbundenheit daherkommen, während ich mich einsam und allein bescheide, die einander mit Stöcken und Stäben schlagen, während ich Gedichte und Geschichten aus dem Sinnen meines Herzens niederschreibe, die tiefen Hass gegen mich empfinden, während ich niemanden hasse, denn allein der Trübsinn des salzigen Meeres und die Schwermut des vergehenden Sommers, nur sie sind es, die unerbittlich an mir nagen.
    Über der flachen See breitet sich meine Zukunft aus, wie Handelsschiffe, die von einem Meer zum anderen segeln, sehe ich die Kinder meines Alters an Wuchs und Statur gewinnen, sehe, wie aus ihren Körpern die Gestalt eines Mannes erwächst, eines starken Mannes von mächtiger Stimme und mächtigem Bauch, sehe sie wie ein Mann heransprengen, wie leichtfüßige Rosse, die Funken beim Galoppieren schlagen und mit ihren Hufen riesige Staubwolken aufwirbeln, während ich verwaist hinter ihnen hertrotte.
    Mutter kommt in mein Zimmer und fragt, was aus mir werden soll, welche Gestalt aus meinem Körper und meinem Leben geboren werden mag, da ich weder Wagemut noch Kühnheit an mir habe, weder über Körperkraft noch Ausdauer verfüge, und wie soll folglich eines Tages meine Feinde zu unterwerfen ich imstande sein, wie mein Brot verdienen, da ich immerzu allein zwischen Büchern und Heften hocke und keines der Kinder meine Gesellschaft wünscht? Ich stürze aus meinem Zimmer, um mich von ihr und ihrer Magie zu entfernen, renne zu den dichten Zitrusplantagen unseres Anwesens, schrecke einen Schwarm Hühner auf und rufe erstaunte Blicke in den Augen der einfältigen Pachtbauern hervor, die Tag für Tag auf unseren Feldern sich mühen, und dort angelangt klettere ich mit bloßen Händen einen Stamm empor, den ich aufs Geratewohl gewählt, zerkratze meine Haut an der rauen Rinde, bis das Blut fließt, in dem Wunsch, meinen Körper mit den Wundmalen und dem Ungestüm zu überziehen, welche den anderen Kindern zu eigen, weshalb, da die Äste des Baumes unter meinen Füßen brechen, die blutigen Streifen an meinen Beinen und Armen mir die Wonnen des Schmerzes bereiten, und wenn ich ins Haus zurückkehre, bitte ich meine Mutter um den Waschzuber, und da sie und Amina eilen, jeden meiner Wünsche zu erfüllen, spüle ich den Staub von meinem Körper.Das Wasser schwärzt sich, ändert seine Farbe von rein zu unrein, unterdessen meine Mutter kommt, mir den Rücken seift, mir ein Wiegenlied singt und mir ihre Pläne ins Ohr wispert, mir eröffnet, dass ich mit dem Ende des Sommers unser Anwesen nicht mehr verlassen soll, sondern mit ihr und Amina im milden Sonnenlicht sitzen werde, weit entfernt von Mühsal und den Fährnissen der finsteren und verderbten Welt.

1. September 1895, Mishmar Hayarden
    Drei Wochen sind verstrichen, dass ich nichts mehr in meinem Tagebuch niedergeschrieben, und dies aus welchem Grunde? Aus dem Grunde einer Reise, die ich durch das Land der Herrlichkeit, das Land Israel unternehme, von Süd nach Nord und von Ost nach West. Zwei Briefe schrieb ich unterdessen an die gnädige Frau, die in Jaffa zurückgeblieben, doch
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